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Tödliche Jagd

Tödliche Jagd

Titel: Tödliche Jagd
Autoren: Jack Higgins
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kerzengerade im
Bett, schrie wie ein kleines Kind, das sich in der Dunkelheit
fürchtet, und St. Claires Lachen klang mir in den Ohren –
was mich immer am meisten nervte.
      Und wie sonst auch immer wartete ich in der daraufhin
eintretenden Stille äußerst gespannt darauf, daß etwas
passierte, etwas, vor dem ich eine Heidenangst hatte, das ich aber
nicht genauer beschreiben konnte.
      Aber wie üblich geschah nichts. Nur der Regen
peitschte, getrieben von einer steifen Brise, die von der Nordsee
herüberwehte, gegen die Fenster des alten Hauses. Ich lauschte
angestrengt, wartete auf ein Zeichen, das nicht kam, begann zu zittern
und ziemlich heftig zu schwitzen. In diesem Zustand fand mich Sheila,
als sie kurz darauf ins Zimmer kam.
      Sie hatte gemalt – in der linken Hand hielt sie
noch immer die Palette und drei Pinsel, und der alte Frotteemantel, den
sie stets dabei trug, hatte wieder einige neue Farbschmierer
abbekommen. Sie legte Pinsel und Palette auf einen Stuhl, setzte sich
auf die Bettkante und nahm meine Hände in die ihren.
    »Was hast du denn? Wieder der Alptraum?«
    Ich antwortete ihr mit heiserer,
brüchiger Stimme. »Wie immer – immer dasselbe. Bis auf
die kleinste Kleinigkeit. Genauso, wie es war, bis St. Claire zu lachen
anfing.«
      Ich versuchte, gegen das Zittern anzukämpfen,
doch es gelang mir nicht; ich biß die Zähne zusammen,
daß es knirschte. Im Nu hatte sie den Frotteemantel abgelegt; sie
schlüpfte zu mir unters Laken und schmiegte ihren warmen,
wohlgeformten Körper an mich.
      Und wie üblich wußte sie ganz genau, was
sie zu tun hatte, um mich aus dem Teufelskreis meiner wiederkehrenden
Ängste herauszureißen. Sie küßte und streichelte
mich eine Zeitlang, um mich zu beruhigen und zu trösten, und lag
dann plötzlich auf dem Rücken, spreizte die Schenkel, bereit,
mich aufzunehmen. Das alte Spielchen, das wir schon so oft getrieben
hatten, das aber nie seinen Reiz verlor und für mich, so redete
ich mir ein, in diesen schrecklichen Augenblicken die beste Therapie
war.

    Engländer, die wie ich auf seiten der Amerikaner in Vietnam
gekämpft haben, gibt es zwar nicht wie Sand am Meer, doch ist ihre
Zahl größer, als gemeinhin angenommen wird. Wenn ich in
einer bunt zusammengewürfelten Gesellschaft diese Feststellung
traf und enthüllte, was ich drei Jahre lang gemacht hatte,
reagierten die meisten mit hochgezogenen Augenbrauen; manchmal schlug
mir sogar offene Feindseligkeit entgegen.
      Auf der Party, auf der ich Sheila Ward kennenlernte,
war letzteres der Fall gewesen. Es war eine stinklangweilige,
pseudointellektuelle Fete, auf der ich keine Menschenseele außer
der Gastgeberin kannte. Als sie endlich auch für mich etwas Zeit
übrig hatte, war ich bereits hinüber; ich hatte das getan,
was mir unter den gegebenen Umständen am vernünftigsten
erschien, und hatte mich richtig vollaufen lassen – damals eine
meiner leichtesten Übungen.
    Leider bemerkte sie meinen Zustand nicht
und ließ sich nicht davon abbringen, mich mit einem Soziologen
bekannt zu machen, der es aus mir schleierhaften, wohl nur von
Akademikern zu durchschauenden Gründen geschafft hatte, mit einer
Arbeit über strukturelle Werte im revolutionären China seinen
Doktor zu bauen, ohne jemals dort gewesen zu sein.
      Als er erfuhr, daß ich drei der besten Jahre
meines jungen Lebens im Sold der amerikanischen Luftlandetruppen in
Vietnam und einen nicht unbeträchtlichen Teil davon in einem
nordvietnamesischen Gefangenenlager verbracht hatte, sah er aus, als
hätte ihn der Schlag getroffen.
      Dann meinte er, in seinen Augen sei ich nichts anderes
als ein Stück Scheiße. Die Umstehenden hatten alles
mitbekommen und schienen sich seiner Ansicht anzuschließen, doch
das beeindruckte mich nicht im geringsten.
      Ich antwortete ihm im Kanton-Dialekt, den er aber
– was mich wiederum bei einem China-Experten sehr verwunderte
– allem Anschein nach nicht verstand.
      Jemand verstand ihn doch, und so lernte ich Sheila
Ward kennen. Die aufregendste Frau, die mir jemals über den Weg
lief, der Traum der schlaflosen Nächte eines jeden Mannes.
Hüfthohe Stiefel aus weichem, schwarzem Leder, ein orangefarbenes
Etwas, das ein Wollkleid darstellen sollte, schulterlanges,
kastanienbraunes Haar, das ein markantes Gesicht und einen unheimlich
breiten Mund umrahmte. Wäre sie potthäßlich gewesen,
hätte dieser Mund für alles andere entschädigt; dieser
Mund war ihr ureigenstes Merkmal.
      »Das
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