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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Markku Ropponen
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Stein eingelassen war, konnte man das Bild eines Esels erkennen. Kuhala glaubte sich zu täuschen, mochte aber auch nicht umkehren, um das Ganze aus der Nähe zu betrachten.
    Er trank in der Bürobaracke eine Tasse Instantkaffee und aß dazu einen Schokoladenkeks. Fyrabuske sprach schön über Tiere und erzählte, dass er sogar die Fachmesse in Moskau besucht habe. Dort habe ein Kollege behauptet, die Neureichen würden heutzutage verlangen, dass die Asche ihrer Pudel zu Diamanten gepresst werde. »Um jeden Preis. Ich weiß nicht, wie das geht, ich glaube nicht, dass man aus Pudelasche so leicht Diamanten herstellen kann.«
    Kuhala nickte. Dann fing das Faxgerät an zu singen. Erst draußen kam Kuhala darauf, was ihn beim Kaffeetrinken unterschwellig gestört hatte: Fyrabuske bot seinen Kunden Schokoladenkekse mit Tiermotiven an.
    Kuhala fuhr in der Mittagshitze zu seiner Detektei in der Vaasankatu, den Kopf voller unsortierter Gedanken über die Vergänglichkeit aller Dinge. Als er bereits mehr als zehn Paradoxien des Daseins abgeklappert hatte, musste er aufhören, damit nicht alle Kraft aus den Fingern am Lenkrad schwand. Die Uhr am Stadtwald war stehen geblieben, aber nicht die Zeit, und jeder Verkehrsteilnehmer fuhr in all seiner lächerlichen Hast doch nur dem Vergessen entgegen. Mit jedem einzelnen Herzschlag.
    Das Terrarium sah traurig aus. Kuhala seufzte und trottete weiter ins Büro. Dort goss er sich einen Schluck Haddington House ein und nahm die Ibanez Lone Star von der Wand, die Westerngitarre, die er sich im Frühjahr bei einer Versteigerung im Pfandleihhaus zugelegt hatte. Die leichten Griffe gingen schon, jetzt war es an der Zeit, Mollakkorde zu üben.
    Das Spielen wurde vom klingelnden Telefon unterbrochen. Kuhala richtete seinen fast hundert Kilo schweren Körper auf und legte die Gitarre aufs Ahornparkett. Wehmütig schaute er auf den Whisky im Glas. »Kuhala.«
    »Privatdetektiv Kuhala?«
    »Ja.«
    »Mein Name ist Eero Jokela … ich habe das Gefühl …«
    »Ja?«
    »… dass meine Frau verschwunden ist. Nein, raten Sie mir jetzt nicht, mich an die Polizei zu wenden.«
    Ein solcher Ratschlag gehörte ganz und gar nicht automatisch zu Kuhalas Gepflogenheiten, denn er wilderte, um am Leben zu bleiben, im gleichen Revier wie die Polizei. Er hörte an der Stimme, dass dem Mann angst und bange war und dass er vielleicht auch Scheu hatte; eventuell hatte er vor dem Griff zum Telefon einen schweren inneren Kampf ausfechten müssen.
    Jokela nannte seine Adresse. Kuhala schrieb sie auf und goss den Whisky in die Flasche zurück. Kein einziger Tropfen ging daneben.

4
    8. Juni Eero Jokela wohnte in einer zweigeschossigen Reihenhauswohnung von hundertfünfzig Quadratmetern im Stadtteil Viitaniemi, direkt am Tuomiojärvisee. Das war die teuerste Gegend in Jyväskylä, aber auch kein Wunder, denn Kuhala erinnerte sich, dass der Mann in der Kauppakatu die teuerste und erfolgreichste Anwaltskanzlei von Jyväskylä betrieb.
    Diese Konstellation war nicht unbedingt schlecht, auch wenn Kuhala auf dem Weg über das Vorgartenpflaster den blassen Neid dessen spürte, der ein dünnes Portemonnaie spazieren trug. Er könnte versuchen, für diesen Auftrag eine anständige Rechnung zu schreiben – seit Langem mal wieder. Boshaft guckende Keramikgnome begleiteten seine schweren Schritte unter den Leuchten mit den Kupferhauben, in einem herzförmigen Springbrunnen reckte sich ein Marmoramor mit offenem Mund dem Sommerhimmel entgegen, als würde er jeden Moment die erste Backenladung Wasser ausspucken.
    Jokela öffnete die Tür, als Kuhala gerade versuchte, das Baujahr des Jaguars zu schätzen, der in der offenen Garage funkelte. Der Mann war über sechzig, hatte sich aber in Form gehalten. Das Grau seiner Schläfen harmonierte mit dem Blaugrau seiner Augen, die Krawatte harmonierte mit beidem, und die trockene Festigkeit des Händedrucks harmonierte mit all den herkömmlichen Vorstellungen, die Kuhala von dieser Berühmtheit der örtlichen Anwaltsbranche hatte. Jokela nahm einen der Spitzenplätze in der Einkommenssteuerstatistik der Stadt ein und pflegte Rechtsfälle an sich zu ziehen, die ein Medienecho fanden.
    Er musterte Kuhala so schamlos, als wäre er im Begriff, ein Pferd zu kaufen, so als beurteilte er den Eindruck mit der Erfahrung von Jahrzehnten. Bei näherer Betrachtung schwelte in Jokelas Blick eine zornige Glut, die gar nicht mehr erlöschen wollte, und die Musterung an der Haustür zog sich weiter in
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