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Tödliches Abseits (German Edition)

Tödliches Abseits (German Edition)

Titel: Tödliches Abseits (German Edition)
Autoren: Jan Zweyer
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Mann fest!«, brüllte der Hauptkommissar und folgte dem Flüchtigen auf den Bahnsteig.
    Die uniformierten Beamten reagierten sofort. Drei von ihnen liefen dem Betrunkenen nach, der vor lauter Aufregung und auf Grund seines Alkoholpegels erneut über seine Beine stolperte und schwer hinschlug. Sofort waren zwei der Polizisten über ihm, legten dem sich heftig Wehrenden Handschellen an und rissen ihn hoch.
    Schwer atmend erreichte Brischinsky die Gruppe. Für solche Übungen bin ich zu alt, dachte er.
    »Herr Droppe, Sie sind vorläufig festgenommen. Wegen Verdachts der Tötung von Klaus Kröger. Abführen.«
    »Ich war dat nich!«, schrie Droppe und wand sich im Polizeigriff. »Ich war dat nich. Bitte glauben Se mir doch.« Er begann, heftig zu schluchzen.
    »So, Heiner. Das war’s wahrscheinlich«, sagte Rüdiger Brischinsky befriedigt zu seinem Assistenten Baumann. »Der Wagen wird versiegelt. Ich gehe jetzt einen Kaffee trinken und du sorgst dafür, dass die Jungs auf der
nächsten Wache alle schön ihre Aussagen zu Protokoll geben.« Der Hauptkommissar zeigte auf die Fans beider Lager, die aufmerksam den Fluchtversuch des Dortmunders verfolgt hatten. »Und vergiss nicht, mit dem Zugführer zu sprechen.«
    Als Baumann zu einem vorsichtigen Protest ansetzen wollte, schnitt Brischinsky ihm das Wort ab. »Keine Widerrede. Wir treffen uns dann später im Präsidium.«
    Dem Fahrdienstleiter, der aufgeregt und mit rotem Kopf neben dem Zugführer stand, klopfte Brischinsky jovial auf die Schulter. »Jetzt können Sie den Wagen abkuppeln lassen. Und wenn ich mir die Größe Ihres Bahnhofs so ansehe, vermute ich, dass es außer Ihnen wahrscheinlich keinem aufgefallen ist, dass hier ein Zug etwas länger stand als üblich. Wiedersehen, meine Herren«, sagte der Hauptkommissar und ließ einen wütenden Fahrdienstleiter und einen in sich hineingrinsenden Zugführer auf dem Bahnsteig zurück.

5
    Im Alter von sieben Jahren hatte ihn sein Vater für die jüngste Knabenmannschaft des Vereins angemeldet. Zu seinem Geburtstag bekam er die ersten Fußballschuhe seines Lebens geschenkt, mit schraubbaren Stollen. Die Schuhe waren zwar zwei Nummern zu groß und hatten so halbwegs nur mit drei Paar Socken gepasst. Das tat aber seiner Begeisterung keinen Abbruch. Drei Monate später, zu Weihnachten, schenkten ihm die Eltern einen Trainingsanzug, Schienbeinschoner und einen Lederball. Er war außer sich vor Freude.
    Auf dem Trainingsplatz war er einer der Eifrigsten gewesen. Er rannte sich die Seele aus dem Leib, wenn Dauerlauf und Zwischenspurt trainiert wurden, beteiligte sich am Entengang, bis er seine Oberschenkel nicht mehr spürte, machte immer zwei, drei Liegestütze mehr, als der Trainer verlangte. Am liebsten aber spielte er mit dem Ball. Ecken und Elfer, Torschuss, fünf gegen einen, Trainingsspiele. Und an den Nachmittagen, an denen kein Training anstand, trafen sich die Knaben von Schalke 04 mit denen von Erle 09 auf dem Bolzplatz hinter der Schule, um weiterzukicken, mit selbst gestrickten Regeln wie ›Drei Ecken, ein Elfer‹, ›Spiel auf ein Tor‹ und ›Ohne Abseits‹.
    Trotz seines Trainingsfleißes wurde er aber nur selten für Pflichtspiele aufgestellt. Er war zu langsam. Die gegnerischen Spieler tricksten ihn mit einer Körpertäuschung aus, spitzelten den Ball links an ihm vorbei, dribbelten rechts herum, und wenn er sich fragte, wo sich Gegner und vor allem Ball befanden, waren sie bereits ein oder zwei Meter hinter ihm auf dem direkten Weg zum Tor. Bis er sich dann herumgedreht hatte und dem Gegner nachgespurtet war, hatte dieser den Ball meistens schon einem günstiger platzierten Mitspieler zugespielt.
    Das, meinte sein Trainer, käme vom Kopf. Er sei im Denken etwas zu langsam und deshalb reagiere er zu spät. Wenn er nur weiter trainieren würde, gäbe sich das sicherlich. Und er trainierte wie ein Besessener. Und verstand nicht, warum der Trainer ihn nicht aufstellte, obwohl er doch auch bei den älteren Jungs auf dem Bolzplatz immer mitspielen durfte. Ganz im Gegensatz zu Hubert, der zwar vom Trainer aufgestellt, nicht aber von den Älteren als Mitspieler akzeptiert wurde.
    Ihr Bolzplatz war durch einen hohen Zaun von der kanalisierten Emscher getrennt, die an dieser Stelle mit recht hoher Geschwindigkeit in einem Tunnel verschwand. Keiner der Jungen wusste, wo er endete. Allen Verboten zum Trotz hatten irgendwelche Kinder in diesen Zaun ein Loch geschnitten, um am Emscherufer gefährlichen anderen
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