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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Markku Ropponen
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in die Garage gegangen war, und das alles nur zu Ehren dieses Tages, der mit so großartigen Vorzeichen gesegnet gewesen war. Und jetzt war alles verloren. Mit gebrochener Speiche kroch er auf allen vieren den Pfad entlang und gurgelte Schleim aus seiner Raucherlunge. Das Päckchen lag in unerreichbarer Entfernung. »Ruf ein Auto, einen Krankenwagen, verdammt! Mein Arm ist kaputt, es tut höllisch weh. Hat der Gefräßige dich geschickt? Was ist mit ihm? Hat er sich so früh am Tag schon zugeschüttet? Ich brauche Hilfe.«
    Der Paddler trat Antikainen gegen den Oberschenkel und holte sich das Päckchen. Dann beugte er sich über den Kriminalhauptmeister und lächelte in sich hinein, während er die Plastiktüte betastete. »Wolltest du dir mit dem Geld einen Kamin aus Schiefer kaufen? Oder das Dach erneuern lassen?«
    »Leck mich am Arsch … ruf einen Krankenwagen!«
    Der Paddler zog Antikainen an der Backe und verpasste ihm eine schwindelerregende Ohrfeige. »Oder wolltest du das Geld Zinsen tragen lassen, um deine Polizistenrente ein bisschen aufzubessern?«
    »Red keinen Mist … wenn du kein Telefon hast, mein Handy steckt hier in der Seitentasche.«
    Natürlich hatte sich Antikainen über die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten für das Geld Gedanken gemacht, angefangen mit drei Monaten unbezahltem Urlaub über einen BMW-Kombi bis hin zu männlichem Halligalli in einer norddeutschen Großstadt oder einem Ausflug im Boss-Anzug zu den Remmidemmi-Etablissements in Tallinn unter dem Thema »Goodbye Alltagssorgen und zwei Ladungen Schampus an den Whirlpool, bitte!«. Andererseits musste er vorsichtig sein und durfte nicht zu sehr angeben.
    Aber warum nur lag er jetzt wie ein überfahrener Hund im Dreck? »Scheiße, jetzt weiß ich, wer du bist, ich hab dich irgendwann für sechs Monate hinter Gitter gebracht … vor zwei Jahren … ruf jetzt endlich einen Krankenwagen! Du kannst das Paket behalten, wir werden uns schon einig …«
    Der Paddler stand auf und sah sich um. Er legte das Päckchen vor Antikainen hin und zwang ihn, sich auf den Bauch zu legen. Die Sonne stand bereits hoch und strahlte durchs zarte Blattgrün, ihr Licht ließ die Glassplitter auf einem Baumstumpf wie Diamanten funkeln. Der Paddler setzte sich mit gespreizten Beinen auf Antikainens breiten Rücken und legte ihm die Hände um den Hals. Er trug Handschuhe. Das Knacken brachte die Vögel zum Schweigen.

3
    8. Juni Die gut gepflegten Reihen der Gedenksteine und Grabhügel reichten in frühsommerlich zartem Grün und bunter Blütenfülle bis an den Waldrand, wo eine Planierraupe einsatzbereit in der Mittagshitze vibrierte, vermutlich weil der Friedhof mehr Platz brauchte.
    Kuhala und der Krematoriumsbetreiber Fyrabuske saßen im Büro der Firma, das nicht viel größer war als eine Baustellenbaracke. Neben den Büromöbeln und der EDV-Anlage gab es dort eine Kaffee- und Gedenkecke, wo ein großes Poster mit einer Kaninchenfamilie an der Wand hing. Durchs Fenster blickte man auf die Wände des Krematoriums. Der Schornstein qualmte. Der Spatzenschwarm, der sich im Blattwerk der Kletterpflanze an der Fassade tummelte, schien kein Bewusstsein dafür zu besitzen, um was für eine Art von Gebäude es sich handelte, aber warum sollte sich das von Gott geschaffene Kleingeflügel auch über solche Dinge den Kopf zerbrechen, dachte Kuhala.
    Fyrabuske sprach mit einer zu seinem Beruf passenden gesenkten und etwas feierlichen Stimme und erbot sich, die Gedenkrede zu übernehmen. Er trug ein weißes Sommerhemd, weiße Shorts, schwarze Socken und Sandalen. Auf dem Tisch lag eine Art Tropenhelm, auf der Gürtelschnalle schimmerte das Relief eines religiösen Motivs, das Kuhala jedoch nicht genau erkennen konnte. Hätte zu Fyrabuskes Ausrüstung noch eine kompakte Peitsche gehört, hätte er zweifelsfrei an einen Entdeckungsreisenden des 19. Jahrhunderts am Äquator erinnert.
    Das Angebot mit der Gedenkrede lehnte Kuhala ab, obwohl Fyrabuske große Lust hatte, einige seiner Top-Ten-Verse vorzulesen.
    »Vielleicht fällt mir selbst was ein«, sagte Kuhala.
    »Ganz wie Sie möchten.«
    Fyrabuske warf sein Gedichtheft in die Schreibtischschublade und starrte eine Weile auf seine behaarten Beine, als hätten ihn nicht nur Zweifel an seiner Nekrologkollektion, sondern auch an seiner Geschäftsidee, an seinem ganzen elenden Dasein im Schatten des Krematoriums befallen. Er seufzte, streckte den Rücken durch und zeigte Kuhala den Friedhofsplan. »Vom Brunnen
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