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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht
Autoren: Lee Child
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Gibt’s irgendwelche Unterlagen?«
    »Geografisch buchstäblich überall verteilt. Mindestens vierzig Staaten in fünf Jahren. Gelegentliche Einzahlungen und viele kleine Auszahlungen – sämtlich über Western-Union-Filialen in der Provinz, in Großstädten, überall.«
    »Absurd.«
    »Wie ich gesagt habe.«
    »Können Sie noch irgendwas tun?«
    »Das hab ich schon. Die Bank gibt mir Bescheid, wenn der Kunde das nächste Mal anruft.«
    »Und dann rufen Sie mich an?«
    »Schon möglich.«
    »Gibt’s eine Häufigkeitsverteilung?«
    »Die Frequenz wechselt. In letzter Zeit liegen die größten Abstände bei einigen Wochen. Manchmal ruft der Kunde alle paar Tage an. Montage sind beliebt. Am Wochenende haben die Banken geschlossen.«
    »Ich könnte also heute Glück haben.«
    »Klar«, bestätigte der Mann. »Die Frage ist nur: Werde ich auch Glück haben?«
    »Nicht so viel«, antwortete Froelich.
    Der Manager des Nachtklubs beobachtete, wie Reacher den Eingangsbereich seines Motels betrat. Dann verschwand er nach draußen auf eine Seitenstraße und schaltete sein Handy ein. Verdeckte die Sprechmuschel mit einer Hand, sprach halblaut und drängend, aber auch so respektvoll, wie es verlangt wurde.
    »Weil er mir auf den Keks geht«, sagte er als Antwort auf eine Frage.
    »Heute wär ein guter Tag«, erklärte er, um eine weitere Frage zu beantworten.
    »Mindestens zwei«, sagte er als Antwort auf die letzte Frage. »Er ist ziemlich groß.«
    Reacher ließ sich am Empfang einen seiner vier Dollar in Quartermünzen wechseln und ging damit ans öffentliche Telefon. Wählte die Nummer seiner Bank, die er auswendig wusste, nannte sein Kennwort und beauftragte die Bank, ihm noch heute bis Geschäftsschluss fünfhundert Bucks telegrafisch zur Western Union in Atlantic City zu überweisen. Dann ging er in sein Zimmer, riss alle Preisschilder ab und zog seine neuen Klamotten an. Anschließend warf er seine Sommersachen in den Abfall und begutachtete sich in dem hohen Spiegel im Kleiderschrank. Lass dir einen Bart wachsen, und kauf dir eine Sonnenbrille, dann kannst du so bis zum Nordpol marschieren, sagte er sich.
    Froelich erfuhr von dem Überweisungsauftrag elf Minuten später. Schloss eine Sekunde die Augen, ballte triumphierend die Hände zu Fäusten, griff dann hinter sich und zog eine Karte der Ostküste aus dem Bücherregal. Ungefähr vier Stunden, wenn der Verkehr mitmacht. Ich könnte es gerade noch schaffen. Sie nahm ihren Mantel und die Umhängetasche und lief in die Garage hinunter.
    Reacher vertrödelte eine Stunde in seinem Zimmer, dann verließ er das Motel, um die Isoliereigenschaften seines neuen Mantels zu testen. Felderprobung, hätten sie früher bei der Army dazu gesagt. Er marschierte gegen den Wind in Richtung Atlantik. Spürte irgendwie, dass jemand hinter ihm war, den er nicht sah. Nur das typische leichte Kribbeln im Nacken. Er ging langsamer und benutzte ein Schaufenster als Spiegel. Nahm eine verschwommene Bewegung etwa fünfzig Meter hinter sich wahr. Zu weit entfernt, als dass er Einzelheiten hätte erkennen können.
    Er ging weiter. Der Mantel wärmte ziemlich gut, aber er hätte sich auch eine Mütze besorgen sollen. Das war klar. Sein Kamerad, der sich zu Mänteln geäußert hatte, war auch der Ansicht gewesen, die Hälfte des gesamten Wärmeverlusts beim Menschen erfolge über die Schädeldecke. Der eisige Wind pfiff durch sein Haar und ließ ihm die Augen tränen. An diesem Novembertag an der Küste von New Jersey wäre eine Militärwollmütze genau das Richtige gewesen. Reacher nahm sich vor, auf dem Rückweg von der Western-Union-Filiale Ausschau nach einem Geschäft für Militärwaren zu halten. Seiner Erfahrung nach lagen sie oft in denselben Stadtvierteln.
    Als er den Broadwalk erreichte, wandte er sich nach Süden und spürte wieder das leichte Kribbeln im Nacken. Er drehte sich abrupt um, sah aber niemanden. Ging nach Norden zu seinem Ausgangspunkt zurück. Die Bretter unter seinen Füßen waren in gutem Zustand. Auf einer Tafel wurde erklärt, sie bestünden aus einem speziellen Hartholz, dem härtesten Holz, das es gab. Das Kribbeln in seinem Nacken blieb. Er bog ab und marschierte auf die Central Pier hinaus. Dies war noch die sorgfältig konservierte ursprüngliche Konstruktion. Er vermutete, dass sie vor vielen Jahrzehnten, als sie erbaut worden war, genauso ausgesehen hatte. Sie war menschenleer, bei diesem Wetter kein Wunder, und verstärkte so die surreale Atmosphäre. Die Pier
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