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Todeszeiten (German Edition)

Todeszeiten (German Edition)

Titel: Todeszeiten (German Edition)
Autoren: David Baldacci
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Kreuzung kam. Er begann, flach zu atmen. Er tat dies nicht, um seine Nerven unter Kontrolle zu bringen. Soviel er wusste, hatte er keine. Er wollte den Sauerstoffgehalt in seinem Körper ein wenig reduzieren, um sich auf natürliche Weise an dem zu berauschen, was er im Begriff war zu tun. Es gefiel ihm tatsächlich besser als Sex, weil er kein Interesse daran hatte, irgendjemand anderen als sich selbst zu befriedigen.
    »Da ist er!«, rief jemand.
    Beckers rechte Hand hielt den Griff des Regenschirms noch fester gepackt. Gleichzeitig bewegte er die Spitze langsam nach oben und nach vorn. Die Limousine fuhr vorbei, und die Menge begann zu schreien und zu winken. Becker stieß die Spitze ins Fleisch, und dann schob er sich mit seiner nächsten Bewegung zur Seite und huschte davon.
    Als der Mann sich hinten am Oberschenkel rieb, wo der Stich erfolgt war, spazierte Becker bereits davon. In der einen Hand hielt er lässig die Zeitung und las darin, während er mit der anderen seinen Regenschirm umherwirbelte.
    Die Todesanzeige des Mannes erschien zwei Tage später in der Zeitung. Er war irgendeiner unerklärlichen Krankheit erlegen, die ihm heftige Schmerzen bereitet hatte, bevor sie ihn tötete. Man würde eine Autopsie durchführen, um herauszufinden, was den Tod des armen Kerls verursacht hatte. Die hinterlassene Familie war am Boden zerstört, und sein Unternehmen ging ohne seine starke Hand am Steuer Pleite.
    Als Becker tausend Meilen entfernt in seiner Wohnung saß und auf seinem Computer den Bericht las, wusste er, dass er dem armen Gerichtsmediziner die Mühe ersparen könnte.
    »Compound 1080« , sagte er laut. Er wusste, dass der Mann an ventrikulären Arrhythmien gestorben war. Compound 1080 , das während des Zweiten Weltkriegs von deutschen Chemikern entdeckt worden war und in verschiedenen Schädlingsbekämpfungsmitteln zum Einsatz kam, unterbrach den Zellstoffwechsel und damit den Zitratzyklus – auch bekannt als Krebs-Zyklus -, wodurch die Zellen von der Energiezufuhr abgeschnitten wurden. Das Gift arbeitete rasch und tat der Person, der es injiziert wurde, unglaubliches Leid an. Der Zylinder in der Spitze von Beckers Regenschirm war mit genug Compound 1080 gefüllt gewesen, um den Mann innerhalb von Stunden zu erledigen. Es gab kein Gegenmittel, und die letzten paar Stunden seines Lebens waren voller unvorstellbarer Schmerzen gewesen, die kein Mensch aushalten konnte, wie Becker wusste. Zweifellos hatte er zu seinem Gott geschrien und um Gnade gefleht. Er war ein religiöser Mann gewesen – Becker wusste dies, da er ihm und seiner wunderbaren Familie zur Sonntagsmesse gefolgt war, bevor er die Spitze des Regenschirms in den Oberschenkel seines Opfers versenkt hatte. Sein Gott hatte ihm keine Antwort gegeben. Sogar allmächtige Götter mussten sich Giften beugen, zu denen keine Gegenmittel bekannt waren.
    Becker beschäftigte sich eingehend mit Geschichte – oder zumindest mit bestimmten dunklen Ereignissen. Die Idee zu dem Verabreichungsverfahren mittels Regenschirm war ihm aufgrund eines Attentats gekommen, das in den Siebzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts von der bulgarischen Geheimpolizei auf eine Person verübt worden war, die der Regierung Schwierigkeiten gemacht hatte. Warum das Rad noch einmal erfinden? Er hatte der Sache jedoch seine originelle, persönliche Note verliehen, weil die Bulgaren jenes alte Hilfsmittel – Rizin – für die Tötung benutzt hatten. Compound 1080 war, zumindest seiner Ansicht nach, weitaus stilvoller.
    Per Onlinebanking überprüfte er sein Bankkonto, um sicherzustellen, dass der restliche Teil des Tötungshonorars eingegangen war. Er würde nie wieder über den Mann lesen oder an ihn denken. Er würde kein Mitleid mit der Witwe oder den Kindern haben, die ihren Vater verloren hatten. Es würde ihn in keinster Weise weiterbringen. Besäße er derartige Gefühle – oder eher Schwächen -, hätte er sich nicht dieses Arbeitsgebiet ausgesucht. Es war ein Job, nur ein Job. Und es war Zeit, zu einem anderen überzugehen. Becker war sehr gefragt. Das kam daher, weil er niemals versagt hatte und äußerst diskret war.
    Eine Woche später war der Brief in seinem Briefkasten. Es war wieder Zeit, zu arbeiten.
    Er ging an Bord eines Flugzeugs, landete, mietete einen Wagen und fuhr zum Haus des Mannes in der Nähe des Wassers. Es war ein wunderschönes Anwesen inmitten von Reihen ausgewachsener Eichen und Ahornbäume. Es gab dicke, mit Blüten behangene Büsche und von
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