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Tödliches Abseits (German Edition)

Tödliches Abseits (German Edition)

Titel: Tödliches Abseits (German Edition)
Autoren: Jan Zweyer
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wirklich.«
    Der Schalker Spieler Thon, der sich von den wütenden Protesten des Dortmunder Fanblocks nicht irritieren ließ, legte den Ball sorgfältig auf den Elfmeterpunkt und nahm Anlauf.
    »Schaaalke, Schaaalke, Schaaalke.«
    Der Schuss kam flach und platziert. Der Dortmunder Torwart flog in die rechte Ecke seines Kastens und machte sich lang und länger, konnte aber trotzdem nicht verhindern, dass der Ball wenige Zentimeter an seinen ausgestreckten Fingern vorbei ins Netz klatschte.
    Das Parkstadion tobte. Wildfremde Menschen fielen sich um den Hals, Konfettischnipsel regneten auf den Platz nieder, Leuchtraketen wurden gezündet.
    »Schaaalke, Schaaalke, Schaaalke.«
    Rainer Esch hüpfte wie von der Tarantel gestochen umher und schlug Cengiz auf die Schulter. »Hast du das gesehen? Hast du das gesehen?«, fragte er seinen Freund immer wieder und ignorierte dessen Nicken. »Das war ein Ding, was? Hast du das gesehen? Schaaalke, Schaaalke, Schaaalke!«
    »Das war in der 44. Minute das Eins-zu-Null für Schalke«, ertönte dröhnend und triumphierend die Stimme des Stadionsprechers aus den Lautsprechern. »Torschütze war die Nummer zehn: Olaaaaaf ...«
    »Thon«, ergänzten 40.000 und feierten den Torschützen mit stehenden Ovationen.
    Unmittelbar darauf schickte der Schiedsrichter, ohne das Spiel erneut angepfiffen zu haben, die Spieler in die Halbzeitpause.
    Esch ließ sich erschöpft auf seinen Platz fallen. »Einfach toll, das Spiel, was?«
    »Ich weiß nicht. Bis auf den Elfer habe ich von beiden Mannschaften nicht viel gesehen. Eigentlich hatten die Dortmunder sogar etwas mehr vom Spiel. Das Eins-Null war glücklich, würde ich sagen.«
    »Glücklich?«, schnaubte Rainer Esch verächtlich. »Ein klar herausgespieltes Tor! Schalke ist eindeutig überlegen. Und wenn der Schiri nicht wie vorhin so seltsame Entscheidungen getroffen hätte, könnten schon gut drei Tore mehr für uns gefallen sein. Aber der pfeift ja jeden Spielzug von uns ab. Cengiz, ich sage dir ...«
    »Halt die Klappe«, unterbrach ihn sein Freund. »Du bist ja kaum noch zurechnungsfähig. Ein klarer Fall von Massensuggestion.«
    Esch schwieg beleidigt und machte sich auf, trotz Cengiz’ eindeutig bewiesenen Fußballunverstandes, für sie beide Getränke und Bratwürste zu besorgen.
    Als Rainer kurz vor Ende der Pause wieder zu seinem Platz zurückkam, war sein Zorn verflogen und der Vorfreude auf die zweite Halbzeit gewichen, die allerdings ebenso ereignislos verlief wie der größte Teil des ersten Spielabschnittes.
    Nach dem Schlusspfiff sagte Cengiz auf dem Weg zu ihrem Wagen: »Ein Scheißspiel. Und so was nennt sich Derby.«
    »Wieso Scheißspiel?«, wunderte sich Rainer. »Wir haben doch gewonnen!«
    »Wieso wir? Schalke hat gewonnen.«
    »Sag ich ja. Drei Punkte gegen Dortmund geholt. Klasse! Einfach Klasse! Schaaalke, Schaaalke, Schaaalke!«
    2
    Der Dortmunder Fanblock musste nach Spielende noch eine gute halbe Stunde warten, bis Polizeibeamte die Leute durch eigens freigehaltene Ausgänge aus dem Stadion eskortierten. So sollte ein Aufeinandertreffen der verfeindeten Anhänger der beiden Vereine vermieden werden. Die Beamten begleiteten die Dortmunder bis zu den Parkplätzen und der Straßenbahnhaltestelle Parkstadion und verfrachteten sie dort in die Wagons, um sie am Gelsenkirchener Hauptbahnhof oder am Bahnhof Zoo wieder in Empfang zu nehmen und in die Züge nach Dortmund zu bugsieren.
    Der auf Grund langjähriger Erfahrung bis ins Detail ausgeklügelte taktische Plan der Gelsenkirchener Polizeiführung hatte nur einen kleinen, aber entscheidenden Nachteil: Die wirklichen Hooligans waren entweder schon zwanzig Minuten vor Spielende aus dem Stadion gesickert oder sie hatten erst gar nicht im Fanblock gestanden, weil sie ihre Karten nicht in den Dortmunder Verkaufsstellen, sondern auf quasi neutralem Terrain, in Castrop-Rauxel beispielsweise, erworben hatten.
    Außerdem waren diese auf Gewalt und Randale versessenen vorgeblichen Fans nicht so einfach als Hooligans zu identifizieren. Sie outeten sich in der Regel nicht durch die Bekleidung aus den Fanartikel-Shops, sondern verfügten bestenfalls über einen Schal in den Vereinsfarben, der im Bedarfsfall auch in der Jackentasche verschwinden konnte.
    Diese Gruppen waren es, die sich am erbarmungslo-
sesten gegenseitig bekämpften und regelrechte Treibjagden unternahmen. Per Internet verabredet und über Handy koordiniert. Und so häufig der Polizei logistisch ebenbürtig.
    Mit
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