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Totenfluss: Thriller (German Edition)

Totenfluss: Thriller (German Edition)

Titel: Totenfluss: Thriller (German Edition)
Autoren: Chelsea Cain
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Archie Sheridan.
    Er stand abseits der anderen und trug eine dieser Jacken mit pelzgefütterten Kapuzen, die man sich in Army-Ausrüstungsläden besorgt, bevor man zu einer Polarexpedition aufbricht.
    Es war zehn Grad warm, praktisch tropisch für Januar, aber er hatte die Kapuze oben. Dass es Archie war, erkannte sie nur an der Art, wie er sich absolut still hielt, eine Hand in der Tasche, die andere um einen großen Pappbecher Kaffee geschlossen, nur beobachtend.
    Er blickte herüber, sah sie und hielt den Pappbecher als eine Art geistesabwesendes Winken in die Höhe. Sein schuldbewusstes Gesicht war zerknittert wie eh und je, krumme Nase, schwere Augenlider, aber seine Haut hatte wieder etwas Farbe, und in seinen Augen war mehr Leben. Ein grüner Schal bedeckte die waagrechte Narbe an seinem Hals. Die braunen Locken ragten kreuz und quer über der Stirn aus der Kapuze.
    »Ist sie es?«, fragte sie ihn.
    »Sieht so aus«, sagte er. »Robbins wird aus dem Büro des Gerichtsmediziners eine offizielle Identifizierung herausgeben.«
    Stephanie Towner war zwei Tage zuvor als vermisst gemeldet worden. Die Polizei hatte ihren Wagen auf dem Parkplatz am Bishop’s Close gefunden, einem Landschaftsgarten, der sich über fünf Hektar Steilküste am Fluss auf der Westseite erstreckte. Die Bewohner Portlands unternahmen dort gern Spaziergänge, wenn sie nicht gerade niederkauerten, um mit ihren iPhones Pflanzen zu fotografieren. Die Polizei hatte Towners Handtasche am oberen Ende einer glatten Schlammspur gefunden, wo anscheinend jemand das Ufer hinuntergerutscht war. Man konnte es auf den Darwinismus schieben. Oder auf die Flasche Wein, die sie nach Aussage ihres Ehemanns getrunken hatte, bevor sie aus dem Haus ging. Vielleicht ein wenig auf beides.
    »Ich dachte, sie sei ertrunken«, sagte Susan.
    Archies Mundwinkel gingen leicht nach oben. Susan hatte ein Jahr gebraucht, um diesen Ausdruck als Lächeln zu identifizieren. »Ich denke, das ist sie«, sagte er.
    Sie folgte seinem Blick zum Karussell. Es war in einem nach allen Seiten offenen Pavillon mit achteckigem Dach untergebracht. Fünfzehn bis zwanzig Möwen stritten um den Platz auf dem Dach. Sie traten von einem Bein aufs andere und kreischten nervös. Der Eisenzaun, der das Karussell umgab, war offen, und Susan ging hinein. Einer der Polizisten im Poncho streckte die Hand aus, um sie aufzuhalten. »Nicht auf die Plattform«, sagte er und deutete zu den schlammigen Fußabdrücken auf dem Eichenboden des Karussells.
    Susan nickte und spähte vom Rand der Plattform auf die Szenerie. Die Leiche war auf einem Strauß postiert. Der Strauß war sehr schön, aus Holz geschnitzt, braun mit rotem und goldenem Sattel. Er war mit gespreizten gelben Beinen in einem fröhlichen Sprung erstarrt. Stephanie Towner war so arrangiert, als würde sie auf dem Ding reiten. Aber es sah nicht überzeugend aus. Sie war abgerutscht, ihr Kinn drückte an den Ansatz des Straußenhalses, die Arme baumelten zu beiden Seiten des Bauchs herab. Zum Glück bedeckte ihr Haar das Gesicht. Susan konnte nicht viele Details erkennen. Aber es war klar, dass die Frau im Wasser gelegen hatte. Oder zumindest im Schlamm.
    Archie trat hinter Susan. Sie roch den Kaffee in seiner Hand und den nassen Pelz seiner Jacke. Der Regen fiel auf das Karusselldach. Die Seemöwen kreischten. »Sie wurde transportiert«, sagte er. »Da sind Schlamm und Gras.« Er wandte den Kopf in Richtung des Picknickbereichs des Parks am Fluss, wo ein Maschendrahtzaun das Ufer säumte. »Wir haben Haare auf dem Zaun gefunden. Sieht aus, als hätte die Strömung sie flussabwärts gespült und als hätte sie sich dort verfangen. Dann hat sie jemand gefunden, über den Zaun gehoben und hierher geschleift. Der Regen hat alle guten Fußabdrücke fortgewaschen, aber man sieht die Schleifspuren im Schlamm.«
    Susan holte ihr feuchtes Notizbuch hervor und schrieb alles auf.
    Archie warf ihr einen Knochen zu, und sie wusste es. Er hatte es im letzten halben Jahr schon wiederholt getan. Es war nicht seine Schuld, dass sie ein paar Mal in seiner Gegenwart beinahe ums Leben gekommen wäre, aber das schien er nicht zu wissen. Deshalb verschaffte er ihr bei den interessanten Sachen immer einen Vorsprung. Susan war überzeugt, dass alle Leute bei der Zeitung dachten, sie würden miteinander schlafen.
    »Wer hat es gemeldet?«, fragte sie.
    »Ein Bautrupp, der an der Inliner-Bahn arbeitet«, antwortete er. »Ich glaube, sie machen etwas an dem
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