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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft
Autoren: Bernard Glemser
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entsetzlich drückten. Er war, schlicht gesagt, ein Büd männlicher Schönheit und Würde, vor allem mit diesem grünen Farbton unter der Haut und der Melone auf dem Kopf, die ihm obendrein noch ein paar Nummern zu groß und fast bis über die Augen gerutscht war.
    Er konnte oder wollte mich nicht ansehen.
    Ich sagte: »Darf ich Ihren Hut nehmen, Sir?«
    »Hut?« Mein Gott, er wußte nicht einmal, daß er einen Hut aufhatte. Er langte hinauf und entdeckte ihn dort auf seinem Kopf und reichte ihn mir wortlos.
    »Das Signal zum Anschnallen der Sitzgurte ist erleuchtet, Sir. Darf ich Sie bitten, sich anzuschnallen?«
    Er tastete umher, und endlich gelang es ihm.
    »Legen Sie Wert darauf, daß ich Ihnen erkläre, wie man die Sauerstoffmaske benutzt, Sir?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Wie ist das mit Ihrem Gepäck, Sir? Haben Sie das abgegeben?«
    Er nickte.
    Ich sagte: »Gleich nach dem Start gibt’s Kaffee. Ich sag Ihnen Bescheid, wenn es soweit ist.«
    »Danke.«
    Wir rollten hinaus auf die Startbahn. Ich ging in der Kabine umher und sah nach, ob alle angeschnallt waren, während Kay ihre Ansprache über den Lautsprecher hielt. Dann stellte ich die Startbeleuchtung ein, und schließlich begaben Kay und ich uns auf die vorderen Besatzungsplätze. Wir setzten uns Seite an Seite, schnallten die Sitzgurte um und warteten auf den Start zu diesem Flug.
    Sie sagte verdrießlich: »Dieser große knochige Alte, der mit dem Steinkrug voller Apfelschnaps, macht mir Sorge. Hoffentlich macht der uns keine Scherereien.«
    »Um den brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Kay. Er ist Marv Ruths Bräutigam. Wenn er Krawall macht, holen wir sie. Er ißt ihr aus der Hand.«
    »Das ist Mary Ruths Bräutigam!« Es klang verblüfft. »Nein, so was! — Natürlich, fetzt erinnere ich mich, Molly Duprez hat irgend so etwas erwähnt, aber ich hab’ das nicht ganz mitgekriegt. Trotzdem, behalt’ ihn im Auge, Carol.«
    »Mach ich.«
    »Und Ray Duer auch«, fügte sie hinzu. »Und achte auf irgendwelche Anzeichen von Zyanose während des Fluges. Wir fliegen in einer Höhe von dreißigtausend Fuß. Wenn jemand blau wird, gib ihm ein paar Züge Sauerstoff zu atmen.«
    »Doktor Duer ist schon mehr grün.«
    »Ich hab’s gesehen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich kenne Ray seit drei Tahren, seit er bei der Fluggesellschaft eingetreten ist. Wir sind gemeinsam eingeladen gewesen, wir sind zusammen ausgegangen, wir haben lange Gespräche geführt über diese ganze Fliegerei, ich bin nie jemandem begegnet, der seinen Beruf so ernst nimmt. Mein Wort, wenn jemand mir gesagt hätte, ich würde den Tag erleben, an dem Ray Duer in einem solchen Aufzug an Bord steigt, ich hätte nur gelacht.« Sie wurde vertraulich. »Der arme Ray. Er ist ein prächtiger Kerl. Ein wahrer Jammer, daß es ausgerechnet ihn packen mußte.«
    »Oh?« machte ich.
    »Ja, der verdammte Narr — er hat sich verliebt in eine der Stewardeß-Anwärterinnen im Charleroi. Ein richtiges kleines Luder. Du kennst ja die Sorte. Sie hat ihn ordentlich an der Nase herumgeführt und dann sitzenlassen. Und nach allem, was man so sagt, hat er’s immer noch nicht überwunden.«
    »Ach«, sagte ich. »Das ist ja entsetzlich.«
    »Es ist eine Schande. Er ist ein so anständiger Bursche.«
    Ich sagte: »Wer ist denn das Mädchen?«
    »Oh, irgendeine dumme kleine Gans. Ich weiß nicht, wie sie heißt. Sie soll aus Connecticut sein.«
    Das Heulen der Triebwerke stieg an, und wir rollten los.

    Um elf Uhr servierten wir Kaffee und einen kleinen Imbiß. Ray schlief, tot für diese Welt. Seinen Sitzgurt hatte er noch immer festgeschnallt, wie es sein soll bei einem schlafenden Passagier, und wir sahen keinen Grund, ihn zu wecken... Allmählich schien er wieder Farbe zu bekommen. Kay musterte ihn mehrere Male aufmerksam, entdeckte aber keine Anzeichen von Sauerstoffmangel. Er bekam allen Sauerstoff, den er brauchte.
    Im vorderen Salon spielte Luke mit vier anderen Männern Poker und amüsierte sich großartig. Seine Gesichtsfarbe war gut; er trank eine Tasse Kaffee nach der anderen und schlang alle belegten Brote in Reichweite in sich hinein, ein ermutigender Anblick, wenngleich er sich noch immer nicht trennen wollte von seinem Krug voller Apfelschnaps.
    Im großen und ganzen waren die Männer viel ruhiger, als ich erwartet hatte. Etwa die Hälfte in unserer Abteilung trank mäßig, und die übrige sdhlief. Janyce meldete das gleiche von achtern — keine Schwierigkeiten. Hin und wieder sah ich Jurgy
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