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Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)

Titel: Total bedient: Ein Zimmermädchen erzählt (German Edition)
Autoren: Anna K.
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können.«
    Ich ging zur Tür, wünschte noch einen schönen Tag und war draußen.

Epilog
    Ich arbeite wieder im Hotel, bis zum heutigen Tag. Vier Sterne, Rezeption, einssechs brutto. Meinen Wintermantel hat meine Mutter bezahlt und die Riester-Rente habe ich kürzlich gekündigt. Der Job ist auf acht Monate befristet.
    Ein Kollege hat mir vor ein paar Wochen einen Zettel zugesteckt: »Gehe in drei Monaten, dann wird hier ’ne Stelle frei. Wäre das was für dich?« Ich weiß nicht, ob ich darauf hoffen soll.
    Mit Katja telefoniere ich weiterhin nahezu täglich. Männer-, Job- und Putzgespräche. Cillit Bang heißt unsere neuste Entdeckung, ein Pumpspray-Reiniger in den Ausführungen Kalk & Schmutz, Multi-Fett, Tiefenreinigung & Schimmel und Toilette & Schmutz.
    Wir planen immer noch gemeinsame Urlaube. Leider schaffen wir es nie, zusammen wegzufahren. Es scheitert abwechselnd am Geld oder an der Zeit. Meistens am Geld. Letztes Jahr waren wir gedanklich in Thailand, davor in Schweden, in Kroatien haben wir uns auch schon mal einen schönen Urlaub vorgestellt. Es kommen nur Länder infrage, in denen es keine großen Spinnen gibt.
    Katja war zuletzt Assistentin des Geschäftsführers in einer Firma für Facility Management. Sie hat sich mit dem Chef gestritten, weil sie fand, dass die Putzleute im Vergleich zu ihr zu wenig verdienen. Er hat ihr angeboten, ihr Gehalt auch zu kürzen, wenn ihr das lieber sei.
    Wir treffen uns nach wie vor oft zu dritt, Katja, Sara und ich. Die drei Damen vom Central.
    Sara war bis vor zwei Monaten noch im Housekeeping. Jetzt arbeitet sie vertretungsweise in Katjas Firma und hat eine Stelle als Hausdame in einem Zwei-Sterne-Hotel in Aussicht.
    Der Vietnamese, bei dem wir uns treffen, liegt gleich am S-Bahnhof, auf dem Schnittpunkt unserer Arbeitswege. Erst trinken wir Prosecco, dann bestellen wir die 233, Hühnchenfleisch mit rotem Curry. Es ist schön, wenn wir das Gleiche essen. Es ist ein bisschen so, als säßen wir zu Hause und jemand hätte für uns gekocht. Jemand, der es gut mit uns meint.
    Beim letzten Treffen erzählte ich von Vera, meiner alten Schulfreundin. (Vielleicht, denke ich manchmal, ist das ja ein Vorteil meines Berufs: Ich habe nie gedacht, dass ich ohne die Unterstützung meiner Freundinnen auskommen könnte.) Sie war in der Woche zuvor in Berlin, hatte einen Auftritt im »Schimmelreiter«. Vera ist Schauspielerin in Dresden. Ich besuche alle ihre Auftritte, wenn sie in Berlin ist. Jedes Mal habe ich Blumen dabei.
    »Bist du nicht eifersüchtig?«, fragte mich Sara.
    »Nein, warum?«
    »Na ja, weil sie so einen tollen Beruf hat.«
    »Ich bin stolz auf sie, wenn ich sie auf der Bühne sehe.
Sie schuftet genauso viel wie wir. Und sie verdient auch nicht mehr.«
    »Aber bei uns sitzt keiner im Publikum. Bei uns klatscht keiner, wenn wir fertig sind.«
    »Doch, bei mir ist das immer so«, sagte ich.
    »Bei mir auch«, sagte Katja. »Vielleicht machst du was falsch?«
    Sara hat nur ein bisschen das Gesicht verzogen.
    »Ich denke nur manchmal: Sie wollte immer Schauspielerin werden, und jetzt ist sie es«, sagte ich. »Sie wurde, was sie unbedingt werden wollte. Das war bei uns nicht so.«
    Wir bestellten eine neue Runde Prosecco.
    »Als meine Schwester im Hotel anfing«, sagte Katja und sah dabei den Bläschen in ihrem Glas zu, »war ich neun Jahre alt. Ich fand es toll, wie sie geschminkt war. Jeden Morgen ist sie raus im Kostüm. Das wollte ich auch. Damals war ich zu klein für ihre Geschichten. Sie hat mir nie etwas erzählt. Aber als ich dann selber ins Hotel ging, da hätte sie doch was sagen können.« Katja schüttelte den Kopf und leerte das Glas in einem Zug.
    »Hast du sie mal gefragt, warum sie nichts gesagt hat?«, fragte ich.
    Katja verneinte. »Ich dachte immer, vielleicht habe nur ich diese ganzen Sachen erlebt.«
    »Und da heißt es immer, wir Frauen reden über alles«, meinte Sara, »ich habe mit meiner Schwester ja auch nie über das gesprochen, was im Hotel so passiert. Und mit meiner Mutter erst recht nicht.«
    Die Kellnerin brachte uns die dritte Runde Prosecco.
Ich hob das Glas: »Wir schwören, von nun an darüber zu reden. Damit es besser wird.«
    »Es lebe die Revolution«, sagte Katja und lachte.
    »Okay, wir sagen es allen«, rief Sara so laut, dass die Kellnerin, die schon wieder auf dem Rückweg war, sich umdrehte und zu uns herüberlächelte.

Danke
    Bedanken möchte mich bei Isabel Canet und Matthias Stolz, die mir dabei geholfen haben,
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