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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext
Autoren: Terry Pratchett
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von ihnen blickten betrübt in die Glut. Die vierte – Nanny Ogg – hatte ein recht fröhliches Wesen und schmierte Butter auf die Brotkrusten.
    »Unten in Weidenquelle wohnt ein Zauberer«, sagte Mütterchen Brevis. »Als Oma Hoplis starb, fehlte eine Nachfolgerin, und deshalb ließen die Leute einen Zauberer aus Ankh-Morpork kommen. Einen echten Zauberer. Er hat einen Laden mit ‘nem Messingschild an der Tür. Darauf steht ›Zauberer‹.«
    Die Hexen seufzten.
    »Frau Seng hat das Zeitliche gesegnet«, fuhr Mütterchen Brevis fort. »Und auch Mütterchen Piewig.«
    »Tatsächlich?« brachte Nanny Ogg mit vollem Mund hervor. »Amabel Piewig? Wie alt war sie?«
    »Hundertneunzehn. Ich habe sie gewarnt: ›In deinem Alter sollte man nicht mehr in den Bergen herumkraxeln.‹ Aber sie lehnte es ab, auf mich zu hören.«
    »So sind gewisse Leute«, grummelte Oma Wetterwachs. »Stur wie Esel. Wenn man ihnen von bestimmten Dingen abrät, geben sie nicht eher Ruhe, bis sie alles ausprobiert haben.«
    »Ich habe ihre letzten Worte gehört«, fügte Mütterchen Brevis hinzu.
    »Wie lauteten sie?« erkundigte sich Oma.
    »›Verdammter Mist‹, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Sie hätte es sich gewünscht, mit solchen Worten aus dem Leben zu scheiden«, sagte Nanny Ogg. Die anderen Hexen nickten. »Vielleicht steht das Ende der Hexerei in diesem Teil der Welt bevor«, vermutete Mütterchen Brevis.
    Sie starrten erneut ins Feuer.
    »Ich schätze, es hat niemand Kuchen mitgebracht, oder?« fragte Nanny hoffnungsvoll.
    Oma Wetterwachs musterte ihre Kolleginnen. Mütterchen Brevis konnte sie nicht ausstehen. Brevis unterrichtete in einer Schule auf der anderen Seite des Berges und blieb immer vernünftig, wenn man sie provozierte. Mütterchen Dismass mochte die nutzloseste Sibylle in der Geschichte orakelhafter Offenbarungen sein. Und Nanny Ogg durfte sie nicht mit dieser Bürde belasten – immerhin war sie ihre beste Freundin.
    »Was ist mit der jungen Magrat?« fragte Mütterchen Dismass unschuldig. »Ihr Bereich grenzt direkt an Desideratas. Vielleicht wäre sie bereit, noch etwas mehr zu übernehmen.«
    Oma Wetterwachs und Nanny Ogg wechselten einen Blick.
    »Sie ist … komisch geworden«, sagte Oma.
    »Oh, ich bitte dich, Esme«, entgegnete Nanny.
    »Nun, ich nenne es komisch«, beharrte Oma Wetterwachs. »Wer dauernd irgendwelche Dinge entfalten möchte und nach der Wirklichkeit sucht, obwohl’s überall von Realität wimmelt, kann nicht ganz richtig im Kopf sein.«
    »Vielleicht hast du das falsch verstanden«, sagte Nanny. »Magrat wies darauf hin, daß sie ihr Ich entfalten möchte und Selbstverwirklichung anstrebt.«
    »Genau das meine ich«, brummte Oma Wetterwachs. »Folgende Worte richtete ich an sie: ›Dümmchen Knoblauch war deine Mutter und Araminta Knoblauch deine Oma. Yolande Knoblauch ist deine Tante, und du bist … du bist Magrat Knoblauch.‹«
    Oma lächelte so zufrieden, als hätte sie alle Aspekte einer Identitätskrise gründlich erforscht und die damit zusammenhängenden Probleme gelöst.
    »Sie wollte nicht auf mich hören«, betonte sie.
    Mütterchen Brevis runzelte die Stirn.
    »Magrat?« murmelte sie und malte ein gedankliches Bild von der jüngsten Hexe in den Spitzhornbergen. Sie entsann sich … nicht an ein Gesicht, sondern an tränende Augen und einen Ausdruck hoffnungslosen Wohlwollens, eingekeilt zwischen einem Maibaumkörper und Haaren, die aussahen wie ein Heuhaufen nach dem Sturm. Mit erbarmungslosem Eifer nutzte Magrat jede Gelegenheit, um gute Taten zu vollbringen, und es fehlte ihr nie an Gründen, besorgt zu sein. Sie rettete aus Nestern gefallene Vögelchen und weinte, wenn sie starben. Genau zu diesem Zweck hat Mutter Natur kleine Vögel geschaffen: damit sie aus Nestern fallen und Leute wie Magrat schluchzen lassen.
    »Es klingt gar nicht nach ihr«, sagte Mütterchen Brevis nachdenklich.
    »Sie betonte auch ihre Absicht, selbstbewußter zu werden«, verkündete Oma Wetterwachs.
    »Daran gibt es nichts auszusetzen«, warf Nanny ein. »Selbstbewußtsein und Hexerei passen gut zusammen.«
    »Ich bin nicht gegen Selbstbewußtsein«, erwiderte Oma. »Ich habe Magrat gesagt: ›Selbstbewußtsein ist in Ordnung. Du kannst so selbstbewußt werden, wie du möchtest – solange du nicht aufsässig wirst und weiterhin gehorchst.‹«
    »Wenn man’s damit einreibt, wird’s in ein oder zwei Wochen besser«, sagte Mütterchen Dismass.
    Die anderen drei Hexen warteten gespannt auf
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