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Tödliche Option

Tödliche Option

Titel: Tödliche Option
Autoren: Annette Meyers
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stieß die Tür
ganz auf und folgte ihm in ein Labyrinth von kleinen, schachtelartigen Zimmern.
Wie Eisenbahnabteile. Ein Sofa und ein Ledersessel. Ein cremefarbener und
blauer Noppenteppich. Indirekte Beleuchtung. Und eine sehr komplizierte
Stereoanlage, mit einem Fernseher und einem Videorecorder kombiniert. Ein
Ventilator drehte sich, aber es war drückend heiß. Ein seltsam summendes
Geräusch schien vom Sofa zu kommen.
    »David, Gott sei Dank geht es Ihnen gut.« Warum
hatte sie keine Angst? Im tiefsten Innern wußte sie, daß er unschuldig war.
    Er ließ sich auf den Sessel fallen und lehnte
den Kopf zurück, die Augen geschlossen. Er sah aus, als habe er seit Tagen,
seit Wochen nicht mehr geschlafen.
    »David«, sagte sie noch einmal. »Was ist bloß
passiert? Was hat das alles zu bedeuten?«
    Er öffnete die Augen, und sie sah die Todesangst.
»Ich habe es nicht getan. Die haben mich reingelegt.«
    »Ich wußte es«, rief sie triumphierend. Sie
setzte sich auf die Sofakante und beugte sich zu ihm vor. »Wer hat es getan?«
Als er nicht antwortete, sagte sie: »David, kommen Sie mit und sagen Sie aus,
daß Sie es nicht waren.«
    Er schüttelte den Kopf. »Es geht nicht. Sie
werden mir nicht glauben. Ich habe kein Geld. Man muß reich sein, um sich
verteidigen zu können.«
    »David, wissen Sie, wer Ellie getötet hat?«
    »Ich habe schreckliche Angst.« Seine Hände
zitterten. Sie nahm sie in ihre; sie waren trocken und kühl.
    »Ich gehe mit Ihnen. Es wird alles gut. Kommen
Sie.« Sie stand auf, um ihm aufzuhelfen, und in dieser Haltung sah sie den
neuen Vuittonkoffer hinter der noch offenen Tür stehen. Sie wandte sich wieder
zu David um. »Sie wollten weglaufen.«
    Er nickte stumm.
    Ein altes schwarzes AT & T-Telefon lag
versteckt unter einer Zeitung, ausgehängt und summend. Sie kniete, warf die
Zeitung weg, nahm den Hörer und wählte Silvestris Nummer beim Midtown North.
    »O’Connor.«
    »Lieutenant Silvestri bitte.«
    »Nicht hier.«
    »Ist sonst jemand da?«
    »Ja, ich. Was wünschen Sie?«
    »Hier ist Leslie Wetzon. Sagen Sie Silvestri,
daß ich bei David Kim bin, 2904B Mott Street. Er will...« Ein gewaltiger
Vorschlaghammer traf sie, streifte ihren Kopf, schlug auf die Schulter, und sie
spürte, wie sie zusammensackte und über das Telefon fiel.
    Der Koffer, dachte sie. Er hatte sie mit dem Koffer geschlagen. Sie lag
keuchend da, versuchte, Luft zu bekommen, hörte O’Connors Stimme von weither in
der Leitung knacken, hörte Davids dumpfe Schritte auf der Treppe. Wetzon, du
Idiot, dachte sie, während sie sich mühsam aufrichtete. Sie ging zur Tür
und bekam genug Luft, um zu schreien: »Smith!«
    Dann pokerte sie die Treppe hinunter, hörte
Bremsen kreischen, einen furchtbaren Schrei, als sie erst die eine Tür
aufstieß, dann die andere auf die Straße. Von überall her flog Papier herum,
Fetzen. Smith rieb sich den Knöchel, schien aber mit sich zufrieden. Ein Taxi.
Eine Menschenansammlung tanzte, plapperte Chinesisch und Englisch, schnappte
nach dem durch die Luft schwebenden Papier. Es war Geld... Banknoten. Der
Taxifahrer, ein Pakistani mit einem bleistiftdünnen Schnurrbart, stand
händeringend und lamentierend neben seinem Wagen. »Er lief mir direkt ins
Auto... haben Sie es gesehen? ... Sie haben es gesehen, er lief mir direkt ins
Auto...«
    »Ich habe ihm ein Bein gestellt.« Smith drückte
sie fest an sich. »Gott sein Dank ist dir nichts passiert. Ich stellte ihm ein
Bein, und er flog auf die Straße.«
    Wo war David? Wetzon machte sich von Smith los.
»David!« Eine Sirene heulte in der Ferne. Ein Fünfzig-Dollar-Schein schwebte an
ihrer Nase vorbei, und Smith griff gierig danach.
    Wetzon drängte sich durch die Menge. David lag
auf dem Rücken auf der Straße, verdreht zwischen den Orangenschalen,
Zeitungsfetzen und Hühnerknochen, während die Leute nach dem Geldregen
schnappten, den Fünfzigern und Hunderten, die sich aus dem aufgeplatzten Koffer
auf der Motorhaube des Taxis ergossen.
    »David.« Seine Augen standen offen. Der Mund
bewegte sich. Wetzon kniete auf der schmutzigen Straße. Sie berührte sein
Gesicht, legte die Finger an sein Handgelenk. Der Puls war noch da, schwach,
doch regelmäßig. »Oh, David«, sagte sie. »Warum? Sie hatten es geschafft. Ellie
liebte Sie.«
    Er stöhnte. »Sie wollte alles kaputtmachen. Sie
hätte es verraten.«
    »Lieber Gott, war es das wert, David? Das Geld«
— sie zeigte mit der Hand in die Runde — »sehen Sie, alles ist
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