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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre
Autoren: Simon R. Green
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Vielleicht
konnte er jetzt schlafen, und wenn er Glück hatte, träumte er
nicht. Er kippte nach vorn und fiel mit dem Gesicht auf den
blutgetränkten Boden. Die Winde erstarben und die Erde bebte
nicht mehr, und die Wut des Todtsteltzers schlug nicht mehr
auf die Luft ein.
Hazel D’Ark erlebte seinen letzten Augenblick des Ruhms
mit und sah ihn fallen. Voll Ehrfurcht hatte sie verfolgt, wie
sein Zorn die Grendels wegfegte, aber jetzt schrie sie auf und
lief zu ihm hinüber. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter,
aber keine Reaktion erfolgte. Hazel schrie erneut auf, als
Schrecken und Entsetzen und der Schmerz eines schließlich
doch brechenden Herzens sie überwältigten. Sie hätte gern geweint, aber sie wußte nicht wie. Sie hatte es noch nie getan.
Sie blickte auf und sah, wie sich die letzten Grendels neu
formierten. Owen hatte viele von ihnen umgebracht, aber immer noch gab es verdammt viel mehr. Mehr als genug, um die
Kommunikationszentrale niederzureißen und jedes lebende
Wesen darin hinzumetzeln. Sie rückten langsam vor, entblößten die Stahlzähne, beugten ihre Stahlklauen, und Hazel blickte
ihnen entgegen und zeigte ihnen das kälteste Lächeln ihres Lebens. Sie würden für das bezahlen, was sie getan hatten. Sie
alle.
Sie hatte sich einzureden versucht, daß ihre besondere Gabe
nicht gebraucht wurde. Daß die Mission bereits genügend Verteidiger hatte. Daß sie keine weiteren Varianten ihrer selbst
herbeirufen und zusehen mußte, wie sie eine nach der anderen
starben. Bonnie und Mitternacht hatten ihr die anderen Versionen ihrer selbst direkter spürbar gemacht als je zuvor. Aber sie
brauchte sie jetzt, also rief sie nach ihnen, nicht im eigenen
Namen, sondern dem Owens. Rief sie herbei, den Todtsteltzer
zu retten.
Und sie kamen.
Auf einmal war das Gelände voller Hazel D’Arks, die vor
Wut und Verlust schrien. Und die Grendels, die Owens Angriff
überstanden hatten, sahen sich mit einer Armee von Kriegerinnen konfrontiert, die von Gesicht und Gestalt verschieden, aber
alle in Schmerz und Gram vereint waren. Ein Augenblick trat
ein, in dem beide Seiten einander ansahen und jeweils einen
würdigen Gegner entdeckten. Dann liefen die Fronten aufeinander zu und prallten zusammen, und das Sterben begann. Disruptoren tosten und Stahl blitzte auf, und Zahne und Klauen
aus Metall rissen menschliches Fleisch auf. Für jede Hazel, die
starb, tauchte jedoch eine weitere auf und trat an ihre Stelle.
Hazel D’Ark hatte ein Tor geschaffen, wodurch ein endloser
Strom anderer Versionen ihrer Person strömen konnte, so lange
sie gebraucht wurden oder solange Hazel D’Ark es verkraftete.
Sie wußte, daß die Anstrengung tödlich für sie war, und gab
einen Dreck darauf. Sie wollte die Leprakranken retten, nicht
so sehr, weil sie sich etwas aus ihnen gemacht hätte, sondern
weil Owen ihr darin Vorbild war. Sie kniete neben ihm, und
die Kraft sickerte aus ihr heraus wie Blut aus einer offenen
Ader. Hazel legte ihm sachte eine Hand auf die Schulter. Sie
hatte einen so weiten Weg mit Owen Todtsteltzer zurückgelegt,
und falls sie ihm ins Reich der Toten folgen mußte, dann war
sie jetzt dazu bereit.
Jemand rief ihren Namen. Immer wieder, und in einer merkwürdigen summenden Stimme. Langsam wandte sie den Kopf
und entdeckte Tobias Mond, der neben ihr kniete.
»So können wir nicht gewinnen!« sagte er eindringlich. »Es
sind einfach zu viele. Aber als ich sah, wie Ihr Eure Kraft benutzt habt, wußte ich, wie ich meine einsetzen kann. Ich weiß,
was ich tun muß. Vertraut mir! Verbindet Eure Gedanken mit
meinen, und wir können diese Schlacht auf andere Art gewinnen!«
»Wie?« fragte Hazel.
»Das Rote Hirn«, erklärte Mond. »Es befindet sich nicht im
Dschungel. Es ist der Dschungel.«
Und sein Bewußtsein griff nach Hazels Gedanken aus und
stellte den Kontakt her. Und durch sie erreichte Mond all die
übrigen Hazels. Bonnie und Mitternacht waren ebenfalls einbezogen, und irgendwie auch Owen. Sie alle verschmolzen miteinander und wurden zu etwas, das mächtiger war als die
Summe seiner Teile. Das kombinierte Bewußtsein expandierte
weiter und erreichte alle lebenden Gehirne der Mission, vom
kränksten Opfer der Lepra bis zu Sankt Bea selbst. Und gemeinsam wandten sie sich nach außen, zusammengeschmiedet
zu einer Kraft, einem Gedanken, und faßten das Rote Hirn an –
die Bewußtseinsgestalt allen pflanzlichen Lebens auf Lachrymae Christi . Der Dschungel, Millionen
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