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Totenhaut

Titel: Totenhaut
Autoren: Chris Simms
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Gartenweg entlang und zog die Autoschlüssel aus der Tasche.

34
    A
    lex Donley blieb vor der Tür des Hauses Ridley Place fünfzehn stehen. Ein riesiger Strauß durchweichter Blumen lag auf der obersten Stufe. Auf der Karte stand: Für immer zusammen.
    Während er seine Perücke zurecht schob und den Schal hochzog, um die Naht entlang seines Unterkiefers zu verbergen, bemerkte er, dass die Tür einen Spalt offenstand.
    Mit den Spitzen seiner lackierten Nägel stieß er sie auf. Die Diele war leer. Von oben hörte er laute Musik. Er betrachtete die Türen vor sich und stellte fest, dass auch die zu Wohnung Nummer zwei ein Stück geöffnet war.
    Mit klappernden Absätzen schritt er über die Kunststofffliesen. Aus Fionas Wohnung drang kein Laut. Vorsichtig zog er das Küchenmesser aus seiner Handtasche und schob langsam die Tür auf.
    Dicke Finger packten ihn am Handgelenk, und jemand riss ihn in das verwüstete Zimmer. Ein dicker Mann schleuderte ihn gegen die Wand. Die Spitze des Messers streifte einen Heizkörper und fiel ihm aus der Hand. Eine zweite Hand umschloss seinen Unterkiefer.
    Alex roch Whisky, als der Mann ihn von oben bis unten musterte und dann knurrte: »Scheiße, was bist du denn für eine Missgeburt?«
    Er versuchte, sich dem angewiderten Blick zu entziehen, indem er den Kopf abwandte, doch der Mann, der noch immer sein Kinn umklammerte, riss ihn zurück. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn dort, wo das Kinn genäht war.
    »Ich frage noch mal: Was bist du für eine Missgeburt?«
    »Lassen Sie mich.«
    Doch der Mann packte immer fester zu. Alex spürte, wie die Naht aufzureißen begann. Wut schoss in ihm hoch wie ein Geysir. Er fuhr dem Mann zwischen die Beine, packte ihn bei den Hoden und drehte sie herum, so fest er nur konnte. Die Hände, die sein Gesicht und sein Handgelenk umklammert hatten, ließen sofort locker.
    Alex’ freie Hand schnellte hoch, ergriff den Mann am Kinn und verhinderte so, dass er sich zusammenkrümmen konnte. Einen Augenblick lang kreuzten sich ihre Blicke, dann rammte Alex dem anderen seine Stirn gegen die Nase. Er sank auf den Teppich wie von einem Scharfschützen erledigt.
    Alex betastete sein Gesicht. Als er seine Finger wieder herab nahm, waren sie voll Blut. Die Schmerzen, die Tage im Bett, alles umsonst. »Du verfluchtes Arschloch!« Er trat dem Mann ins Gesicht. Der hohe Absatz seines Schuhs traf die Zähne und brach ab. »Du Arsch, du Arsch, du Arsch!«, schrie er und trat wieder zu. Und wieder. Und wieder.
    Als er sich abwandte, bemerkte er einen Handspiegel auf einem Bord. Er blickte hinein. Seine Perücke hing schief herunter, an einem Auge fehlten die Wimpern, und auf der linken Seite seines Unterkiefers hatte sich ein zehn Zentimeter langer Schlitz geöffnet. Blut lief ihm in die Falten seines Schals.
    »Du verdammtes Stück Scheiße«, beschimpfte er die Gestalt, die zusammengekrümmt bäuchlings auf dem Boden lag, und versetzte ihr noch einen letzten Tritt auf das mit Blut gefüllte Ohr.
    Er zog sein Handy heraus und wartete, bis sein Atem ruhiger geworden war. »Dawn, sie ist nicht da. Wo könnte sie sonst sein? Hast du nicht was von einem Sal–«
    Dawn unterbrach ihn. »Sie ist hier.«
    »Was, jetzt?«
    »Ja. Sie schläft in einem der oberen Zimmer. Sie ist vor ungefähr einer halben Stunde aufgetaucht und hat sich auf einen Schlag eine halbe Flasche Cognac hinuntergeschüttet.«
    »Was hast du ihr gesagt? Hast du ihr von mir erzählt?«
    »Nein, ich habe kaum ein Wort herausgebracht. Sie hat die ganze Zeit davon geredet, dass ihr Mann sie gefunden hat. Alex, was hast du vor?«
     
    Zehn Minuten später schlich Jon vorsichtig in Fionas Zimmer. Auf dem Boden sah er einen massigen Mann mit kleinen grauen Locken liegen. Sein Gesicht war voller Blutergüsse und Schwellungen, Blut lief ihm aus Nase, Mund und Ohren. Jon konnte nicht erkennen, ob es Jeff Wilson war oder nicht. Neben dem Kopf des Mannes lag der abgebrochene Absatz eines Damenschuhs.
    Jon ging in die Hocke und brachte ihn in die stabile Seitenlage. Ein Auge öffnete sich. In dem aufgedunsenen Gesicht war es nicht mehr als ein Schlitz.
    Jon spannte die Muskeln an. Er war sich nicht sicher, was der Mann tun würde. »Können Sie mich hören?«
    »Nutte«, murmelte der Mann mit seinen dicken Lippen.
    Blut blubberte ihm aus der Nase.
    »Ich bin Polizist. Können Sie mir Ihren Namen sagen?«
    »Rothaarige Nutte.«
    Jon öffnete die Jacke des Mannes und zog ein Mobiltelefon und eine Brieftasche heraus.
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