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Tote Maedchen luegen nicht

Titel: Tote Maedchen luegen nicht
Autoren: Jay Asher Knut Krueger
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so oft mit Hannah reden wollte, mich aber nie getraut habe. Als ich Justin und seine Freunde an jenem Tag so eng beieinanderstehen sah, bekam ich doch das Gefühl, dass es mehr über Hannah zu erzählen gab, als ich wusste.

    Später hörte ich, sie und Justin hätten an der Rutsche gefummelt. Und sie war schließlich so neu an der Schule, dass dieses Gerücht alles überschattete, was ich von ihr wusste.
    Hannah sei unerreichbar, dachte ich mir, und viel zu erfahren, um sich auch nur in Gedanken mit mir abzugeben.
    Ich danke dir, Justin. Ehrlich. Mein erster Kuss war wunderschön. Und für den Monat oder so, den es gehalten hat, und für alles, was wir gemeinsam erlebt haben, danke ich dir. Die Küsse waren wunderbar. Du warst wunderbar.
    Aber dann fingst du mit der Angeberei an.
    Eine Woche lang hast du nichts von dir hören lassen. Und irgendwann haben mich die Gerüchte erreicht, wie das eben immer der Fall ist. Und jeder weiß, dass man gegen Gerüchte nichts ausrichten kann.
    Ich wei β schon, was ihr jetzt denkt. Während ich die Geschichte erzählte, habe ich dasselbe gedacht. Ein Kuss? Ein Gerücht um einen Kuss soll dafür verantwortlich sein, was ich mir angetan habe?
    Nein. Ein Gerücht um einen Kuss hat eine Erinnerung zerstört, von der ich hoffte, sie würde etwas ganz Besonderes sein. Ein Gerücht um einen Kuss hat mir einen Ruf eingebracht, den andere Leute für bare Münze nehmen. Manchmal kann ein Gerücht um einen Kuss eine ganze Lawine auslösen.
    Ein Gerücht um einen Kuss ist nur der Anfang.
    Dreht die Kassette um, dann erfahrt ihr, wie’s weitergeht.
    Ich strecke meine Hand aus und will auf die Stopptaste drücken.
    Und Justin, mein Lieber, bleib dran. Du wirst dich wundern, wo dein Name das nächste Mal auftaucht.
    Ich halte meinen Finger über die Taste, lausche dem sanften Rauschen, das aus den Lautsprechern dringt, sowie dem
leisen Surren der Spulen, während ich darauf warte, erneut ihre Stimme zu hören.
    Aber das geschieht nicht. Die Geschichte ist vorbei.

    Als ich Tonys Haus erreiche, steht sein Mustang an der Straße. Die Kühlerhaube ist aufgeklappt, er und sein Dad beugen sich über den Motor. Tony hält eine kleine Taschenlampe in der Hand, während sein Vater sich mit einem Schraubenschlüssel zu schaffen macht.
    »Ist was kaputt?«, frage ich. »Oder macht ihr das nur zum Spaß?«
    Tony blickt auf und lässt seine Taschenlampe in den Motorraum fallen, als er mich sieht. »Verdammt!«
    Sein Vater richtet sich auf und wischt sich die ölverschmierten Hände an seinem schmutzigen T-Shirt ab. »Spaß macht es doch immer«, antwortet er und zwinkert seinem Sohn zu. »Vor allem wenn es was Ernstes ist.«
    Tony tastet missmutig nach der Taschenlampe. »Du kannst dich doch an Clay erinnern, Papa.«
    »Aber natürlich«, antwortet sein Vater. »Schön, dich mal wiederzusehen.« Er macht keine Anstalten, mir die Hand zu geben, was mir in Anbetracht seiner öligen Finger ganz recht ist.
    Aber er macht mir was vor. Er erinnert sich nicht an mich.
    »Du warst doch mal zum Abendessen da«, fährt er fort. »Hast ständig danke und bitte gesagt.«
    Ich lächle.
    »Nachdem du weg warst, hat Tonys Mutter uns eine Woche lang in den Ohren gelegen, wir sollten höflicher sein.«
    Was soll ich sagen. Die meisten Eltern mögen mich.

    »Ja, so ist er eben«, entgegnet Tony, der sich an einem Putzlappen die Hände abwischt. »Was gibt’s, Clay?«
    Seine Worte hallen durch meinen Kopf: Was gibt’s, Clay? Was gibt’s, Clay? Ach, nichts Besonderes, denke ich. Ich habe bloß einen Haufen Kassetten von einem Mädchen zugeschickt bekommen, das sich umgebracht hat. Anscheinend hab ich irgendwas damit zu tun. Da ich aber noch nicht weiß, was ist es, würde ich mir gern deinen Walkman ausleihen, um es herauszufinden.
    »Ach, nichts Besonderes.«
    Sein Dad fragt mich, ob ich mal kurz für sie den Motor anlassen könnte. »Der Schlüssel steckt im Zündschloss.«
    Ich werfe meinen Rucksack auf den Beifahrersitz und gleite hinter das Steuer.
    »Warte!«, ruft sein Vater. »Tony, leuchte mal hierher.«
    Tony steht neben dem Wagen und schaut mich durchdringend an. Sein Blick nagelt mich regelrecht fest. Weiß er Bescheid? Kennt er die Kassetten?
    »Tony?«, wiederholt sein Vater. »Gib mir Licht!«
    Tony wendet seinen Blick von mir ab und leuchtet in den Motorraum. Durch den schmalen Spalt zwischen Armaturenbrett und Kühlerhaube späht er immer wieder zu mir herüber.
    Und wenn die Kassetten auch für ihn
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