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Tödlicher Kick

Tödlicher Kick

Titel: Tödlicher Kick
Autoren: Lucie Flebbe
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Minutentakt auf das gegnerische Tor.
    Schließlich verlor ein Schalker Abwehrspieler die Nerven und grätschte Gutschenk von hinten in die Beine. Der wälzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht im Gras.
    Der Schiedsrichter kam mit einer gelben Karte in der Hand angerannt. Der Schalker Torwart und der gefoulte Gutschenk sahen aus, als wollten sie die Sache im Boxring klären. Der Bochumer Trainer am Spielfeldrand tobte.
    »Was?«, schnaufte auch Staschek empört. »Von hinten in die Beine, das ist eindeutig Rot!«
    »Schiri, du Weichei! Meld dich lieber zum Häkelkurs an!«, brüllte Danner.
    »Schick den Torwart wegen Meckern raus!«, schlug ein Optimist hinter uns vor.
    Es blieb bei Gelb – was die Fankurve mit einem empörten Trommelwirbel quittierte.
    Der Bochumer Trainer, ein schlanker, rothaariger Mann, dem Mantel und Schal einen leicht größenwahnsinnigen Chic à la Nationaltrainer verliehen, lief an der Seitenlinie schimpfend auf den Schiedsrichter zu.
    Nach einer kurzen Diskussion verwies der Unparteiische den wutschnaubenden Mann mit einem strengen Fingerzeig auf die Tribüne.
    »Schiri, du Arschloch!«, sang die Ostkurve einstimmig.
    Gab es für den Neongelben beim Verlassen des Stadions eigentlich Personenschutz?
    Erneuter Anpfiff.
    Der südländisch aussehende Nachwuchsstürmer Mongabadhi preschte wieder vor, schnappte sich den Ball und näherte sich zielstrebig dem gegnerischen Tor. Vier weiß gekleidete Schalker Spieler steuerten sternförmig auf den Angreifer zu, um ihn aufzuhalten.
    Mein Blick wanderte zur Zeitanzeige auf der Leinwand. Es waren nur noch wenige Sekunden bis zum Abpfiff. Traf Mongabadhi jetzt, würde er das Spiel aller Wahrscheinlichkeit nach für Bochum entscheiden.
    Doch soweit hatten auch die Schalker gedacht! Immer mehr Gegenspieler rannten auf Mongabadhi zu. Der Torwart trippelte im Kasten hin und her.
    Einen Moment lang stand die Zeit an der Castroper Straße still.
    Mongabadhi holte aus und – ein Schalker warf sich ihm in den Weg. Seine gestreckten Beine rissen den Jungen von den Füßen. Der Bochumer überschlug sich in der Luft.
    »Foul!«, schrie die Ostkurve wie aus einem Mund.
    »Schon wieder!«, motzte Danner. »Will der Schiri den auch mit Gelb verhätscheln?«
    Der Trainer, der auf der Tribüne eine Art Kriegstanz aufführte, brüllte wohl Ähnliches.
    »Der war der letzte Mann!«, machte selbst Staschek seinem Ärger Luft.
    Der Neongelbe stieß einen lang gezogenen Pfiff aus.
    Mongabadhi lag am Boden. Der Schalker Spieler trollte sich, nicht ohne triumphierend zu grinsen.
    »Elfmeter!«, forderte Danner.
    Und tatsächlich zeigte der Gelbe trillernd auf den Punkt vorm Tor, bevor er die rote Karte zückte.
    Na also, ging doch.
    »Elfmeter! Sag ich doch!« Danner verteilte, den Pappbecher schwenkend, wässriges Stadionbier in der Umgebung.
    Mongabadhi kam umständlich auf die Füße. Die Bochumer Spieler drehten sich Rat suchend zur Trainerbank um.
    Der des Spielfeldes verwiesene Chef der Kicker war die Treppe der Tribüne hinabgestiegen. Weil das Stadion als reine Fußballarena keine Tartanbahn besaß, konnte der Trainer sich über die Bande hinweg mit seinem Assistenten beraten.
    »Lass nicht den Kameltreiber schießen!«, geriet der Dicke neben mir außer Kontrolle. »Der ist übergelaufen! Der ist schon bei Schalke unter Vertrag, da will der doch nicht in der zweiten Liga spielen!«
    Danners Blick wanderte interessiert zu meinem Sitznachbarn. Er schob die Fanmütze auf seiner Glatze nach hinten.
    »Was meint der Dicke denn?«, erkundigte ich mich leise.
    »Goldstein, der Trainer, will wohl echt Mongabadhi das Ding machen lassen.«
    Mongabadhi war der Stürmer, der eben gefoult worden war. Das hatte ich mitgekriegt.
    »Der hat einen Wahnsinnsbums«, erklärte Danner. Er war nicht nur mein Boss, sondern auch so etwas wie mein Lebensgefährte. Seit über einem halben Jahr immerhin unterhielten wir eine mal mehr, mal weniger verhängnisvolle Affäre. In letzter Zeit eher weniger verhängnisvoll. »Aber eigentlich sollte nie derjenige schießen, der gefoult worden ist, das geht meist in die Hose. Und Mongabadhi ist ja noch extrem jung und nicht besonders abgebrüht. Unser NPD-Sympathisant neben dir ist jedenfalls offensichtlich dagegen.«
    Tatsächlich trat jetzt aber der eben attackierte Mongabadhi hinter den auf dem Elfmeterpunkt bereitliegenden Ball.
    »Der Idiot lässt den Kümmelfresser schießen!« Der Dicke stampfte und hopste, dass der Boden bebte.
    Das Raunen in
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