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Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm
Autoren: Ben Elton
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Ziellinie, und schlappe zehn Minuten später kommen zwei knochige Weißbrote aus Glasgow um die Ecke.«
    Bissige Worte: bissig, provokant und kontrovers.
    »Ja, aber doch nur, weil...«, stammelte Layla, der klar war, dass sie diese schrecklichen Ansichten widerlegen musste.
    »Weil was denn bitte?«
    »Na ja... weil Schwarze sich aufgrund der Tatsache dem Sport zuwenden müssen, dass ihnen andere Möglichkeiten in unserer Gesellschaft verschlossen bleiben. Deshalb sind sie in Sachen physischer Aktivität überproportional vertreten.«
    Nun mischte sich Jazz ein, auch wenn er sich nicht auf Laylas Seite schlug. »Du willst also sagen, dass uns die meisten Weißen beim Laufen und Boxen und so was schlagen könnten, wenn sie nicht so sehr damit beschäftigt wären, Ärzte und Premierminister zu werden? Willst du das etwa sagen, Layles?«
    »Nein!«
    »Du bist hier die Scheißrassistin, Mädchen, das ist ja widerlich!«
    Layla sah aus, als müsste sie gleich weinen. Garry und Jazz lachten. Kein Wunder, dass die Zuschauer die beiden lieber mochten als Layla. Die meisten Zuschauer fühlten sich im Haus durch Gazzer und Jazz vertreten. Joviale, geerdete Machos, denen keiner was Vormächte. Harte Burschen, coole Jungs. Coleridge fragte sich nur, was die Zuschauer sagen würden, wenn sie diese Typen vierundzwanzig Stunden am Tag ertragen müssten? So wie die anderen Bewohner. Wenn ihre dreiste Arroganz Tag für Tag, Woche für Woche von Wänden und Decken widerhallte. Wie nervtötend wäre das? Wie sehr mochte irgendwer sie hassen? So sehr, dass er die beiden in irgendeiner Form angreifen würde? So sehr, dass er einen oder beide in die Defensive zwang? So sehr, dass er sie zu einem Mord provozierte?
    Aber Menschen ermordeten einander doch nicht, nur weil sie genervt waren, oder? Oh, doch. Coleridges Erfahrung nach taten sie genau das. »Genervt sein« war das verbreitetste Motiv von allen. Traurige kleine zwischenmenschliche Dispute wuchsen urplötzlich zu tödlichen Proportionen heran. Wie oft schon hatte Coleridge verzweifelten Familienvätern oder -müttern gegenübergesessen, während sie sich alle Mühe gaben, damit klarzukommen, was sie angerichtet hatten, nur weil sie genervt gewesen waren?
    »Ich konnte ihn nicht mehr ertragen. Ich bin einfach ausgerastet.«
    »Sie hat mich dazu getrieben.«
    Die meisten Morde geschehen im privaten Umfeld unter Leuten, die sich kennen, und ein privateres Umfeld als bei Hausarrest war kaum denkbar. Zum Zeitpunkt des Mordes kannten die Insassen einander ziemlich gut oder wussten zumindest das voneinander, was nach außen drang (was ohnehin nur das war, was irgendwer von irgendwem wissen konnte). Diese Leute taten buchstäblich nichts anderes, als Tag und Nacht in jedem wachen Augenblick mit- und übereinander zu reden.
    Vielleicht war einer von ihnen einfach so nervtötend geworden, dass er deshalb zu Tode kam?
    Aber sie waren alle nervtötend. Oder waren es zumindest für Coleridge. Jeder Einzelne dieser Leute mit ihren trainierten Bäuchen und den nackten Ärschen, ihren Bizepsen und Trizepsen, ihren Tattoos und Nippelringen, ihrem gemeinsamen Interesse an Sternzeichen, ihren endlosen Umarmungen und Berührungen und vor allem ihrem vollständigen Mangel an echter intellektueller Neugier auf irgendetwas auf diesem Planeten, das nicht unmittelbar mit ihnen zu tun hatte.
    Inspector Coleridge hätte sie am liebsten alle höchstpersönlich ermordet.
    »Ihr Problem ist, dass Sie ein Snob sind, Sir«, sagte Sergeant Hooper, der mit angesehen hatte, wie Coleridge das Video betrachtete, und dabei dessen Gedanken gefolgt war, als sei Coleridges Kopf aus Glas. »Wozu um alles in der Welt sollte jemand heutzutage überhaupt noch Lokführer werden wollen? In Wirklichkeit gibt es überhaupt keine Lokführer mehr, sondern nur noch irgendjemanden, der den Startknopf drückt und hin und wieder streikt. Das ist wohl kaum eine edle Berufung, oder? Da wäre ich auch lieber Fernsehmoderator. Ehrlich gesagt wäre ich sogar lieber Fernsehmoderator als Polizist.«
    »Tun Sie Ihre Arbeit, Hooper«, sagte Coleridge.
    Coleridge wusste, dass alle über ihn lachten. Sie lachten, weil sie ihn für altmodisch hielten. Altmodisch, weil er sich nicht für Astrologie und Promis interessierte. War er denn der letzte Mensch auf Erden, der noch Interesse für etwas anderes als Astrologie und Prominente zeigte? Zum Beispiel Bücher oder Eisenbahnen? Gott im Himmel, er war erst vierundfünfzig, aber in den Augen der
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