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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext
Autoren: Terry Pratchett
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Zeichen geglaubt und … Große Kleiderschränke rutschen die Treppe hinab? Wie meinst du das?« Oma atmete tief durch. Wäre ihre Unerschütterlichkeit nicht bereits legendär gewesen, hätte man vielleicht glauben können, daß sie gerade den größten Schock ihres Lebens erlitten hatte und nun verzweifelt versuchte, in ganz normalem Gezänk neuen Halt zu finden.
    »Das passierte nach dem Tod meiner Großtante Sophie«, verkündete Nanny Ogg. »Nachdem sie das Zeitliche gesegnet hatte, vergingen genau drei Tage, vier Stunden und sechs Minuten, bis ihr Kleiderschrank die Treppe hinunterrutschte. Unser Darren und unser Jason versuchten, ihn um die Ecke zu schieben, und dabei kippte er plötzlich zur Seite. Einfach so. Unheimlich. Nuuun, ich wollte ihn nicht ihrer Agatha überlassen, von wegen, sie besuchte ihre Mutter nur zu Silvester, und ich habe Sophie bis zum Schluß gepflegt …«
    Oma hörte sich die vertraute Litanei über Nanny Oggs familiäre Fehden an, während sie die Teetassen holte.
    Die Oggs galten als besonders große Großfamilie, und manche Leute sprachen von ihnen bereits als kleine Nation. Kein normales Blatt Papierbot genug Platz für den Stammbaum – der eigentlich kaum mehr Ähnlichkeit mit einem Baum aufwies, eher mit einem Mangrovendickicht. Hinzu kam ein Gespinst ganz besonderer Art, das aus Vendettafäden zwischen den Myriadenzweigen bestand. Die Ursachen der zahllosen Konflikte sind die üblichen: »Was ihr Kevin bei Cousin Dis Hochzeit über unseren Stan sagte«, und »Wer hat das Silberbesteck, das Tante Em unserer Doreen vererbte? Sie versprach es ihr ausdrücklich, und jemand ließ es verschwinden, und jetzt möchte ich wissen, wer so unverschämt war, es für sich selbst zu beanspruchen.«
    Die unumstrittene Matriarchin Nanny Ogg unterstützte alle Seiten. Es war so etwas wie ihr Hobby.
    In Hinsicht auf Fehden kannte die Ogg-Phantasie keine Grenzen – ständig wurden neue vom Zaun gebrochen.
    Gelegentlich ließ sich ein unvorsichtiger Außenstehender dazu hinreißen, an diesem interessanten Spiel teilzunehmen, indem er einem Ogg wenig schmeichelhafte Bemerkungen über einen anderen Ogg anvertraute. Woraufhin sich sofort alle Oggs gegen ihn wandten. In solchen Fällen agierte die gesamte Familie wie ein gut geölter Mechanismus, der den Eindringling vernichtet.
    In den Spitzhornbergen hielt man die Ogg-Fehden für einen Segen. Viele Leute schauderten bei der Vorstellung, die Oggs könnten ihre enorme Energie auf den Rest der Welt konzentrieren. Glücklicherweise zogen sie es vor, sich selbst zu bekämpfen – das lag in der Familie.
    Familien konnten recht sonderbar sein, wenn man genauer darüber nachdachte …
    »Esme? Fühlst du dich nicht gut?«
    »Was?«
    »Die Tassen klappern so laut, als hättest du einen akuten Anfall von Schüttelfrost erlitten! Und du hast Tee auf dem Tablett verschüttet.«
    Oma Wetterwachs blickte auf die Lachen hinab und versuchte, sich wieder zu fassen.
    »Es ist wohl kaum meine Schuld, wenn die blöden Tassen zu klein sind.«
    Die Tür schwang auf.
    »Guten Morgen, Magrat«, sagte Oma, ohne sich umzudrehen. »Was führt dich hierher?«
    Sie erkannte sie am Quietschen der Türangeln. Magrat war imstande, eine Tür so zu öffnen, daß es entschuldigend knarrte.
    Die junge Hexe starrte sprachlos ins Zimmer. Ihr Gesicht war so rot wie eine reife Tomate, die Hände blieben auf dem Rücken verborgen.
    »Wir sehen hier nach dem Rechten«, sagte Oma Wetterwachs laut. »Das sind wir unserer Kollegin Desiderata schuldig.«
    »Und es liegt uns fern, nach ihrem Zauberstab zu suchen«, fügte Nanny hinzu.
    »Gytha Ogg!«
    Nanny schien sich schuldig zu fühlen und senkte den Kopf.
    »Tut mir leid, Esme.«
    Magrats Hände verließen ihr Versteck auf dem Rücken und kamen zum Vorschein.
    »Äh«, sagte sie und errötete noch etwas mehr.
    »Sie hat ihn gefunden!« entfuhr es Nanny.
    »Äh, nein«, widersprach Magrat behutsam und wagte es nicht, Oma in die Augen zu sehen. »Ich … ich habe ihn von Desiderata bekommen.«
    Die folgende Stille knackte und summte erwartungsvoll.
    »Sie hat ihn dir gegeben?« fragte Oma Wetterwachs.
    »Äh. Ja.«
    Nanny und Oma wechselten einen Blick.
    »Na so was!« kommentierte Nanny.
    Oma wandte sich wieder an Magrat. »Sie kannte dich also, wie?«
    »Ich bin ziemlich oft hiergewesen, um in Desideratas Büchern zu lesen«, gestand die junge Hexe. »Und … und sie bereitete gern fremdländische Mahlzeiten zu, die sonst niemand essen
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