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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft
Autoren: Bernard Glemser
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Herz höher schlagen.
    Kay blieb stehen, um ein paar Worte mit dem Flugdienstleiter und Mr. Barker zu wechseln, sie nahm von ihnen einige Listen entgegen, die sie zu ihren anderen Papieren heftete. Eine dieser Listen, das wußte ich, war die Passagierliste. Duer. Bitte, Kay,’ ist ein gewisser Doktor Duer offiziell auf der Passagierliste? Duer — d-u-e-r. Ray — r-a-y. Ich hatte nicht den Mut zu fragen.
    Wir kletterten die Rampe achtem hinauf. Janyce und Jurgy blieben in der Kombüse achtem, und Kay und ich gingen nach vorn auf unseren Platz in weiter Feme.
    Meine Aufgabe war es, die Vorräte in der Kombüse nachzuzählen, die Nahrungsmittel, Getränke, Bestecke und alles sonstige Zubehör. Kay half mir dabei, und dann prüfte sie die Ausrüstung für unvorhergesehene Zwischenfälle, die Ausrüstung der Waschräume und der Kabine und die Lautsprecheranlage und die Bord-. Sprechanlage, während Janyce achtern das gleiche tat. »Alles in Ordnung?« fragte Kay.
    »Alles in Ordnung«, antwortete Janyce, »alles tipp-topp.«
    »Wie steht’s mit Eis bei euch?« fragte Kay, und Janyce antwortete: »Junge, wir haben genug, um die Titanic zu versenken.«
    »Alkohol?« fragte Kay.
    »Unmassen«, sagte Janyce.
    »Gut.«
    »Gut.« Klick, klick.
    Die Viehzüchter erschienen um halb neun. Ich konnte von einem der Fenster aus sehen, wie sie sich zur Rampe drängten, alle mit >Melonen< auf dem Kopf; aber Ray Duer konnte ich nirgends erblicken. Um acht Uhr vierzig konnte es losgehen mit: dem Einsteigen. Kay stellte sich an den Passagiereinstieg vorne, und Janyce ging zum Passagiereinstieg achtern. Jurgy und ich warteten jede in unserer Kabine; und die Männer stampften an Bord. Ein paar von ihnen kannte ich, Luke hatte sie mit zu uns nach Hause gebracht, aber so en masse hatte ich sie noch nie gesehen. Sie waren riesig-große mächtige Männer mit von Wind und Wetter gegerbten Gesichtern, dabei schüchtern wie Kinder, die den Mund nicht aufkriegen und nicht aufzutreten wagen. Einige trugen Stiefel, andere Wildlederschuhe. Einige hatten Tweedjacketts und Sporthosen an, andere wieder ganz korrekte Anzüge. Ray war nicht unter ihnen.
    Innerhalb von zehn Minuten saßen sie alle auf ihren Plätzen. Auch die Besatzung war schon an Bord; der Schlepper war schon vorgespannt, und wir waren so gut wie startbereit. Kay zählte die Passagiere vom Bug bis zum Heck, und ich sah, wie sie mit Janyce sprach, wobei sie mit einem Bleistift auf die Passagierliste tippte. Sie runzelte die Stirn, als sie zurückkam, und ich fragte: »Was ist denn los?«
    »Es fehlen sechs.«
    »Sechs!«
    »Sie werden wohl noch auftauchen. Wir haben noch Zeit.«
    Ich sah, wie Jurgy mir von ihrer Kabine aus zuwinkte, und eilte zu ihr.
    Sie flüsterte mir aufgeregt zu: »Hast du Luke vorn bei dir?«
    »Nein. Hast du Duer?«
    »Nein.«
    Wir starrten einander an.
    Ich sagte: »Es fehlen noch sechs Passagiere.«
    »Tja. Ich weiß. Die Rumtreiber, die sind wahrscheinlich bei irgendwelchen Flittchen hängengeblieben.«
    »Jurgy! Wie kannst du so etwas sagen!«
    »Du weißt ja nicht, was das für eine Gesellschaft war gestern abend, Carol. Es war buchstäblich eine Orgie.«
    Schöne, ermutigende Worte. Ich ging mit schwerem Herzen zurück in die Kombüse und prüfte alle Kontakte — sie mußten ausgeschaltet sein, ehe wir zum Start rollten. Kay war nirgends zu sehen. Sie holte sich wohl Rat bei dem Kapitän.
    Ein paar Minuten später kam sie aus der Kanzel und tuschelte mir zu: »Ich muß noch mal schnell zu dem Flugdienstleiter wegen dieser sechs Abtrünnigen. Du fängst am besten schon an, den Burschen zu erklären, wie die Sauerstoffmasken funktionieren, dann sind sie beschäftigt. Mach’s ganz ausführlich. Schwimmwesten und all das übrige Zeug erledige ich nachher.«
    »Gut.«
    Sie ging hinaus zur Passagierrampe, und ich machte mich an meine Sauerstoffrede. Ich konnte sie schon bald auswendig nach all diesen Monaten; und wie üblich hörten alle höflich zu, wenn sie auch kaum etwas davon begriffen. Aber ich konnte nicht ausreden. Ein paar Viehzüchter brüllten: »Heiliger Bimbam! Seht euch mal das an.« Und ehe ich’s mich versah, drängten sich alle diese riesigen Männer an die Backbordfenster und riefen und johlten und brüllten vor Lachen. Mein Gott, dachte ich, was ist denn da los, und lief zum Passagiereinstieg und sah hinaus.
    Es waren nur die sechs Vermißten, allesamt mit >Melonen< auf den Köpfen, inbegriffen mein Herzallerliebster, Doktor Ray Duer; und
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