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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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Gesicht. Hinter ihr glänzte das fertiggestellte Gewächshaus
im Sonnenschein, und neben ihr wippten fröhlich von ihr gepflanzte Blumen hin und her. Er beobachtete, wie sie eine Wäscheklammer löste und wieder festmachte, weiterging und die sich blähenden Laken eins nach dem anderen in den Korb zu ihren Füßen legte.
    Ihr Anblick, dachte er, war postkartenreif. Sie personifizierte einen Ort, eine Zeit, einen Lebensstil. Tag für Tag, dachte er, Jahr für Jahr, hängte sie ihre Wäsche dort im Wind und in der Sonne zum Trocknen auf. Und nahm sie ebenso wieder ab. Doch bei Menschen wie ihr war die ständige Wiederholung von Tätigkeiten alles andere als monoton. Es war eine Tradition — eine Tradition, die ihr Stärke und Selbstbewußtsein verlieh.
    Eigenartig aufgewühlt ging er in den Garten hinaus. »Du strengst deinen Arm zu sehr an.«
    »Der Arzt hat gesagt, Bewegung ist gut für ihn.« Sie blickte über die Schulter, doch das Lächeln ihres Mundes erreichte ihre Augen nicht. Er entfernte sich so schnell von ihr, daß sie einfach nicht Schritt halten konnte. »Außerdem tut er kaum noch weh. Ein herrlicher Tag, nicht wahr? Die Familie, die seit gestern bei uns wohnt, ist nach Ballybunion an den Strand gefahren. Dad war manchmal mit Maggie und mir dort, ist mit uns geschwommen und hat uns riesige Eistüten gekauft.«
    »Wenn du an den Strand gewollt hättest, hättest du nur einen Ton zu sagen brauchen. Ich hätte dich hingefahren.«
    Seine Stimme hatte einen derart distanzierten Klang, daß ihr ein Schauder über den Rücken lief, und so wandte sie sich eilig wieder ihrer Arbeit zu. »Das ist nett von dir, Grayson. Aber für einen Ausflug ans Meer habe ich keine Zeit. Ich habe zu tun.«
    »Etwas anderes als deine Arbeit gibt es für dich wohl nicht«, explodierte er. »Du machst dich mit deiner Pension vollkommen kaputt. Wenn du nicht gerade kochst, dann liegst du auf den Knien und schrubbst, und wenn du nicht gerade
schrubbst, dann hängst du irgendwelche Wäsche auf. Um Himmels willen, Brianna, es ist doch nur ein Haus.«
    »Nein.« Sie faltete den Kissenbezug, den sie in den Händen hielt, und legte ihn in den Weidenkorb. »Es ist mein Zuhause, und hier koche, schrubbe und hänge ich Wäsche auf, weil es mir gefällt.«
    »Ohne je darüber hinauszusehen.«
    »Und was siehst du, Grayson Thane, was so verdammt wichtig ist?« Ihren Zorn verbarg sie hinter einer Stimme aus Eis. »Und mit welchem Recht kritisierst du mich, weil mir mein Zuhause wichtig ist?«
    »Dein Zuhause — oder die Falle, aus der du nie entkommen wirst?«
    Als sie sich zu ihm umdrehte, drückten ihre Augen weder Zorn noch Kälte, sondern Trauer aus. »Denkst du allen Ernstes, daß das dasselbe ist? Wenn ja, dann tust du mir wirklich leid.«
    »Spar dir dein Mitleid«, schoß er zurück. »Ich habe nur gesagt, daß du zu hart arbeitest und zu wenig dafür bekommst.«
    »Das sehe ich anders, und außerdem hast du das nicht gesagt, auch wenn es vielleicht deine Absicht war.« Sie bückte sich nach dem Korb. »Aber es ist immerhin mehr, als du in den letzten fünf Tagen mit mir gesprochen hast.«
    »Red keinen Unsinn.« Er streckte die Hand aus, um ihr beim Tragen behilflich zu sein, doch sie wich vor ihm zurück. »Ich spreche die ganze Zeit mit dir. Gib mir den Korb.«
    »Ich trage ihn selbst. Ich bin, verdammt noch mal, keine Invalidin.« Ungeduldig stürtzte sie den Korb auf ihrer Hüfte ab. »Du hast Worte von dir gegeben, Grayson, aber du hast mir weder deine Gedanken noch deine Gefühle mitgeteilt. Du hast nicht mit mir gesprochen, und du hast mich auch nicht berührt. Wäre es nicht ehrlicher, mir einfach zu sagen, daß du genug von mir hast?«
    »Bleib hier!« Sie stapfte bereits in Richtung Haus, und am
liebsten hätte er sie am Arm gepackt, damit sie stehenblieb. »Wie kommst du denn auf die Idee?«
    »Du schläfst jeden Abend in meinem Bett.« Beinahe hätte sie ihm die Tür vor der Nase zugeknallt. »Aber du berührst mich nicht. Und wenn ich mich zu dir umdrehe, drehst du dich weg.«
    »Du kommst gerade erst aus dem verdammten Krankenhaus.«
    »Ich bin seit beinahe zwei Wochen wieder zu Hause. Und fluch nicht in meiner Gegenwart. Oder wenn du schon fluchen mußt, dann lüg mich wenigstens nicht noch an.« Sie knallte den Korb auf den Küchentisch. »Du bist ganz versessen darauf, endlich hier wegzukommen, und weißt nicht, wie du es anstellen sollst, weil du denkst, daß ich dann furchtbar traurig bin. Außerdem hast du genug
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