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Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer

Titel: Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
Autoren: Mark Billingham
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anrufen wollen. Kein Problem, wenn es später wird, okay?«
    Nachrichten auf Thornes Anrufbeantworter, als er nach Hause kam: Louise, Tante Eileen, Yvonne Kitson.
    Thorne rief keinen zurück. Er wollte nicht mit ihnen telefonieren, war nicht dazu in der Lage. Es gab nur einen Menschen, mit dem er unbedingt sprechen wollte.
    Er konnte sich nicht daran erinnern, wie er das Büro verlassen hatte oder nach Hause gekommen war und der Katze das Futter in die Schüssel gekippt hatte. Er wanderte von Zimmer zu Zimmer, als befände er sich im Halbschlaf, schaltete den Fernseher ein und wieder aus. Er stand da und schaute seine Wohnung an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen. Wie die Ecke dort in die Decke überging. Und der Winkel dieser Tür war irgendwie seltsam.
    Er lief durch die Wohnung und dachte an Arkan Zarif.
    Vor zweieinhalb Jahren hatte Thorne in einer Serie von Bandenmorden ermittelt, eine Ermittlung, in der es plötzlich auch darum ging, den Mann zu finden, der 1984 auf einem Spielplatz ein junges Mädchen angezündet hatte.
    Ein Fall, der viele Leben kostete, bevor er abgeschlossen war. Und obwohl ein gewisses Maß an Gerechtigkeit geübt worden war, war der für die meisten Morde verantwortliche Mann unbehelligt davongekommen.
    Vielleicht hatte er selbst etwas Gerechtigkeit geübt.
    Die Zarif-Familie besaß Restaurants und Minicabunternehmen, aber ihr Haupteinkommen stammte aus anderen Quellen - Menschenhandel sowie Heroinimport und -handel. Nach außen hin führten Memet, Tan und Hassan Zarif die Geschäfte, doch sämtliche Entscheidungen traf ihr Vater: »Baba« Arkan Zarif.
    Zarif hatte zusehen müssen, wie viele aus seinem engsten Umfeld starben oder ins Gefängnis wanderten, wie seine Geschäfte unter den Aktivitäten Thornes und anderer litten. Aber er hatte Maßnahmen ergriffen, um sich zu schützen, und leitete weiter sein bescheidenes Familienrestaurant: wählte das Fleisch aus, bereitete mit Sorgfalt das gewürfelte Lammfleisch und die köstlich gewürzten Milchpuddings zu. Er war unberührbar geblieben.
    Und das Leben, das Geschäft , war wie gehabt weitergelaufen …
    Thorne hatte ihn nur einmal aufgesucht, als die Ermittlung so gut wie zu Ende war. Er hatte ihm klarzumachen versucht, dass er zu denen gehörte, die ihre Sachen lieber zu Ende brachten. Er hatte dem Alten die Stirn geboten, leere Drohungen von sich gegeben und über Ehre gesprochen.
    Später führten seine Schritte dazu, dass ein Mann, den Zarif hatte schützen wollen, ermordet wurde. Und einen Monat darauf starb Thornes Vater bei einem Wohnungsbrand.
    Seitdem hatte Thorne jenes Gespräch mit Arkan Zarif unzählige Male in seinem Kopf durchgespielt. Hatte dabei jedes Lächeln, jede Bewegung dieser kräftigen Schultern vor sich gesehen.
    »Ich nehme mein Geschäft sehr ernst«, hatte Zarif gesagt.
    Thorne war es nicht gelungen, seinen Vater zu beschützen, obwohl er gewusst hatte, dass sein alter Herr nicht mehr ordentlich für sich sorgen konnte. Und so lebte er seither mit der schrecklichen Gewissheit, dass der Tod seines Vaters seine Schuld war, unabhängig davon, ob das Feuer zufällig ausgebrochen war oder nicht.
    Allein die Erwähnung von Zarifs Namen in dem Verhörraum hatte genügt. Sein Mund war sofort staubtrocken gewesen, und er hatte diesen säuerlichen Geschmack in der Kehle gespürt. Es war schon schlimm genug gewesen, mit dieser Unsicherheit über den Tod seines Vaters leben zu müssen. Aber noch schlimmer war die Vorstellung herauszufinden, was tatsächlich vorgefallen war. Er war sich nie sicher, was er zu finden hoffte.
    Jetzt lief er zwischen seinen Möbeln umher und wartete darauf, was kommen würde. Wenn Kemal recht hatte, hatte Arkan Zarif eine weitere Familie zerstört und indirekt noch weitaus mehr Menschen ins Unglück gestürzt. Thorne hatte das Gefühl, dass vielleicht das die Chance war, eine Sache zu Ende zu bringen.
    Allerdings bereitete ihm das eher Angst als Freude.
    Brooks rief kurz vor zehn Uhr an.
    »Es ist vorbei«, sagte er.
    Thorne wusste sofort, was Brooks meinte. Der Polizeibeamte, mit dem er heute gesprochen hatte, hatte die falsche Entscheidung getroffen. Oder zu lange gewartet, die richtige Zeit zu treffen. Thorne empfand nicht mehr, als hätte man ihm soeben gesagt, morgen sei mit Regen zu rechnen. »Nein«, antwortete er. »Es ist noch nicht vorbei.«
    »Ich bin müde. Es ist mir egal.«
    »Sie müssen mir zuhören«, sagte Thorne. »Sie glauben mir doch, dass niemand diese Anrufe
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