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Totenkuss: Thriller

Totenkuss: Thriller

Titel: Totenkuss: Thriller
Autoren: Uta-Maria Heim
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mit.«
    »Pass nur auf, dass sie dich nicht erschießen«, meinte
Hermann trocken.
    Elisa hörte das Gespräch aus dem Nachbarzimmer. Draußen
tschilpten die Spatzen. Warum nur, warum? Warum hatte ihre Mutter damals, als
sie zwei war, nicht auf sie aufgepasst? Wieso konnte sie in das Planschbecken?
Weshalb ließen sie der Vater und Oma Irmtraud im Stich? Mit den Manschetten,
mit denen sie sonst auf die Tastatur einhackte, zerstieß sie auf einem tiefen
Teller die Tabletten. Es gab ein hartes, finales Geräusch. Sie hatte viele Reste
aus Röhrchen und Packungen gesammelt. Wenn man ihre krampflösenden Medikamente
mit den Psychopharmaka der Mutter vermengte, war das Gemisch tödlich.
    Elisa dachte an ihr Drehbuch, das ihr erst auf wundersame
Weise entglitten war und sich dann quasi zwangsläufig neu geordnet hatte.
Vieles, was sie geschrieben hatte, verstand sie selber nicht. Warum wurde
Achmed zu einem fundamentalistischen Selbstmordattentäter, nachdem Maja ihn
verlassen hatte? Sie, die Blinde, hatte ihn durchschaut: Der Entwurzelte, der
Unpolitische war im Grunde ein oberflächlicher Fanatiker. Für sein Handeln
brauchte er kein wirkliches Motiv. Ihm reichte der Instinkt, die Gier, die Maja
aus Bosheit entfacht hatte, und Elisa spürte, dass sie kurz davor war, ihren
Figuren die Maske vom Gesicht zu reißen. Sie hatte Angst vor dem Erfolg, Angst
davor, das Drehbuch zu Ende zu bringen und der Welle, die auf sie zulief,
entgegenzublicken.
    Elisa nahm den Teller mit den zerkleinerten Tabletten und
rollte in die Küche. Im Boiler war genug heißes Wasser. Der Tee reichte für
alle.

     
    *
    »Stell dir vor«, rief Barbara. »Da liegt also
der Vater nackig unter dem Bett. Er hat sich nicht gerührt. Keinen Mucks hat er
von sich gegeben.«
    »Ja so«, sagte Fehrle. Er stand auf dem Campeggio Serenella
vor seinem Bungalow, klemmte das Handy ans Ohr und kochte Milch heiß und
Espresso. Es windete. Übern Himmel hasteten graue Schatten, die Grimassen zogen
und sich in die Rippen boxten. Wer Sonne wollte, musste weiter südwärts fahren.
Doch auch in der Toskana waren für Pfingstmontag wieder Regenschauer angesagt.
    »Er hat das mit Fleiß gemacht. Manfred hat sich beschmutzt,
entblößt und versteckt, um mich zu ärgern, und ich hab ihn mit Ach und Krach
unter dem Bett herausgekriegt. Mit Zähnen und Klauen hat er sich gewehrt.«
    »Mein lieber Scholli.« Fehrle sah der Milch zu, die blubbernd
aufstieg und schier überkochte. Gerade noch rechtzeitig drehte er das Gas ab.
    »Du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich für eine Angst
ausgestanden hab. Was mir für Bilder in den Kopf gekommen sind. Bis ich den
endlich da unten unter dem Bett gefunden habe. Er hat geschlafen, einfach
geschlafen hat er. Und zusammengefahren bin ich, als da der Schnarcher kam von
unter der Matratze, also quasi aus dem leeren Bett. Fast hätte mich der Schlag
getroffen. Der Vater, der hat doch Schlaf-Apnoe, der hat gar nicht mehr
geschnauft. Mindestens eine halbe Minute lang, und dann kam von da drunten eben
der granatenmäßige Schnarcher. Ich hab mich neben die Matratze gekniet und
unters Bett gespäht und da lag er. Ziemlich unsanft aufgeweckt hab ich den, in
die Rippen geboxt, und da ist er gewalttätig geworden. Dann ist aber doch alles
noch mal gut ausgegangen. Er hat sein Mittel genommen und sich beruhigt. Ich
hab das Betttuch gewechselt, einen frischen Schlafanzug gebracht, den Vater
gewaschen und wieder ins Bett bugsiert. Er hat sogar noch einen Tee getrunken.«
Barbara pausierte. »Wie geht es den Kindern?«
    »Nathan und Jorinde sind auf dem Spielplatz. Bonnie
Wolkenstein passt auf sie auf. Du weißt ja, Anitas Tochter. Sie ist mit ihrer
Oma unterwegs in ein Künstlernest bei Rom. Wir haben sie zufällig in Bardolino
getroffen. Die Welt ist klein.«
    »Und was treibst du?«
    »Ich mache Frühstück. Wir bleiben noch zwei, drei Tage, dann
checken wir aus und fahren noch ein Stück weiter runter. Florenz, Pisa. Nathan
möchte so gern den Schiefen Turm sehen, und Jorinde will unbedingt ans Meer.«
Fehrle sagte nicht, dass er Elfriede Dutschke getroffen hatte. Dass sie ihn
überzeugt hatte, von der Sache abzulassen. Einfach Urlaub zu machen. Sich zu
entspannen. Sie hatte recht: Ludger Sachs war es nicht wert, dass Fehrle in
seiner Freizeit hinter ihm her jagte. Man würde Hahnke auch ohne ihn schnappen.
    »Das heißt, ihr bleibt die ganzen zwei Wochen fort?«
    »Wenn nichts
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