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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Markku Ropponen
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ertragreich werden sollte.
    »Und bist du’s? Kriminalhauptmeister Sakari Antikainen?«
    Der junge Mann hatte die gleichmäßige, sanfte Stimme eines Gutenachtgeschichtenvorlesers, angereichert mit einer Prise Amüsement, als wunderte er sich darüber, dass Antikainen Mühe hatte, eine so simple Frage zu beantworten. »Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir uns schon mal begegnet sind.«
    Antikainen wischte sich über die Stirn und suchte nach einem Ausweg.
    »Was hast du da für ein Päckchen?«
    Der Paddler stand nur noch eine Armlänge entfernt. Irgendwo rauschte ein Lkw mit Anhänger vorbei, und als das Geräusch abklang und es still wurde, begriff Antikainen, dass er nicht überlegen war, sondern gefährdet.
    Er spürte es. Nur wenige Male in seiner Laufbahn hatte er das gespürt und es dann jedes Mal geschafft, zu entkommen und Hilfe zu holen. Aber auf wessen Hilfe hätte er sich jetzt stützen sollen, mit seinem Geschäft, das kein Tageslicht vertrug? Und wo zum Teufel steckte der Gefräßige?
    Der Paddler biss die Kiefer aufeinander und überlegte laut, wie lange er seine so kindisch einfache Frage noch stellen müsse, bis er eine Antwort bekomme. Er nahm die Sonnenbrille ab, blickte zur Seite und dann wieder auf Antikainen. In seinem Blick lag so viel Fähigkeit zur Empathie wie bei einem Henker in Festanstellung. »Gib es mir, das Päckchen!«
    An einem Eckzahn des Paddlers blitzte ein Brilli auf. Dass erwachsene Menschen sich zu solchen Perversionen herablassen – das ging Antikainen nicht in den Kopf. Er versuchte den Mann zu identifizieren, aber vergebens. Der See glitzerte, von einem Haus am anderen Ufer stieg Rauch auf.
    Er machte auf dem unebenen Pfad zwei Schritte zurück und raffte gerade mal so viel Restmut zusammen, dass er sich wenigstens an einer Art Widerstand versuchte. »Ich sage gar nichts. Ich bin Polizist im Dienst, und wenn Sie nicht Ihre Identität unter Beweis stellen, machen Sie sich noch mehr strafbar.«
    »Du kannst mit meinen Personalien sowieso nichts anfangen.«
    Der Paddler lächelte, ließ plötzlich seine Hand auf das Päckchen zuschnellen, stoppte sie aber auf halbem Weg und lachte über Antikainens Schreck. Dieser spürte, wie ihm der Schweiß von der Nackenkuhle aus den Rücken herablief. Er versuchte, seine Gedanken zusammenzuhalten, und sehnte sich nach der Überlegenheit zurück, die er beim Blick durch die Feuerzeugflamme noch zu haben geglaubt hatte. Doch er war nur zu einem Fluch fähig. »Scheiße!«
    »Selber Scheiße. Das Päckchen!«
    Der Paddler schnippte mit den Fingern. Er genoss die Situation, und auch wenn er lässig aussah, witterte Antikainen, dass der Mann die ganze Zeit die Umgebung im Auge behielt. Über die Armmuskeln liefen sichtbare Adern, die Finger schnippten erneut. Antikainen glaubte, dass er den Paddler mit einem richtigen Treffer k. o. schlagen konnte, aber er wusste auch, dass er dafür nicht schnell genug war.
    Er war nicht schnell genug, um die Initiative zu ergreifen, und nicht schnell genug, um die Initiative des anderen abzuwehren. Der Faustschlag traf ihn mitten auf die Stirn und brachte ihn zum Schwanken.
    Auf dem Gesicht des Paddlers war kein spezifischer Ausdruck zu erkennen, und wenn doch, dann einer von der Sorte, die Antikainen bei Psychopathen gesehen hatte. Er biss sich auf die Unterlippe, machtlose Wut und Angst trübten sein Gesichtsfeld.
    »Du hast zwanzig Sekunden Zeit, mir das Päckchen zu geben. Das sind zehn mehr als sonst, weil du ein übergewichtiger Polizist bist, der mehr versucht, als bei der vorhandenen Begabung sinnvoll ist.«
    Das Paddel, das am Baum lehnte, geriet ins Kippen. Antikainen sah, wie es ins Gras fiel, dabei schwankte er zwischen der Demütigung durch den Schlag und so vielen anderen Gefühlen hin und her, dass er lediglich fähig war, den Mund aufzusperren, als hinge der Unterkiefer nur dank der Muskeln an Ort und Stelle.
    Das Geräusch des fallenden Paddels veranlasste den Paddler, zur Seite zu blicken. Antikainen setzte sofort zur Flucht an, stolperte aber über eine Wurzel, worauf ihm das Päckchen aus der Hand rutschte und er selbst mit dem ganzen Gewicht seines Rumpfes zu Boden stürzte. Die linke Hand geriet dabei unter den Körper, was das Handgelenk nicht aushielt.
    Antikainen zappelte und fluchte. Er hatte am Morgen sein Seitensprungrasierwasser aufgelegt, seiner Frau einen Guten Morgen zugebrummt, anstatt sie wie sonst anzuschweigen, hatte im Garten auf der Schaukel eine geraucht, bevor er
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