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Totenfluss: Thriller (German Edition)

Totenfluss: Thriller (German Edition)

Titel: Totenfluss: Thriller (German Edition)
Autoren: Chelsea Cain
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zentimeterweise mit dem Hund im Arm ans Ufer zurückzuarbeiten.
    Sie sank erschöpft in den Schlamm und ließ den Hund noch immer nicht los. Ihr Herz hämmerte. Sie waren beide durchnässt. Franklin jaulte und leckte ihr Gesicht.
    Sie hatten es geschafft.
    Sie drehte sich auf den Rücken, beinahe schwindlig vor Glück. Sie lebten. Sie hätte gern gesehen, ob einer von diesen Schönwetter-Joggern auf der Esplanade so etwas überleben würde.
    Franklin schüttelte sich das Wasser aus dem verfilzten Fell, und Laura hob eine Hand schützend vors Gesicht. »Hey, immer langsam, mein Junge«, sagte sie.
    Franklin knurrte und entblößte die obere Zahnreihe. Er blickte auf etwas hinter ihr.
    »Was ist?«
    Franklin hielt den Blick unverwandt auf eine Stelle über Lauras Schulter gerichtet.
    Laura schauderte, sei es vor Kälte oder aus Angst.
    Sie drehte sich um.
    Im Uferschlamm lag, noch halb verdeckt, ein menschliches Skelett.

2
    Susan Ward sang lauthals zu »Smells Like Teen Spirit« mit, als sie fast eine Möwe überfahren hätte.
    Portland lag eine Stunde vom Meer entfernt. Aber wenn es an der Küste windig war, wurden die Möwen landeinwärts geweht.
    Seit die Unwetter vor zwei Wochen begonnen hatten, suchten die Vögel in Massen die Stadt heim. Sie plünderten offene Abfallcontainer, schissen auf Veranden und standen schnatternd in kleinen Gruppen auf dem Gehsteig herum wie Erstklässlerinnen in der Pause. Es waren ungehaltene, herrische Vögel. Aber Susan dachte, sie wäre wohl auch ungehalten, wenn es sie gerade fünfzig Meilen weit übers Land geblasen hätte.
    Susan drückte auf die Hupe, und die Möwe sah sie vorwurfsvoll an und flog in den Regen davon. Es war eine männliche westliche Möwe – weiß mit schieferfarbenen Flügeln und einem gelben Schnabel. Es waren große Vögel, kniehoch und gebaut wie Türsteher, nicht wie die dürren Atlantikmöwen. Susan wusste nicht mit Bestimmtheit, dass es ein Männchen war, es war nur eine Theorie von ihr. Etwas an der Art, wie der Vogel sie angesehen hatte, brachte sie darauf.
    Sie entdeckte Archies ziviles Polizeiauto auf dem letzten trockenen Flecken Asphalt auf dem Parkplatz und schaffte es, ihren alten Saab in die Lücke daneben zu quetschen, dann klappte sie die Kapuze ihrer Öljacke hoch und trat in den Regen hinaus.
    Es war früher Nachmittag, aber es sah wie Abend aus. So war das in Portland im Winter. Permanentes Dämmerlicht.
    Der Regen auf ihrer Kapuze klang wie Fett, das in einer Bratpfanne brutzelt. Susan bekam Sehnsucht nach Bacon.
    Sie sah den Hang hinunter, wo sich der Oaks Park an den angeschwollenen Willamette River schmiegte.
    Susans Einstellung zu Parks war wie ihre Einstellung zur Natur im Allgemeinen. Sie mochte die Vorstellung, dass sie existierte, aber sie verspürte nicht das Bedürfnis, persönlich an ihr teilzuhaben. Dies hier war kein besonders beliebter Aussichtspunkt in Portland. Generell waren die Bewohner Portlands sehr stolz auf ihre Parks und fühlten sich genötigt, sie regelmäßig zu besuchen, selbst mitten im Winter, wenn es dunkel war, die Rasenflächen sich in Schlamm verwandelt hatten und niemand sich die Mühe machte, den Kot seiner Hunde aufzuheben. Es gab Wildnisparks, Rosengärten, Rhododendrongärten, japanische Gärten, klassische chinesische Gärten, Skater-Anlagen, öffentliche Plätze, Parks mit Brunnen, Kunst im öffentlichen Raum, fahrbaren Essensständen, Tennisplätzen, Schwimmbädern, Wanderwegen, Denkmälern und Amphitheatern. Es gab sogar den kleinsten Park der Welt, den Mill Ends Park, der etwa sechzig auf sechzig Zentimeter maß. Susan hatte Letzteren immer irgendwie lächerlich gefunden.
    Dann gab es den Oaks Park – »Wo der Spaß nie endet!« Er existierte seit Menschengedenken, also etwa seit hundert Jahren. Ein paar Dutzend Fahrgeschäfte, eine Rollerskate-Bahn, Losbuden, Picknicktische. Gesundes Vergnügen für die ganze Familie, unterbrochen von kurzen Zeiten, da der Park ein angesagter Drogentreffpunkt oder der Ort für eine schnelle Nummer im Van war.
    Auf dem Karussell hatte man eine Leiche gefunden.
    Susan lächelte. Manchmal schrieb sich dieses Zeug wie von allein.
    Sie rutschte das letzte Stück Hang hinunter und betrat den Rummelplatz durch den hübschen weißen Holzbogen.
    Die Polizisten, die um das Karussell herumstanden, sahen mitleiderregend aus. Vornübergebeugt, mit im Wind flatternden schwarzen Ponchos, erinnerten sie Susan an Krähen, die ein Stück Aas plünderten.
    Alle außer Detective
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