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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien
Autoren: Michael Ridpath
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wirkten sich bereits auf mein Gehalt, vor allem auf meine Tantieme aus.
    Also, wie konnte ich die zwei Millionen Dollar wieder reinholen? Sicherlich würde mir Bondscape dabei helfen. Es hatte mir ein enormes Gefühl der Macht gegeben. Mit seiner Hilfe hatte ich den gesamten Rentenmarkt vor Augen gehabt; gewissermaßen von innen konnte ich sehen und spüren, wie er sich bewegte. Und ich war der einzige am Markt, dem diese Möglichkeit zur Verfügung stand. Ein paar Monate lang hatten Richard und ich an Bondscape gearbeitet. Ich hatte das System praktisch erprobt und zahlreiche Veränderungen vorgeschlagen. Wenn ich auch damit gerechnet hatte, daß es funktionierte, hätte ich doch nie gedacht, daß es so gut klappen könnte.
    Es war schon ein seltsames Gefühl gewesen. Ich hatte tatsächlich eine andere Wirklichkeit erlebt. Eigentlich hatte ich nie daran geglaubt, daß die Virtuelle Realität eine Erfahrung vermitteln könnte, die über die eines raffinierten Computerspiels hinausging. Doch heute hatte ich gemeint, in einer anderen Welt zu leben und zu reisen, einer abstrakten Welt aus Anleihen, Renditen und Währungen. Ich fragte mich, wie andere virtuelle Welten sein mochten.
    Mein Blick fiel auf glänzendes blondes Haar, das an den Abendanzügen vorüberwehte. »Hi. Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe. Himmel, ich brauch’ was zu trinken.« Sie ließ sich ein Glas Champagner bringen und nahm erst mal einen kräftigen Schluck.
    »Ich bin so schnell gekommen, wie es ging«, sagte sie. »Martin findet einfach kein Ende am Telefon. Ich weiß nicht, wann er überhaupt arbeitet.«
    »Er sülzt gern mit dir rum, das ist es.«
    Ihre Augen blitzten mich an. »Solange ich ordentliche Abschlüsse mit ihm mache, ist mir das egal. Aber ich hab’ gehört, du hast einen irren Tag gehabt.«
    »Das kann man wohl sagen. Zwei Millionen Dollar sind dahin.«
    »Trotzdem, Greg war beeindruckt. Du holst sie dir zurück, meint er. Er hat gesagt, daß du dieses Cyberspace-System benutzt hast.«
    »Ja, Bondscape. Es ist riesig!«
    Karen lachte. »Ich möchte wetten, du siehst komisch aus mit dieser kleinen Brille.«
    »Oh, ich weiß nicht. Sie steht mir bestimmt. In ein paar Jahren trägt sie jeder.«
    »Blödmann.«
    »Von mir aus. Wenn sie mir hilft, die zwei Millionen zurückzuholen, darfst du mich nennen, wie du willst.«
    »Klar holst du sie dir zurück. Das tust du doch immer.«
    »Hoffentlich hast du recht.« Nachdenklich nippte ich an meinem Champagner. »Wie bist du denn heute zurechtgekommen?«
    »Gar nicht so schlecht. Die ängstlichen Kunden haben die Panik gekriegt. Die vernünftigen haben abgewartet. Nichts, was ich nicht im Griff hatte.« Und wirklich, sie sah aus, als sei die ganze Aufregung spurlos an ihr vorübergegangen. »Trotzdem, die Stimmung in unserer Abteilung ist ziemlich mies.«
    »Warum das?«
    »Es heißt, Harrison wolle weltweit seine Aktienabteilung reorganisieren. Für London wäre das wahrscheinlich nicht sehr günstig. Jetzt halten sich alle bedeckt. Versuchen, ihr Schäfchen ins trockene zu bringen und den andern eins auszuwischen.«
    »Das nenn’ ich Teamgeist!«
    Karen lachte ironisch. »Wir sind eben eine große, glückliche Familie.«
    »Aber dir kann doch nichts passieren, oder?«
    »Eigentlich nicht«, sagte sie. »Ich habe letztes Jahr fünfzig Prozent mehr Provision gehabt. Aber sicher kann man nie sein.«
    Sie hatte recht. Sicher konnte man nie sein. Aber irgendwie wußte ich, Karen würde auf der Gewinnerseite sein.
    »Hast du Lust, Samstag morgen Tennis zu spielen?« fragte sie.
    »Ach, du großer Gott«, stöhnte ich. »Es gibt doch keine schönere Einstimmung aufs Wochenende als eine Demütigung am frühen Morgen.«
    »Was soll das heißen? Vielleicht gewinnst du ja. Das hatten wir doch schon.«
    »Ja, zweimal.«
    »Es könnte das drittemal sein!«
    »Okay«, seufzte ich, »spielen wir.«
    Karen spielte weitaus besser Tennis als ich. Außerdem lief sie hervorragend Ski und war die bessere Schwimmerin. Sie war durchtrainiert, beweglich und hatte einen gesunden Siegeswillen. Ich dagegen vergoß nur viel Schweiß und drosch immer viel zu heftig auf den Ball ein.
    Neben Karen tauchte ein geschäftig aussehender Mann auf, ungefähr so alt wie ich. »Peter! Wie geht’s dir?« Sie hielt ihm ihre Wange zum Kuß hin. »Vielen Dank für die Einladung.« Sie blickte sich um. »Das Gebäude ist einfach umwerfend!«
    »Ganz nett, nicht wahr?« sagte Peter. »Das ist was anderes als der
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