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Todestrieb und Seelenheil

Todestrieb und Seelenheil

Titel: Todestrieb und Seelenheil
Autoren: John K. Carson
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folgte ihr.
    *
    Ivanka Dobra lief durch den Schlosspark von Bad Stein. Das war ihr Ritual um von dem Leid, das sie als Pflegerin täglich sah, Abstand zu bekommen. Der herannahende Herbst war im Park die schönste Jahreszeit. Die Farben der Blätter veränderten sich und gaben ihre schönsten Rot- und Brauntöne wieder. Auch die nun wiedereinkehrende Stille nahm Ivanka in sich auf. Im Frühling und Sommer war hier an schönen Tagen nicht an Ruhe zu denken. Die vielen Spaziergänger, Nordic-Walker, Jogger, picknickende Familien und Sonnenanbeter füllten die Wege und Grünflächen. Das Stimmengewirr, das Klappern der Stöcke, das Lachen der Kinder, erfüllte zu diesen Jahreszeiten die Luft. Nun im September war hier wieder Ruhe eingekehrt. Vereinzelt liefen Spaziergänger durch den Park. Das nieselige Wetter tat das seine dazu, die Menschen aus dem Park fernzuhalten. Ivanka setzte auf sich eine alte Holzbank unmittelbar am See. Der lag etwas abseits und bot ihr die Gelegenheit in völliger Einsamkeit abzuschalten. Sie nahm ein Buch aus ihrer Tasche und schaute auf das Wasser, auf dem sich bereits die untergehende Sonne spiegelte. Ivanka blätterte zum Lesezeichen und versuchte wieder in ihre Geschichte hineinzukommen. Da traf sie der erste Schlag am Hinterkopf. Es wurde ihr für einen kurzen Moment schwarz vor Augen, als sie von der Wucht des Hammers von der Bank gerissen wurde. Instinktiv griff sie sich an die schmerzende Stelle, spürte das Blut. Ivanka sah sich ihre Hände an, blutverschmiert, drehte sich um und sah ihn, verschwommen durch die Tränen, mit denen der Schmerz ihre Augen füllte. Sein vernarbtes, entstelltes Gesicht. Sie versuchte beruhigend auf ihn einzureden, da er ihr immer noch Leid tat. Er hatte durch einen Unfall alles verloren und hatte ihr seine Zuneigung gestanden. Doch jetzt sah sie den Wahnsinn in seinen weit aufgerissenen Augen, das Gesicht hatte sich zur Fratze verzogen. Noch bevor sie auch nur einen Laut von sich geben konnte, sah sie den Hammer auf ihr Gesicht zurasen. Sie war sein erstes Opfer.
    Blut, oh Gott, was habe ich getan. Er stand über dem Körper von Ivanka Dobra und betrachtete sie. Ihr weißes Poloshirt war regelrecht mit Blut besudelt. Um ihren Kopf bildete sich schnell eine dunkle Blutlache im Gras. Starr schaute er immer wieder auf ihren zertrümmerten Schädel und auf den Hammer in seiner Hand, von dem das Blut tropfte. Zuerst wollte er weglaufen, weit weg. Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren. In seinen Gedanken spielten sich alle Szenarien ab, die ihm in den Sinn kamen. Wie sie gefunden wurde, wie sie ihn verhafteten, seine Fingerabdrücke auf dem Hammer, ein Augenzeuge, das Gefängnis. Sie muss weg! Er schaute sich um, Niemand zu sehen. Verdammt, verdammt, verdammt. Er zitterte vor Aufregung, Übelkeit überkam ihn. Nur die Ruhe bewahren, alles wird gut gehen. Er versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er schluckte die Galle wieder hinunter und legte den Hammer ins Gras. An ihren Knöcheln zog er sie zum Teich. Als er sie jedoch im Wasser hatte, ging sie nicht unter. Scheiße! dachte er und blickte sich um. Am Teichrand lagen große Findlinge. Die Steine waren mit Moos und Algen überzogen. Einer war gerade so schwer, dass er ihn noch anzuheben vermochte. Unter seinem Gewicht versank er noch tiefer im schlammigen Untergrund. Er drückte Ivankas Körper mit dem Fuß herunter und legte den Stein auf ihre Brust. Der Körper blieb. Er betrachtete sie durch das trübe, aufgewühlte Wasser. Der Teppich aus Wasserlinsen, der sich am Rande des Sees gebildet hatte, zog sich wieder zusammen und verschlang die Leiche der jungen Frau. Es war, als stände er auf einer unschuldigen, grünen Wiese. Seine Gedanken überschlugen sich, als er den Hammer im Wasser reinigte. Der Stiel in seiner Hand, das Gewicht des Hammerkopfes, das geronnene Blut. Er war erregt, innerlich aufgewühlt, das Adrenalin schoss durch seinen Körper. Dennoch musste er lächeln.
    Auf dem Weg zum Kombi dachte er an die vergangene halbe Stunde. Ivanka, das Blut, ihr Duft, den er immer noch wahrzunehmen glaubte und diesen starren Blick in ihrem Auge. Und nun lag sie im Teich, verborgen vor den Blicken anderer. Angst stieg in ihm auf. „ Was, wenn sie doch jemand findet? Wenn mich jemand gesehen hat. Das Blut in der Wiese.“ Panik überkam ihn. Er blieb stehen, setzte sich auf eine Bank neben dem Weg und dachte nach, was er nun tun könnte. Plötzlich hatte er eine Idee. Er rannte zum Auto, fuhr zum Baumarkt, der
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