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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht
Autoren: Lee Child
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Alte. »Groß genug, um uns zu helfen, wenn du wolltest.«
    Er sagte heff’n. Keine Schneidezähne mehr. Reacher schwieg.
    »Was bist du überhaupt?«, wiederholte der Alte.
    »Ich war Militärpolizist«, erwiderte Reacher. »In der Army, dreizehn Jahre lang.«
    »Du hast gekündigt?«
    »Bin gekündigt worden.«
    »Danach hat’s für euch Leute keine Jobs mehr gegeben?«
    »Keine, die ich wollte«, erklärte Reacher.
    »Du wohnst in L. A.?«
    »Ich wohne nirgends«, entgegnete Reacher. »Ich bin viel unterwegs.«
    »Fahrendes Volk sollte zusammenhalten«, meinte der Alte. »So einfach ist das. Einander helfen. Immer auf Gegenseitigkeit.«
    Einanner heff’n.
    »Hier ist’s scheißkalt«, sagte Reacher.
    »Das stimmt«, stellte der Alte fest. »Aber du könntest dir ’nen Mantel kaufen.«
    Deshalb stand er an dieser windigen Straßenecke, wo der stürmische Seewind ihm die Hosenbeine gegen die Waden drückte, und traf die endgültige Entscheidung. Der Highway oder ein Bekleidungsgeschäft? Er stellte sich kurz vor, wie es in Südkalifornien, vielleicht in La Jolla wäre: ein billiges Zimmer, warme Nächte, helle Sterne, kaltes Bier. Dann: Die alte Sängerin tritt in B. B. Kings neuem Club in New York auf, irgendein retro-besessener junger A&R-Mann kommt zufällig vorbei, gibt ihr einen Vertrag. Sie nimmt eine CD auf, bekommt eine Amerikatournee, eine Seitenspalte in Rolling Stone, Berühmtheit, Geld, ein neues Haus. Ein neues Auto. Er kehrte dem Highway den Rücken zu, zog wegen des Windes die Schultern hoch und ging auf der Suche nach einem Bekleidungsgeschäft nach Osten weiter.
    An diesem speziellen Montagmorgen arbeiteten in den Vereinigten Staaten fast zwölftausend lizenzierte und beim Einlagensicherungsfonds FDIC versicherte Bankgeschäfte, die über eine Milliarde Einzelkonten führten, aber nur eines davon wurde unter dem Namen und der Sozialversicherungsnummer des UNBEKANNTEN geführt. Es war ein schlichtes Girokonto bei einer Filiale einer Regionalbank in Arlington, Virginia. M. E. Froelich starrte die Adresse der Bankfiliale überrascht an. Keine vier Meilen von dem Schreibtisch entfernt, an dem ich jetzt sitze. Sie notierte sich die Einzelheiten auf ihrem gelben Schreibblock. Griff nach dem Telefonhörer und rief einen Kollegen in leitender Stellung auf der anderen Seite der Organisation an und bat ihn, bei der betreffenden Bank genauere Angaben zum Inhaber dieses Kontos einzuholen. Vor allem seine Privatanschrift. Sie bat ihn, so schnell wie irgend möglich, aber zugleich sehr diskret zu arbeiten. Und natürlich inoffiziell. Dann legte sie auf und wartete: sorgenvoll und frustriert, weil sie im Augenblick nichts tun konnte. Das Problem war, dass die andere Seite der Organisation einer Bank ohne weiteres diskrete Fragen stellen durfte, während es als äußerst ungewöhnlich gegolten hätte, wenn sie von Froelich selbst gekommen wären.
    Drei Straßenblocks weiter in Richtung Atlantik fand Reacher einen Discountladen und verschwand darin. Das Geschäft war schmal, reichte aber mindestens sechzig Meter tief ins Gebäude hinein. Die Decke hing voller Leuchtstoffröhren, und Kleiderständer zogen sich in langen Reihen durch den Raum. Offenbar gab es links Frauenkonfektion, in der Mitte Kindersachen und rechts Männerklamotten. Er fing ganz hinten an und arbeitete sich langsam nach vorn.
    Hier gab es Jacken und Mäntel aller bekannten Marken. An den beiden ersten Ständern hingen kurze Daunenjacken. Unbrauchbar . Reacher hielt sich an einen Tipp, den ein alter Kamerad ihm einmal gegeben hatte: Ein guter Kurzmantel ist wie ein guter Anwalt. Er schützt deinen Arsch. Die dritte Ständerreihe war viel versprechender. Dort hingen Kurzmäntel in gedeckten Farben und mit dickem Flanellfutter, das sie leicht unförmig machte. Vielleicht enthielt das Futter sogar etwas Wolle. Schwer genug waren sie jedenfalls.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Er drehte sich um und sah dicht hinter sich eine junge Frau stehen.
    »Taugen diese Mäntel fürs hiesige Wetter?«, fragte er.
    »Sie sind ideal«, antwortete die Frau. Sie war sehr lebhaft und sprach über eine spezielle Imprägnierung, die auf den Drillich gesprüht wurde, um ihn wasserabweisend zu machen, und das Thermofutter. Sie versicherte ihm, es werde ihn bei Temperaturen bis zu minus zwanzig Grad Celsius warm halten. Er ließ seine Hand über die Kleiderbügel gleiten und zog einen dunkelolivgrünen Kurzmantel in Größe XXL heraus.
    »Okay, ich nehme den
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