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Totenfluss: Thriller (German Edition)

Totenfluss: Thriller (German Edition)

Titel: Totenfluss: Thriller (German Edition)
Autoren: Chelsea Cain
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fühlte eine Verpflichtung. »Wir hatten einen Termin.«
    Er konnte eine leichte Veränderung in ihrer Haltung erkennen, ihr Blick ging zur Uhr auf ihrem Schreibtisch. Ihre fünfzig Minuten waren um. »Das war’s«, sagte Archie. Rosenberg nickte und folgte ihm vom Büro in die Eingangshalle, wo seine Gummistiefel tropfend auf dem Orientteppich standen, den Rosenberg als Fußabstreifer benutzte. Er zog sie an, der Gummi drückte die nasse Wolle an seine Füße. Sie waren ohnehin nutzlos.
    »Wie geht es Susan?«
    Archie schaute überrascht auf. »Warum fragen Sie nach ihr?«
    Rosenberg runzelte unschuldig die Stirn.
    »Ich lese ihre Kolumne.«
    Archie wusste, dass Rosenberg nie etwas einfach so fragte. Er sah sie einen Moment lang an, dann beantwortete er ihre Frage. »Sie arbeitet an ihrem Buch, bemüht sich um Artikel. Immer das Gleiche.«
    »Mhm«, sagte sie.
    Archie räusperte sich. »Wir sehen uns in drei Monaten, Sarah.«
    Sie streckte die Hand aus, und er schüttelte sie. »Sie können früher kommen, wenn Sie möchten«, sagte sie.
    »Halten Sie sich von den Straßen fern.«
    Rosenberg öffnete die schwere Eingangstür für ihn. »Henry sagt, Sie sind umgezogen«, sagte sie.
    Henry kontrollierte ihn also immer noch. »Das stimmt.«
    »Wohin?«
    Archie sah in den Regen hinaus und lächelte. »Auf höheres Gelände.«

4
    Susans Schreibtisch beim Herald befand sich im fünften Stock, und wenn sie aufstand und zehn Meter ging und richtig schielte, hatte sie einen Blick auf das Heathman Hotel auf der anderen Straßenseite. Es lohnte die Mühe eigentlich nicht. Meist blieb sie an ihrem Platz, wo sie ihre eigenwillige Kriminalkolumne herunterhackte, wenn sie nicht gerade auf Monster.com nach einem neuen Job suchte oder bei eBay dem roten Samtblazer nachjagte, den Tom Ford 1995 für Gucci entworfen hatte. Sie hatte sich in einem raren Moment beruflicher Unsicherheit bereit erklärt, die Kolumne zu schreiben, und fand es entmutigend, wie rasch das Ding eingeschlagen hatte. Die Bewohner Oregons liebten bluttriefende Geschichten, wie sich herausstellte, je verrückter, desto lieber. Ihre erste Folge hatte von einem ukrainischen Chemiestudenten gehandelt, der die Angewohnheit hatte, seinen Kaugummi in Zitronensäure zu tauchen, damit das Aroma länger vorhielt, und der ums Leben gekommen war, als er ihn eines Tags versehentlich in den Sprengstoff tunkte, den er gerade für seine Experimente benutzte. So etwas konnte man nicht erfinden. Sie bekam immer noch Leserbriefe wegen dieser Sache.
    Es war leichte Arbeit. Die internationalen Geschichten bekam sie über den Nachrichtenticker oder aus dem Internet, und die lokalen grub sie selbst aus. Ein altes Skelett im Flussbett, zum Beispiel.
    Die heutige Schlagzeile: DIE TOTE AUF DEM STRAUSS .
    Sie hatte sie gerade an ihren Redakteur gemailt, als die Blumen kamen.
    Theoretisch sollten die Leute vom Empfang unten Bescheid sagen, wenn sie einen Besucher nach oben schickten. Aber sie taten es nie. Empfangsangestellte hassten Susan grundsätzlich. Sie wusste nicht, warum.
    Susan hörte Derek Rogers einige Schreibtische entfernt missbilligend mit der Zunge schnalzen, bevor sie den Typ vom Blumenladen auch nur sah.
    Es war tatsächlich so still beim Herald – als würde man in einem Museum arbeiten. Vor allem seit den ganzen Eigentümerwechseln und Entlassungen. Die Stadt wurde überflutet, und im Nachrichtenraum war es so still, dass Susan die Spülung der Herrentoilette drüben in der Chefredaktion am andern Ende des Stockwerks hörte. Derek saß ein paar Schreibtische von ihr entfernt, und sie schwor, sie konnte ihn schlucken hören. Etwas war mit der Akustik des Raums, dieses riesige offene Geschoss, der Teppichboden. Meilen von Teppich. Mehr als tausend Chemikalien kamen bei der Herstellung von Teppichboden zum Einsatz. Wenn sie die Schädigung des zentralen Nervensystems durch die Dämpfe und die Strahlung von den vielen Handys auf dem Stockwerk zusammenrechnete, wartete Susan nur auf den Tag, da sie alle anfangen würden, aus den Augen zu bluten.
    Sie richtete sich auf und schwenkte ihren Sessel herum.
    Don, der Typ vom Blumenladen, sah aus, als käme er direkt von einem Alaska-Krabbenfischerboot: schwarze Anglerlatzhose, Gummistiefel und gelbe Regenjacke. Er trug einen dieser Vollbärte, wie ihn sich alle Männer Portlands seit etwa einem Jahr wachsen ließen, und er war ein Hüne, deshalb hätte man ihm den Fischer abgekauft, aber Susan war sich ziemlich sicher, dass er
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