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Die Aussortierten (German Edition)

Die Aussortierten (German Edition)

Titel: Die Aussortierten (German Edition)
Autoren: Udo Brandes
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    1.       Kapitel
     
    Ärger im Edelrestaurant
     
    „Bleibt nur noch die Frage zu klären wo.“
     
    „Wie wär’s mit der Muskatnuss?“
     
    „Top! Den Laden nehmen wir! Besser geht’s gar nicht. Mit `nem bisschen Glück erwischen wir da sogar das Oberbürgermeisterchen. Das wird ein Fest!“
     
     
     
    Das Restaurant „Die Muskatnuss“ gilt als eines der besten Restaurants von Oldenburg. Ob es dies auch wirklich ist, darüber sind sich zumindest die Profi-Köche in Oldenburg uneins. Einigkeit herrscht aber darüber, dass die Muskatnuss das teuerste Restaurant von ganz Oldenburg ist und dass der Inhaber zweifellos etwas von Marketing versteht. Denn in seinem Hause verkehren nur selten Gäste, deren Monatseinkommen unter 10.000 Euro liegt. So waren auch an diesem bedeckten, aber trockenen und kalten Märzabend, einem Freitag, wieder viele gut betuchte Gäste in der Muskatnuss zu Gast. Dieses Mal handelte es sich um eine geschlossene Gesellschaft, die, trotzdem sie nur etwa 20 Personen umfasste, nahezu das ganze Restaurant ausfüllte. Denn nach dem Motto „Klein aber fein“ verfügte die Muskatnuss nur über etwa 25 Plätze.
     
    Bei der geschlossenen Gesellschaft handelte es sich um einen informellen Kreis Oldenburger Honoratioren, der sich regelmäßig unter dem ebenso informellen aber fraglosen Vorsitz von Dr. Karl-Heinz Bretendorp traf. Bretendorp, Diplom-Kaufmann, wurde von Insidern gern als „der Gott der Oldenburger Wirtschaft“ bezeichnet. Denn er war zweifellos der einflussreichste Bankvorstand in Oldenburg. Es gab in Oldenburg nahezu kein Gremium von Belang, in dem Bretendorp nicht Mitglied war. Mit Ausnahme des Stadtrates natürlich. In solchen Gremien, in dem er sich mit den Repräsentanten des gewöhnlichen Volkes, die sich aus seiner Sicht leider auch kaum von diesem unterschieden, hätte abgeben müssen, in solchen Gremien hätte Dr. Bretendorp nie auch nur eine Minute verbracht. Geradezu absurd der Gedanke, „mit Kommunisten an einem Tisch sitzen zu müssen“. Es reichte schon, dass man diesen Gestalten bei einigen gesellschaftlichen Anlässen nicht aus dem Weg gehen konnte und deren Anwesenheit ertragen musste.   Außerdem hatte man ja nicht ohne Grund den amtierenden Oberbürgermeister im Wahlkampf großzügig unterstützt. Er sollte gefälligst dafür sorgen, dass der Stadtrat auf Kurs blieb, was zugegebenermaßen oft nicht einfach war. Weshalb der OB in der Honoratiorenschaft, was seine politischen Fähigkeiten anging, trotz seines jungen Alters durchaus Ernst genommen wurde, denn er schaffte es recht gut, den Stadtrat im Ruder zu halten.
     
    Es war gegen 21 Uhr. Gerade war der zweite Gang aufgetragen worden. Dr. Bretendorp hatte sich für Kalbsfiletscheiben mit frischem Thunfischtartar und Rosmarinkartoffeln entschieden. Dazu einen rheinhessischen Riesling, den er gerade zu einem Trinkspruch erhob. „Meine Herren, ich freue mich, dass wir in unserem kleinen aber nicht unfeinen Krei......“. In diesem Moment betraten circa acht vermummte Gestalten in blauen Kapuzenpullis und Jeans unter ohrenbetäubenden Lärm das Restaurant. Alle waren maskiert mit einer weißen Maske, hatten die Kapuze über den Kopf gezogen und trugen weiße Handschuhe. Auf der Rückseite des Kapuzenpullis war „Die Aussortierten“ zu lesen. Einer der Gruppe schlug mit einem hölzernen Kochlöffel auf eine Art Blechteller und machte damit einen Höllenlärm. Der Maskierte, der als letzter hereinkam, machte Fotos von der Aktion mit einer digitalen Kamera. Das ganze Restaurant war von einer Sekunde zur anderen wie zu Eis erstarrt. Die Gruppe hatte mühelos die ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der Anführer der Gruppe teilte den Gästen mit, dass es sich bei Ihnen um Hartz-4-Empfänger handele. Und man werde jetzt mit den Gästen Hartz-4-Bedarfsgemeinschaften gründen, um sich „wiedereinzugliedern in die Gesellschaft“. Kaum hatte der Anführer diese Worte gesprochen, hatte auch schon jeder der Maskierten eine Plastikgabel in der Hand und fing an sich bei einem der Gäste vom Teller zu bedienen. Dr. Bretendorp schaute zunächst fassungslos zu, wie der Anführer der Gruppe sich mit der mitgebrachten Gabel an seinen Kalbsfiletscheiben zu schaffen machte und einen Bissen durch den Schlitz in der Maske zu sich nimmt. Dann explodierte er. Mit einem Faustschlag auf den Tisch, der die Gläser fast zum Umfallen brachte, platzte es aus ihm heraus: „Was bilden Sie sich ein! Machen Sie, dass Sie
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