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Tödliches Paradies

Tödliches Paradies

Titel: Tödliches Paradies
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und Probleme haben sollten …«
    »Sehr erfreut!« sagte Pichler strahlend. Er schüttelte ihm die Hand, daß Tim die Finger schmerzten. »Vielleicht gehen wir einen Moment in mein Büro, gnädige Frau. Dann können wir die Geschichte gleich erledigen.«
    Die Geschichte? – Heiliger Strohsack, welche Geschichte?
    Tim war Allgemeinarzt in einer Gemeinde, die zur Hälfte aus gestandenen oberbayerischen Bauern und zur anderen aus spinösen, reichen Rentnern bestand. Er hatte somit nicht nur gespaltene Forstarbeiterdaumen, die verschiedensten Formen des Alkoholmißbrauchs und gebrochene Nasenbeine nach Wirtshausprügeleien zu kurieren, sondern auch Pensionisten-Wehwehchen aller Art. Gefragt war sein ewig dienstbereites, alles verstehendes, sonniges Landarztgemüt.
    Davon hatte er heute genug an den Tag gelegt. Gehörte wirklich auch noch dazu, daß er an seinem dienstfreien Mittwoch die Helene Brandeis von der Beerdigung ihrer Cousine Marie-Luise nach Hause chauffierte?
    Natürlich mochte er die Helene. Sicher war sie ein imponierendes Weib, und nicht nur, weil sie Zigarillos rauchte und in ihrer alten Villa auf dem Hügel ein halbes Katzen-Asyl unterhielt, sondern weil die alte Dame große Klasse hatte, eine Klasse, die sie nicht zuletzt bei den großen Honoraren bewies. Aber das hier!
    Tim balancierte mit Mühe auf dem Rand eines himbeerfarbenen Sessels, denn im Polster versank man wie in einem Daunenbett. In seinem regen- und sturmumtobten Büro zeigte inzwischen dieser ungemein dynamische Herr Pichler mit der eleganten Haartolle, die er sich immer wieder aus der Stirn strich, was er konnte.
    »Aber selbstverständlich, gnädige Frau. Einer so werten, seit Jahren so treuen Kundin wie Ihnen werden wir natürlich entgegenkommen, wie es nur irgendwie geht. Das sagte ich Ihnen ja bereits am Telefon.«
    »Sie sagten nicht, so weit es irgendwie geht, Herr Pichler.«
    Steil aufgerichtet hatte sich Helene, drohend stieß der Zigarillo in Richtung Pichlers Brust. Gerade und knallhart blickten ihre kornblumenblauen Augen: »Sie sagten, das wird anstandslos geregelt.«
    »Aber gewiß, gnädige Frau.« Pichlers Gesicht nahm den Ausdruck eines Mannes an, der gelernt hatte, unabwendbare Niederlagen früh zu erkennen. »Sie wollen also Ihre Formentor-Buchung stornieren?«
    »Stornieren? Nichts will ich stornieren … Sie haben mir wieder mal überhaupt nicht zugehört, Herr Pichler! Ich sagte Ihnen doch am Telefon, daß meine arme Cousine Marie-Luise ganz überraschend … Nun, ihr Herz war nie ganz in Ordnung, und obendrein war sie immer verrückt nach Schwarzwälder Kirsch und so Zeug … – äh verschied … Ich hab' immer gesagt: Marie-Luise! In deiner Lage hilft nur eines, abspecken! Ja nun … Jetzt ist es zu spät.«
    Pichler rang die Hände: »Ein sehr tragischer Anlaß, der Sie zu mir führt. Ich weiß.«
    Er erntete einen Blick voll vernichtender Skepsis. »Sie? Nichts wissen Sie. Marie-Luise war die einzige, die mit meinen Viechern, mit den Katzen und Hunden umgehen konnte. Deshalb sollte sie ja zu mir auf den Hügel kommen. Denn dem Putzer, meinem Gärtnerchauffeur, ist so was nicht zuzutrauen. Der ist da völlig überfordert. Dem kann ich die Kleinen gerade mal für die Zeit einer Beerdigung überantworten. Deshalb hat der Doktor mich ja auch gefahren.«
    Pichler schien nun gleichfalls überfordert. Er blies sich die Haare aus der Stirn.
    »Also, um was es jetzt geht, Herr Pichler: Ich will, daß meine Formentor-Buchung auf den Herrn Doktor hier übertragen wird. Wir brauchen also nicht mehr eine Suite für eine Einzelperson, nein, wir nehmen eine Doppelsuite. Damit machen Sie auch noch einen hübschen Schnitt, oder? Zwei Buchungen, Herr Pichler! Und zwar für den Doktor – und seine Frau. Und am Samstag fliegen die beiden los.«
    Tim schluckte. Er hob die Hand. Er war nun wirklich nervös geworden. Doch wer kam gegen eine Helene Brandeis schon an?
    »Den Scheck, den schreib' ich Ihnen hier gleich aus, Herr Pichler. Wichtig ist nur, daß der Doktor seine Papiere und die Tickets gleich mitnehmen kann. Den Formentor-Aufenthalt schenk' ich ihm nämlich zu seinem Hochzeitstag. Verstehen Sie jetzt?«
    Pichler bemühte sich heftig. Er strahlte noch mehr. Tim wiederum kapierte noch immer kein Wort.
    »Wenn es jemand gibt, der Formentor verdient hat –«, tönte Helene Brandeis' rauhe Stimme, während sich ihre rechte Hand zum Schwur erhob, eine Hand mit ringgeschmückten Fingern, in der obendrein noch ein qualmender
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