Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung
Autoren: Julie Kagawa
Vom Netzwerk:
aufbewahren, was immer ich will. Und jetzt verzieh dich, bevor ich Lucas sage, er soll dich mit einem Tritt in deinen dürren weißen Arsch hier rausbefördern.«
    Rat kicherte hämisch. Er war noch nicht lange Teil unserer Gruppe, erst seit ein paar Monaten. Angeblich war er aus einem anderen Sektor gekommen und seine alte Gang hatte ihn rausgeworfen, den Grund dafür hatte er aber nie verraten. Meiner Meinung nach lag es daran, dass er ein verlogener, diebischer Mistkerl war. Hätten wir im letzten Winter nicht zwei unserer Mitglieder verloren, wäre Lucas wohl nie auf die Idee gekommen, dass er bleiben durfte. Patrick und Geoffrey, zwei nicht registrierte Brüder, waren so wagemutig gewesen, dass es schon an Dummheit grenzte. Sie hatten immer damit geprahlt, dass die Vampire sie niemals erwischen würden. Sie seien zu schnell, behaupteten sie immer. Kannten all die guten Fluchttunnel. Und dann, eines Nachts, gingen sie auf die Suche nach Essen, wie immer eben … und kehrten nie mehr zurück.
    Rat schob mit dem Fuß das Buch aus dem Weg, kam zu mir rüber und baute sich drohend vor mir auf. »Du hast eine ganz schön große Klappe, Allie«, stellte er leise fest. Sein heißer Atem roch faulig. »Pass bloß auf. Lucas kann nicht ständig da sein, um dich zu beschützen. Vergiss das nicht.« Er beugte sich so weit vor, dass er mir eindeutig zu nahe kam. »Und jetzt verschwinde, bevor ich dir eine runterhaue, dass du quer durch den Raum fliegst. Wäre doch schade, wenn du vor deinem Freund das Heulen anfängst.«
    Er versuchte, mich beiseitezuschieben. Ich wich ihm aus, machte einen Schritt nach vorne und rammte ihm so fest ich konnte die Faust auf die Nase.
    Kreischend wich Rat zurück und schlug die Hände vors Gesicht. Stick hinter mir schrie auf. Rat blinzelte die Tränen weg, fluchte derb und versuchte es mit einem ungeschickten, laschen Schlag gegen meinen Kopf. Wieder wich ich aus und schubste ihn gegen die Wand. Mit einem dumpfen Knall schlug sein Kopf gegen den Putz.
    »Verschwinde aus meinem Zimmer«, knurrte ich, als Rat benommen an der Wand herabglitt. Stick hatte sich in eine Ecke geflüchtet und war hinter dem Tisch in Deckung gegangen. »Verschwinde und bleib weg, Rat. Wenn ich dich noch einmal hier drin erwische, wirst du dich den Rest deines Lebens durch einen Strohhalm ernähren, das schwöre ich dir.«
    Rat rappelte sich auf, wobei er einen roten Fleck an der Wand hinterließ. Er wischte sich die Nase ab, schleuderte mir noch ein paar Beleidigungen entgegen und taumelte Richtung Tür; dabei konnte er es sich nicht verkneifen, noch einen Stuhl umzutreten. Sobald er draußen war, knallte ich die Tür hinter ihm zu und schloss ab.
    »Arschloch. Widerlicher, verlogener Dieb. Aua.« Stirnrunzelnd musterte ich meine Faust. Ich hatte mir an Rats Zahn die Knöchel aufgerissen, es fing schon an zu bluten. »Igitt. Na großartig, hoffentlich habe ich mir nicht irgendwas Ekliges eingefangen.«
    »Er wird stinksauer sein«, stellte Stick in seinem Versteck hinter dem Tisch fest. Er war bleich und wirkte völlig verängstigt. Ich schnaubte nur.
    »Na und? Soll er doch irgendwas versuchen. Dann breche ich ihm eben noch mal die Nase.« Ich holte einen Lappen aus dem Regal und drückte ihn auf die Wunde. »Ich habe es satt, mir seinen Mist anzuhören, der glaubt doch, er könnte sich alles erlauben, nur weil er größer ist als ich. Das war schon längst überfällig.«
    »Aber er könnte es an mir auslassen«, sagte Stick, und sein vorwurfsvoller Ton brachte mich sofort wieder auf die Palme. Als hätte ich vor allem daran denken sollen, welche Auswirkungen das auf ihn hatte.
    »Dann verpass ihm einen Tritt vors Schienbein und sag ihm, er soll sich verpissen«, erwiderte ich, schleuderte den Lappen ins Regal zurück und hob vorsichtig das malträtierte Buch auf. Der Deckel hatte sich vollständig abgelöst und die erste Seite war zerrissen, doch ansonsten schien es intakt zu sein. »Rat hat es auf dich abgesehen, weil du es dir gefallen lässt. Wehr dich, dann lässt er dich auch in Ruhe.«
    Stick verfiel in brütendes Schweigen und ich schluckte meinen Zorn hinunter. Er würde sich niemals wehren. Stattdessen würde er das tun, was er immer tat: zu mir gerannt kommen und erwarten, dass ich ihm half. Seufzend ging ich neben einer Plastikbox an der Rückwand des Zimmers auf die Knie. Normalerweise verbarg ich sie unter einem alten Laken, aber Rat hatte es in eine Ecke geschleudert. Wahrscheinlich hatte er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher