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Toedliche Wut

Toedliche Wut

Titel: Toedliche Wut
Autoren: Linda Castillo
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Teenager, die meisten noch in ihrer Rumspringa , versammelten sich jetzt schon seit einem Monat in dem Mobilheim. Obwohl keiner von ihnen Geld hatte, schaffte es einer doch immer, ein paar Sixpacks Bier aufzutreiben. An einem guten Abend brachte jemand eine Flasche Whiskey oder Tequila mit, und dann saßen sie im Wohnzimmer und tranken so lange, bis es nichts mehr gab. Alle waren dann so zu, dass sie es bestenfalls noch bis in ihr Auto schafften, aber die meisten fielen einfach auf der Stelle ohnmächtig um.
    Wie immer stand die Tür weit offen. Schon als er hinter dem Pick-up von Big Dan Beiler parkte, konnte er die Bässe von Nirvanas »The Man Who Sold the World« durch die offenen Fenster dröhnen hören. Zwei amische Mädchen in Kleidern und Turnschuhen saßen auf den Treppenstufen und rauchten zusammen einen Joint. Sie sahen auf, als er aus dem Auto stieg, doch er schenkte ihnen keine Beachtung. Heute Abend suchte er eine andere.
    Und fand sie in der Küche. Rachel Shrock war siebzehn Jahre alt und genauso schön und klug wie eigensinnig. Er hatte sie vor drei Wochen hier kennengelernt und seither an keine andere mehr gedacht. Sie hatte ihn mit ihrem Humor und ihrer sanften Art bezaubert. Wenn er mit ihr zusammen war, hatte er das Gefühl, der einzige Mann auf der ganzen Welt und der Mittelpunkt des Universums zu sein. Noch in derselben Nacht hatte er sie mit in eines der Schlafzimmer genommen, und sie hatten sich so lange geliebt, bis die Sonne durchs Fenster fiel.
    Er wusste, dass es falsch war, vor der Hochzeit mit ihr zu schlafen. Sie hatten sogar darüber gesprochen, und Rachel dachte genauso. Im Grunde war sie ein sanftes Wesen. Sie liebte Gott. Sie liebte ihre Familie. Und er bekam mehr und mehr das Gefühl, dass sie auch ihn liebte. Es war der Anfang von etwas Wunderschönem. Deshalb musste Noah alles in seiner Macht Stehende tun, um ihre Seele zu retten. So wie sein Datt die anderen gerettet hatte.
    So wie sein Datt ihn gerettet hatte.
    Perry Mast war ordinierter Diakon gewesen, eine wichtige Stellung innerhalb des Kirchendistrikts. Zu seinen Pflichten hatte es gezählt, die amischen Gemeinden aufzusuchen und Informationen über Sünder einzuholen, die er dann maßregeln musste, für gewöhnlich während des Gottesdienstes. Es waren schwere Pflichten gewesen, die sein Datt mutig und tapfer erfüllt hatte.
    Noah würde nie so werden wie sein Vater. Er hatte zu viele Fehler gemacht – zu oft gesündigt – und meistens nicht einmal Reue empfunden. Deshalb hatte er im Tunnel wohnen müssen, deshalb hatte sein Vater ihn angekettet und manchmal ausgepeitscht. Und deshalb hatte er kein Essen bekommen und manchmal auch kein Wasser. Sein Datt hatte ihn geliebt und nur gewollt, dass sein Sohn einen Platz im Himmel bekam. Noah verstand das. Er hatte seine Strafe mit der gleichen Stärke und Würde akzeptiert, wie sein Vater sie ausgeteilt hatte.
    Manchmal hatte sein Datt ihn in die amischen Gemeinden geschickt, um problematische Mitglieder aufzuspüren, diejenigen, die gesündigt hatten. Auf die Weise hatte Noah Buße getan. Er hatte sie dann mit nach Hause gebracht, wo sein Vater ihnen die angemessene Strafe auferlegte.
    Noah hatte schon früh beschlossen, die Arbeit seines Vaters fortzuführen, auch wenn er niemals Diakon werden würde. Sein Vater war ein guter Lehrer gewesen, und er ein schlauer Schüler. Sein Datt würde stolz auf ihn sein.
    Den ganzen Sommer über hatte Noah hart gearbeitet, gleich zwei verschiedene Jobs gehabt. Aber jetzt hatte er einen Ort zum Leben gefunden, ein kleines Haus mit zwei Morgen Land drum herum. Er hatte für seinen Buggy einen hübschen jungen Wallach gekauft, und auch eine Kuh. Im Frühling würde er ein Kälbchen haben und damit den Anfang einer Herde.
    Rachel stand mit dem Rücken zu ihm vor der Anrichte. Sie trug abgeschnittene, kurze Hosen und ein weißes T-Shirt, und beides betonte ihre weiblichen Kurven. Er liebte es, wie ihr das lange braune Haar über die Schultern fiel, wie es sich zwischen seinen Fingern anfühlte, wie es roch, wenn er sein Gesicht darin vergrub und den Duft einatmete.
    Ja , dachte er, ihren Anblick gierig in sich einsaugend, sie ist die Richtige . Sie würde ihm eine gute Ehefrau sein. Sie würde ihm Kinder gebären. Sie konnte gerettet werden, und er würde ihr Retter sein.
    »Rachel«, sagte er.
    Sie drehte sich um, machte große Augen, als wäre sie überrascht, ihn zu sehen. Was albern war, da er doch schon seit einem Monat herkam. In der
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