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Töte, Bajazzo

Töte, Bajazzo

Titel: Töte, Bajazzo
Autoren: Jason Dark
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war der Spiegel voller Blut gewesen. Wenn es gestimmt hätte, dann hätte es jetzt auch darauf sein müssen, aber es hatte doch gestimmt. Sie hatte es sich nicht eingebildet, zum Henker.
    Nichts war davon zu sehen.
    Sie sah sich selbst, und sie erkannte dabei, wie bleich sie geworden war.
    »O Gott, das ist ja schrecklich«, flüsterte sie. »Wie ich aussehe, schlimm!«
    »Sie waren für kurze Zeit bewußtlos«, sagte der Mann und lächelte sie von der Seite her an.
    »Ach ja…? Wie lange denn?«
    »Höchstens eine Minute.«
    Mirella nickte und erkundigte sich dann, ob sie ein Glas Wasser haben könnte.
    Der Keeper wieselte davon. Innerhalb kurzer Zeit brachte er das Gewünschte. Mit einer langsamen Bewegung strich die Sängerin ihr Haar zurück. Dabei verzogen sich ihre Lippen zu einem Lächeln, und auf der Stirn bildete sich ein faltiges Muster. Sie trank zwei Schlucke, stellte das Glas wieder weg und drehte sich auf dem Barhocker sitzend nach links, wo der blonde Mann stand, der sich um sie so besorgt gezeigt hatte.
    »Da muß ich mich wohl bei Ihnen bedanken, Signore.«
    »Warum?«
    »Sie haben mich davor bewahrt, zu Boden zu stürzen.«
    »Aber nicht doch. Ich habe Sie nicht einmal großartig zu halten brauchen. In diesem kurzen Moment der Schwäche sind Sie nach vorn gefallen, zur Bar hin, es hat nur ein zerstörtes Glas gegeben, das ist alles.«
    »Si«, sagte sie sinnierend, »das ist alles.« Sie betrachtete wieder den Spiegel und kriegte eine Gänsehaut, was der blonde Mann an ihrer Seite sehr genau registrierte. Er war es dann auch, der die Initiative ergriff und sie ablenkte.
    »Sie gestatten, daß ich mich vorstelle, Signora?«
    »Bitte.«
    »Ich heiße Sinclair, John Sinclair…«
    ***
    Nach diesen Worten mußte ich lächeln, weil ich ihr etwas erstauntes Gesicht sah. »Haben Sie was, Signora?«
    »Nein, doch«, verbesserte sie sich. »Ich habe gewußt, daß Sie kein Italiener sind und habe jetzt die Bestätigung.«
    »Ich bin Engländer.«
    »London?«
    »Richtig.«
    Die Sängerin trank einen kleinen Schluck Wasser und geriet danach ins Schwärmen. »London ist eine wunderbare Stadt. Ein Ort mit Atmosphäre. Künstler können sich dort wohl fühlen. Ich habe in London gastiert und bin in den freien Tagen des öfteren durch das Westend gegangen, wo das Leben pulsiert, wo Ideen und Trends entstehen, die einfach unbeschreiblich sind.«
    »Danke für das Kompliment.«
    »So sehen Sie Ihre Stadt sicherlich nicht?«
    »Nein, nicht direkt, aber das tut wohl keiner, wenn er an seine eigene Stadt denkt.«
    »Ich schon.« Sie nickte gelassen.
    »Sie sind auch Künstlerin?« erkundigte ich mich.
    In einer etwas theatralischen Geste breitete sie die Arme aus. »Pardon, Signore Sinclair, wenn ich mich nicht vorgestellt habe. Ich bin Sängerin, mein Name ist Mirella Dalera.«
    »Oper?«
    »Si.«
    »Dann habe ich Ihren Namen schon gelesen und auch gehört. Die Scala ist schon gespannt auf die Aufführung des Bajazzo.«
    »Nicht nur Sie, Signore Sinclair. Ganz Mailand vibriert. Das ist hier immer so. Es gibt drei Dinge, die für die Region wichtig sind. Die Mode, die Innovationen der Designer und die Oper. Davon lebt diese Stadt, und es sind auch genau diese drei Dinge, die immer wieder zahlreiche Touristen anziehen, obwohl Mailand für mich nicht italienisch ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Überhaupt nicht.«
    »Was ist denn Italien?« fragte ich.
    Mirella antwortete mit schwärmerisch klingender Stimme. »Der Süden, Signore Sinclair. Einfach nur der Süden. Sie glauben gar nicht, wie herrlich es sich unter der Sonne leben läßt.«
    »Das klingt, als wären Sie dort aufgewachsen?«
    »Bin ich auch.« Sie lächelte mich an und legte eine Hand auf die meine.
    Ich sah, daß sie sehr schlanke Finger hatte. An einem funkelte ein Diamantring. »Sie haben nicht zufällig mit diesem Geschäft zu tun?«
    »Sie sprechen von der Oper?«
    »Ja, die meine ich.«
    »Da muß ich Sie enttäuschen, mich haben andere Dinge in diese Stadt geführt.«
    Mirella Dalera lachte auf. »Das tut gut, das tut mir wirklich gut. Ich bin froh darüber.«
    »Wieso denn?«
    Sie zog ihre Hand wieder zurück und schaute dabei auf den leichten Schauer, den sie auf meinen Fingern hinterlassen hatte. »Es kann einen Menschen nerven, wenn er nur damit konfrontiert wird. Am Morgen die Proben, die sich bis zum Mittag hinziehen. Am Nachmittag die Presse und immer die gleichen Fragen. Wie ist die Stimme, Signora? Wie fühlen Sie sich? Kommen Sie mit dem
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