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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition)
Autoren: Uwe Siebert
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trotzen.“
    „Er konnte einst den Tod besiegen, und wie mir bekannt ist, stellst du dir seit langer Zeit die große Frage, wie so etwas möglich sein kann. Wenn die Zeit gekommen ist, soll dir die Antwort auf diese Frage gewährt werden. Für einen Unsterblichen mit deiner Vergangenheit sollen selbst die Geheimnisse des Lebens und des Todes nicht länger verborgen bleiben. Du bist in Kyaslan willkommen!“
    „Rha-Khun, auch ich brenne mittlerweile darauf dir gegenüberz ustehen“, sagte Larkyen. „Und ich werde deiner Einladung nachkommen.“
    „Wenn Patryous, die Tochter der zweiten schwarzen Sonne, dich zu begleiten wünscht, gilt meine Einladung auch für sie. Doch ni emals darf ein Sterblicher, oder gar ein Soldat deines Heeres den Weg nach Kyaslan auf sich nehmen. Dir ist das höchste Gesetz des Reiches bekannt?“
    „Kyaslan den Unsterblichen!“
    „Kyaslan den Unsterblichen – dieses Gesetz gilt seit Gründung des Reiches. Dann reist in den Süden der Welt, an die Küste des Meeres. Dort werden Unsterbliche auf euch warten. Sie geleiten dich und deine Gefährtin mit einem Schiff hinaus aufs Meer. Ich erwarte eure Ankunft.“
    Jeder Unsterbliche verspürte im Verlauf seines ewigen Lebens den Drang nach Kyaslan, dem Reich der Götter, zu reisen. Unte rschiedlichste Gründe trieben sie dorthin, manchmal war es die Abneigung vor dem Menschengeschlecht, der Wunsch nach einem Leben unter den Söhnen und Töchtern der schwarzen Sonne, oder weil beinahe alle Teile der Welt nichts Sehenswertes mehr bieten konnten. Für viele Unsterbliche war die Reise nach Süden jedoch mit dem Willen zu lernen verbunden. Und nur die wenigsten waren vom Imperator persönlich eingeladen worden und hatten ihn, den fortschrittlichsten aller Unsterblichen, mit eigenen Augen erblickt. Es hieß, dass jenen Auserwählten ein Wissen zuteil wurde, das auf Lehren basierte, die so alt wie die Welt waren. Und Larkyen war wissbegierig.
     
    Ein letztes Mal ließ er seinen Blick nach Osten schweifen, wo die Grenze des einstigen Königreichs Ken-Tunys lag. Das verdorbene Stück Land war seit mehreren Jahren in eine Nacht ohne Morgen gehüllt. Längst waren die Menschen vor der unnatürlichen Finsternis geflüchtet und vor den Kreaturen, die Strygarer genannt wurden und einst mit ihr erschienen waren.
    Larkyen hatte einen lange anhaltenden Vernichtungskrieg gegen die Strygarer geführt. Mit vereinten Kräften hatten er und seine Ve rbündeten gesiegt. Wenngleich sie alle Strygarer in Ken-Tunys getötet hatten, wachten an der Grenze zur Finsternis noch immer Soldaten.
    Ewig würden sie dort wachen, so wie Larkyen, der König Ke ntars, ewig leben würde. Es waren die Geister der toten Kentaren, die seinem Befehl unterstanden; ruhelose Krieger, frei von jedweder Furcht; mit Augen, die wie glühende Kohlen leuchteten. Die Geister des Totenheers bildeten einen Wall aus schemenhaften Leibern. Unablässig hielten sie ihre Schwerter und Äxte fest umklammert. Die rostigen Rüstungen und Helme mit denen sie sich gekleidet hatten, knarrten und quietschen. Und kalte Winde bliesen durch die Leiber der Toten hindurch, wiegten sie sanft in ihrem Spiel.
     
    Ohne den leisesten Laut zu verursachen bewegte sich Larkyen den Berg hinab. Vorbei an alten knorrigen Eichen, die ihre eigene Geschichte erzählen konnten. Doch wer außer dem König würde diesen Geschichten Gehör schenken wollen? Er drang in ein Tal grüner Wiesen vor. Die Luft roch nach Frühling. Nebelschwaden zogen wie stille Beobachter an ihm vorbei. Manchmal ähnelten sie den unheimlichen Geistern, die dieses Land einst heimgesucht hatten. Doch wer außer dem König konnte jene Geister sein Volk nennen?
    Kentar, das sagenumwobene Land im Westen der Welt, mochte für viele Reisende eine gefährliche Wildnis sein, die es zu meiden galt, doch Larkyen nannte es sein Königreich, seine Heimat. In di eser Heimat streifte er durch die Wälder, jagte an der Seite von Wölfen und Bären und unter den Schwingen von Falken und Adlern.
    Die Krone, die einst in kriegerischen Zeiten sein Haupt geziert hatte, lag seit vielen Tagen und Nächten im Staub und rostete. Und auch seine schwarze Rüstung, deren tiefe Furchen ihn an die Rei ßzähne und Klauen seiner Feinde erinnerten, würde dieses Schicksal teilen müssen. Um auf seiner Reise so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen, würde er sie gegen Kleidung aus Fellen, Leder und Schurwolle eintauschen. Das Wolfszepter, jenes wertvolle Artefakt eines
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