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Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd
Autoren: Jack Higgins
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Flasche pro Tag und
Sheila Ward, die mir das Bett wärmte? Worauf wartete ich hier am
Ende der Welt?
    Irgendwo in der Ferne hörte ich
Artilleriefeuer. Es wühlte etwas tief in meinem Innersten auf,
ließ den Adrenalinspiegel steigen, obwohl ich kein M16-Gewehr
hatte, an dem ich mich festhalten konnte, und mich auch nicht im
Mekon-Delta befand. Ich befand mich inmitten einer Marschwiese auf der
Landspitze von Foulness im schönen Essex, und das Artilleriefeuer
kam vom Armee-Schießplatz bei Shoeburyness herüber.
      Fritz war vorausgelaufen und im Moment nicht mehr zu
sehen. Plötzlich kam er ungefähr fünfzig Meter vor mir
über die Deichkrone gehetzt, sprang in den ziemlich breiten
Tümpel, schwamm hindurch und verschwand im Schilf.
      Kurz darauf fing er wütend zu bellen an, doch
sein Gekläff klang seltsam, so, als habe er Angst. Dann fiel ein
Gewehrschuß, und das Bellen hörte auf.
      Die Vögel stiegen in Scharen hoch. Das Klatschen
ihrer Flügel erfüllte die Luft, und als sie über mich
hinweggeflogen waren, herrschte plötzlich eine unheimliche Stille.
      Ich rannte los in den Nebel und rief seinen Namen. Und
dann sah ich ihn auch schon ausgestreckt auf dem Weg liegen. Allem
Anschein nach war er von einem Hochgeschwindigkeitsgeschoß am
Kopf getroffen worden, denn der Schädel war völlig
zertrümmert. Ich begriff nur ganz langsam, denn es ergab alles
überhaupt keinen Sinn. In dieser Gegend halten sich normalerweise
keine Fremden auf. Wegen der Nähe des Schießplatzes gab es
strenge Kontrollen durch das Militär. Auch die Einheimischen
mußten an den Kontrollpunkten einen Passierschein vorweisen
können. Ich hatte selbst einen.
      Eine leichte Brise blies mir kalt ins Gesicht. Ich
hörte ein Plätschern, drehte mich um und bemerkte eine
Bewegung im hohen Schilf zu meiner Rechten.

    Die regulären nordvietnamesischen Truppen tragen khakifarbene
Uniformen, die Vietkong dagegen die typischen Strohhüte und
schwarze Pyjamas. Die meisten von ihnen sind noch mit dem alten
Browning Automatic oder dem MI-Karabiner ausgerüstet, der
Standardwaffe der amerikanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg.
    Der jedoch, der zehn, vielleicht
fünfzehn Meter rechts von mir aus dem Schilf trat, hielt ein
anderes Gewehr vor der Brust. Es sah aus wie ein nagelneues
AK47-Sturmgewehr, das beste, was China auf diesem Sektor zu bieten hat.
Sehr wahrscheinlich sogar das beste Sturmgewehr, das es überhaupt
gibt.
      Er war nicht groß, so groß, wie
seinesgleichen eben normalerweise sind, ein kleiner, stämmiger
Bauer, den man aus seinem Reisfeld oder von sonstwo weggelockt hatte.
Die Hosenbeine waren naß bis zu den Knien, Wasser tropfte vom
Rand seines Strohhuts; seine schwarze Jacke war gegen die Kälte
dick gefüttert.
      Ganz vorsichtig trat ich einige Schritte zurück.
Er sagte nichts, bewegte sich nicht, stand einfach nur da, das AK mit
beiden Händen vor den Körper haltend. Ich drehte mich langsam
um und sah seinen Zwillingsbruder zehn Meter hinter mir stehen.
      Wenn ich dem Wahnsinn verfallen war, dann hatte sich
das schon seit langem angekündigt. Ich drehte völlig durch,
stieß einen Angstschrei aus, stürzte mich in das
Schilfdickicht und hetzte, bis zu den Knien im Wasser, durch den Nebel.
      Ein wilder Schwan flog erschreckt hoch, so dicht vor
mir, daß ich noch einmal aufschrie und die Arme schützend
vors Gesicht schlug. Aber ich stapfte weiter und kam in der Nähe
des alten, grasbewachsenen Deiches wieder aus dem Schilf heraus.
      Ich kauerte mich gegen den Deich und lauschte
angestrengt nach meinen Verfolgern. Irgendwo hinter mir in der Marsch
war etwas, schreckten Vögel hoch. Das genügte. Ich robbte
über die Deichkrone, ließ mich auf der anderen Seite auf den
Strand hinunterrollen und rannte um mein Leben.

    Sheila stand immer noch an der Staffelei vor dem Kamin, als ich
völlig aufgelöst ins Haus stürzte. Ich schaffte es noch
bis zu dem Sessel in der Nähe der Tür: und ließ mich in
ihn fallen. Kaum saß ich, als sie schon neben mir kniete.
    »Ellis! Ellis, was ist los?«
      Ich wollte ihr antworten, doch mir versagte die
Stimme. Aus ihren Augen blickte nackte Angst. Sie ging zum Sideboard
und kam mit einem Glas Whisky zurück.
      Ich verschüttete mehr, als ich hinunterbekam,
denn meine Hände zitterten, als hätte ich hohes Fieber. Ich
hatte die Tür nicht zugemacht; durch den Wind schwang sie in den
Angeln hin und her. Als Sheila aufstand, um sie zu schließen,
hörte ich
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