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Töte, Bajazzo

Töte, Bajazzo

Titel: Töte, Bajazzo
Autoren: Jason Dark
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an einem Punkt angelangt waren, wo die Mitwirkenden die Nerven behalten mußten, denn es reichte, wenn der Regisseur sie verlor.
    Der vergangene Tag hatte etwas davon gezeigt. Da hatte dem Regisseur nicht gefallen, wie der Bajazzo spielte, und der gute Mann hatte einen Wutanfall bekommen. Als Sänger war Dario Coppa zwar gut, als Schauspieler jedoch weniger, das wußte Mirella, auch wenn sie ihre Meinung nie offen geäußert hatte.
    Der Regisseur und der Sänger hatten sich schließlich geeinigt. Coppa mußte in den folgenden Tagen bei einem renommierten Lehrer Schauspielunterricht nehmen. Ausgerechnet am frühen Morgen, was überhaupt nicht Coppas Zeit war.
    Die Dalera war müde aus dem Taxi gestiegen und hatte mit schleppenden Schritten die Hotelhalle betreten. Den mit Pelz gefütterten weiten Mantel hatte sie lässig über die Schultern gehängt, ebenso die Tasche. Sie trug Jeans, einen beigen Kaschmir-Pullover, und ihr schwarzes Haar umrahmte den Kopf wie eine wolkige Hut.
    Eine Diva betrat die Halle des Luxus-Hotels, und es gab nicht wenige Blicke, die sich auf sie richteten. Glücklicherweise keine Kamera-Objektive, denn an diesem Tag war die Presse ausgeschlossen. Die Dalera ging durch die große Marmorhalle zur Rezeption und bat um ihren Zimmerschlüssel, den man ihr mit einem strahlenden Lächeln aushändigte. Etwas müde lächelte sie zurück, drehte sich um und überlegte, ob sie sofort hoch in ihr Zimmer fahren oder lieber an der Bar einen Drink nehmen sollte.
    Sie entschied sich für den Drink.
    In der Bar war es angenehm ruhig. Das Klavierspiel aus der Halle erreichte sie nur gedämpft. Hier konnte sie aufatmen, und im sanften Licht entspannen.
    Zwei Tische waren belegt, aber die Theke war ziemlich frei. Im Hintergrund saß ein blonder Mann und nuckelte an seinem Drink. Er schaute sie interessiert an, lächelte knapp, und sie lächelte zurück.
    Nicht weit von dem einsamen Gast entfernt blieb sie stehen, ließ den Mantel von ihren Schultern gleiten und legte ihn auf den Nachbarhocker.
    Dabei betrachtete sie sich im Spiegel.
    Abgespannt sah sie aus. Leichte Ringe zeichneten die Haut unter den Augen. Die Lippen wirkten blaß, aber sie wollte sich jetzt nicht schminken. Ihre Nase sah gut aus nach der letzten Korrektur, denn schon als Kind war sie der Meinung gewesen, eine zu große Nase zu haben. Jetzt war sie zufrieden.
    Mirella hatte noch nicht richtig Platz genommen, da wieselte der Keeper herbei.
    »Ich wünsche einen guten Abend. Wie immer, Signora?«
    »Ja, einen Martini.«
    »Sofort.«
    Sie stieß die Luft aus, der Drink wurde schnell serviert, und die Sängerin leerte das Glas mit einem Zug. Danach zerkaute sie langsam die grüne Olive, bestellte dann ein Bier, denn sie hatte Durst bekommen.
    Man servierte es in der Flasche. Der Keeper schenkte ein, er lächelte, aber er stellte keine Fragen, wofür ihm die Diva dankbar war, denn sie wollte nicht über ihren Job reden, der turnte sowieso durch ihren Kopf.
    Sie bedankte sich mit einem Nicken, hob das Glas an und trank den ersten Schluck. Dabei spürte sie den Schaum an der Oberlippe, schloß die Augen, trank weiter und ließ ihre Gedanken baumeln. Sie wollte einfach nur entspannen, und das Bier rann wie ein kalter Strom die Kehle hinab, was eigentlich nicht gut für die Stimme war, doch das kümmerte sie an diesem Abend nicht.
    Als Mirella das Glas absetzte, da hatte auch der blonde Gast sein Bierglas geleert. Er bestellte eine neue Hasche, lächelte zu Mirella hinüber, und sie nickte.
    »Erschöpft?« fragte der Mann.
    »Ein wenig.«
    »Da tut ein Schluck immer gut.«
    »Das können Sie sagen.«
    Es war ein banaler Dialog gewesen, er hatte ihr trotzdem gutgetan nach der Hektik des Tages. Mirella ertappte sich dabei, daß sie über diesen Mann nachdachte. Er war Ausländer, und sie überlegte, aus welchem Land er wohl stammte.
    War er aus den Staaten, England, vielleicht aus Deutschland?
    Sie wußte es nicht, schaute in den Spiegel der Bar, der sich über den Hälsen der Flaschen erhob, entdeckte wieder ihr eigenes Spiegelbild, das ihr aber seltsam verschwommen vorkam.
    Die Sängerin zwinkerte.
    Hatte sie was mit den Augen?
    Nein, sicherlich nicht. Bis zum heutigen Tag war alles normal gewesen.
    Warum, zum Henker sah sie sich selbst nur so verschwommen? Das mußte einen Grund haben. Wieder sah sie hin.
    Das Bild blieb – und es hatte sich gleichzeitig verändert, denn es war etwas hinzugekommen.
    Hinter ihr, in der Spiegelfläche gefangen,
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