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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe
Autoren: Amanda Cross
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attraktiv erscheinen? Ein englischer Dichter hatte es in einem Gedicht ausgedrückt, das Kate nach dem ersten Lesen nie wieder vergessen hatte:

    »Hinter alldem der Wunsch, allein zu sein: 24

    Auch wenn Einladungen den Himmel verdunkeln Auch wenn wir ausgetretenen Pfaden
    des Geschlechtlichen folgen
    Auch wenn die Familie sich fotografieren läßt unter dem Fahnenmast - Hinter alldem der Wunsch, allein zu sein.«

    Was soll’s, sagte sich Kate, während sie, eine Hand am Geländer, die Wendeltreppe hinunterkletterte. Meine kleine Hütte muß reichen.
    Ohne die geistige Anregung der Universität würdest du binnen einer Woche mit dir selbst schnattern wie eine alte Gans, Kate Fansler.
    »Die Akten sind ja gar nicht unter Verschluß«, sagte sie zu Max, der mit einem Tablett aus der Küche kam.
    »Ich weiß, und es bedrückt mich. Eine der Aufgaben, bei denen ich Sie dringend um Ihre Hilfe bitten möchte, ist die Suche nach einem Schlüssel. Es muß einen geben. Wir können nicht alles unverschlossen lassen – einer der Gründe, warum ich herkommen wollte.
    Zwar«, fügte er hinzu und goß für Kate Weißwein in ein wunderschönes Glas, »kann man die Akten ganz leicht per Knopfdruck einschließen, aber man möchte doch sicher sein, ohne die dramatische Hilfe eines Schweißbrenners wieder an sie heranzukommen.
    Auf Cecilys Papiere«, schloß er seine Rede und hob sein Glas, »und darauf, daß Sie mitgekommen sind und mir beistehen. Auf Ihr Wohl.«
    Noch nie in seinem Leben war Max einem persönlichen Kompliment so nahe gekommen, und Kate registrierte das erfreut. Sie saßen eine Zeitlang da und genossen den Wein und dieses besondere Nachmittagsleuchten, bevor der Tag sich neigt. Durch das Fenster konnten sie auf das Meer hinausblicken, nicht dorthin, wo die Wellen an die Felsen brandeten, sondern weit zum Horizont hin, wo die See ruhig und glitzernd lag – Kate fand, so müßte der Optimist den Ozean sehen.
    Max’ Gedanken schienen in die gleiche Richtung zu gehen.
    »Man sollte hinausgehen und zuschauen, wie die Wellen sich an den Felsen brechen, um wieder zu den irdischen Dingen zurückzukommen«, sagte er und stellte sein Weinglas mit einer gewissen Ent-schlossenheit ab. »Wollen wir ein wenig Spazierengehen, bevor die Sonne untergeht?«
    »Einer der Gründe, warum ich meine Wochenenden ohne Gäste verbringe«, sagte Kate, »ist die Tatsache, daß immer dann, wenn ich 25

    besonders faul bin, jemand auf die Idee kommt, irgendeine Strapaze auf die Tagesordnung zu setzen.«
    »So habe ich das nicht gemeint«, sagte Max und griff nach der Weinflasche. »Sie waren ein Engel, weil Sie mit mir hierhergekom-men sind. Niemand soll mir nachsagen können, ausgerechnet ich hätte jemanden zu körperlicher Anstrengung ermuntert. Das könnte meinen guten Ruf als verwöhntes Wesen in Gefahr bringen, und Sie machen sich keine Vorstellung, wie viele Jahre es mich gekostet hat, ihn zu etablieren.«
    Kate lachte und stand auf. »Was Ihre Tugenden angeht, haben Sie bei mir noch immer einen sehr gefestigten Ruf«, sagte sie. »Und mehr als das. Wer, außer einem derart wählerischen Stadtmenschen wie Sie, würde um moralische Unterstützung bitten, wenn er ein Haus wie dieses besucht? Lassen Sie uns zum Meer hinabschlendern.
    Ist es eigentlich eine emotionale Belastung?« fragte sie, als sie aus dem Haus traten. »Ich meine dieses Amt des literarischen Nachlaß-
    verwalters?«
    »Wenn Sie schon so scharfsinnig danach fragen: mehr, als ich geahnt hätte«, antwortete Max und blieb einen Moment auf der Veranda, oder wie immer man das heute nennt, stehen. »Ich habe Cecily bewundert, und für mich grenzt Bewunderung fast an Liebe, wie Sie sicher schon bemerkt haben. Sie nennen mich einen Snob, aber mir fällt es schwer, jemanden zu bewundern, den ich insgeheim verachte. Das ist, wenn Sie so wollen, meine Definition eines Liberalen.«
    »Hinter dem Begriff ›liberal‹ muß irgendeine verborgene Kraft stecken, ebenso wie hinter dem Begriff des ›Guten‹. Jedenfalls veranlaßt er gar zu viele Menschen, sich geringschätzig zu geben. Machen Sie sich nichts draus«, sagte Kate und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den gemähten Pfad zum Meer. Wirklich eine gute Idee, vor allem, wenn sie an ihre wuchernde Wiese dachte. Aber hier –
    kluge Cecily – führte der Pfad von ihr zum Meer und offensichtlich nicht von anderswo zu ihr hin. Max, der ihrem Blick gefolgt war, mißverstand ihre Gedanken.
    »Es ist ungewöhnlich, daß jemand
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