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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld
Autoren: Kathy Reichs
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Strich geht. Ist das Detektivarbeit im Schnelldurchgang?«
    Er murmelte irgendwas.
    Ich verdrängte ihn aus meinen Gedanken. Nach all den Jahren habe ich inzwischen einige Übung darin.
    Meine grauen Zellen lieferten eine Collage von Bildern. Ein junges Mädchen alleine im Dunkeln auf einer leeren zweispurigen Straße. Scheinwerfer. Der Aufprall einer Stoßstange.
    »… Story?«
    »Was?«
    »Erinnern Sie sich an John-Henry Story?«
    Der Themenwechsel verblüffte mich. »Das Flammenopfer im letzten April?«
    Vor sechs Monaten hatte ich nach einer Explosion auf einem Flohmarkt mit anschließendem Brand fragmentarische Überreste untersucht. Ich war zu dem Schluss gelangt, dass das Opfer weiß, männlich und zwischen fünfundvierzig und sechzig Jahre alt war. Das Bioprofil passte auf John-Henry Story, den Besitzer des Marktes. Story hatte Zeugen erzählt, dass er dorthin wollte, und war seitdem nicht mehr gesehen worden. Bei den Knochen wurde auch persönlicher Kram gefunden. Ein Handy? Brieftasche? Uhr? Ich konnte mich an die Details nicht mehr erinnern.
    Obwohl die Identifizierung ausschließlich auf Indizien beruhte, hatte der ME entschieden, dass sie ausreichend war. Brandermittler hatten Proben genommen und untersucht, aber die Scheune war so alt und die Zerstörung so total, dass eine Brandursache nicht mehr eindeutig festgestellt werden konnte.
    Storys Tod hatte Schlagzeilen gemacht. Ein prominenter Geschäftsmann, verbrannt in einem Gebäude mit ungenügendem Alarm-und Sprinklersystem. Die Medien hatten sich auf das Thema öffentliche Sicherheit auf nicht genügend reglementierten Märkten und Waffenmessen gestürzt. Doch schließlich wandte sich die Presse etwas anderem zu, der Aufschrei verklang, und Storys Flohmarkt wurde woanders wiedereröffnet.
    »Jaja.« Slidells Lieblingsäußerung. Sie machte mich wahnsinnig.
    Jahrelang war der Mecklenburg County Medical Examiner an der Ecke 10th und College untergebracht, in einem Backsteingebäude, das früher ein Sears-Gartencenter war. Jahrelang hatten die Stadtväter von einem Standortwechsel gesprochen. Jahrelang war nichts passiert. Doch dann kam, wie durch ein Wunder, Bewegung in das Vorhaben.
    Zu Kosten von acht Millionen Dollar wurde auf einem Regierungsgrundstück in einem Industriegebiet nordwestlich des Zentrums ein Ersatzbau errichtet. Mit einer Nutzfläche von fast 1600 Quadratmetern ist das neue Gebäude viermal so groß wie das alte. Epoxy-Böden, Corian-Wände, Edelstahl, wohin man blickt. Anstatt nur zwei können die Pathologen jetzt simultan vier Autopsien durchführen. Zur neuen Ausstattung gehören auch zwei Räume für Untersuchungen, bei denen aufgrund von Verwesung oder potenzieller Kontamination eine spezielle Behandlung notwendig ist.
    Die Stinker. Meine Art von Fällen.
    Und das Funkelnagelneue ist konsequent ökologisch. Hochkomplexe Energieerhaltungssysteme. Topmoderne Klima-und Heizanlage mit bis zu einen Meter breiten Luftschächten. Obwohl alle Arbeit im Erdgeschoss stattfindet, erhielt ein Teil des Gebäudes ein Obergeschoss, um die ganze Technik unterzubringen.
    Und doch ist die Atmosphäre einigermaßen friedlich. Die Büros und die öffentlichen Bereiche sind in sanften Blau-und Erdtönen gehalten. Die Fenster sind groß und haben Sonnenblenden und intelligente Lichtführung, um eine maximale Tageslichtaufnahme und minimale Blendung zu gewährleisten.
    Mit anderen Worten, unser neuer Laden ist der Hammer.
    Ich wartete, während Slidell durch das schwarze Sicherheitstor fuhr, die Fahnenmasten umrundete und eine Parklücke gefunden hatte. Er stellte den Motor ab und legte den Arm über die Rückenlehne, was eine Woge Geruch in meine Richtung schickte. Dann wandte er sich mir zu.
    »John-Henry Story hat diverse Unternehmungen überall in den Countys Mecklenburg und Gaston. Story Motors. Story Storage – «
    J.-H. Story – Wir haben für jeden ein sicheres Lager. Der grässliche Slogan kam mir unverlangt wieder in den Sinn. Es war eine nervtötende, aber sehr effektive Werbekampagne gewesen.
    »– John-Henry’s Tavern. Die Liste ist länger als der Schwanz meines Hundes.«
    »Sie haben einen Hund?«
    »Wollen Sie die Geschichte hören?«
    »Storys Tod wurde als Unfall eingestuft. Wieso kommen Sie jetzt auf ihn?«
    Slidell fixierte mich mit einem theatralischen Blick, während er in sein Sakko griff. Das senffarben und braun war. Mit einer schnellen Bewegung zog er einen Ziploc-Beutel aus der Brusttasche seines Hemds. Das einen
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