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Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur
Autoren: Colin Forbes
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der Kiefer stehenblieb und mit zur Seite geneigtem Kopf lauschte. Binnen einer Minute würde Joel Dyson tot sein und seine Leiche durch das Netzwerk der Äste herabstürzen, bis sie zu Füßen des Killers landete. Mit der um seinen Arm geschlungenen Kamera, dem Tonband in der Tasche. Alles würde vorbei sein.
    Die Kälte durchdrang Dysons Dufflecoat, seine Hände waren erstarrt. Dem Mann unten schien, die Kälte nichts auszumachen, die noch verstärkt wurde durch Nebelschwaden, die vom Pazifik kamen und zwischen den Bäumen hindurchtrieben. Dyson zwang sich, reglos sitzen zu bleiben. Er hatte begonnen, sich zu fragen, ob sein Tun der Mühe wert gewesen war – selbst für einen so hohen möglichen Lohn, ein gewaltiges Vermögen.
    Ein paar Sekunden lang war er vor Angst so gelähmt, daß er kaum denken konnte. Er schaute hinunter, blinzelte. Der Mann war verschwunden. Er hörte, wie seine schweren Tritte sich entfernten, trockene Blätter zermalmten, zur Blockhütte hinüber, die jetzt nur noch ein Haufen rauchender Trümmer sein mußte.
    Er sah auf die Uhr. Es war acht Uhr morgens. Er zwang sich, eine halbe Stunde lang reglos in seinem Versteck zu verharren. Der Mann konnte ihm eine Falle gestellt haben, indem er sich ein Stück weit entfernte und dann wartete.
    Aber in der lastenden Stille des nebelverhangenen Waldes hatte er gehört, wie sich die schweren Schritte entfernten, und niemand war zurückgekehrt.
    »Los jetzt«, befahl er sich, »bevor er die ganze Gegend abriegeln läßt…«
    Trotz der grauen Nebelschwaden hatte Dyson keine Mühe, den Weg zu seinem geparkten Chevvy zu finden. Er ging schnell, trat auf weiches Moos, wo immer es möglich war.
    Von Zeit zu Zeit blieb er stehen, lauschte auf irgendwelche Anzeichen dafür, daß ihm jemand folgte. Nichts. Er eilte auf seinen Wagen zu.
    Während er sich seinen Weg zwischen den Bäumen hindurch bahnte, dachte Dyson angestrengt nach. Der nächste Flughafen war San Francisco International. Aber er war sicher, daß sie ihn beobachten und auf ihn warten würden.
    Es war bedeutend sicherer, die wesentlich längere Strecke zum Flughafen von Los Angeles zu fahren. Die gewaltigen Streitkräfte, über die der Mann verfügte, würden nicht damit rechnen, daß er diese Route nahm.
    Von LA aus konnte er nach London fliegen und dann in eine andere Maschine umsteigen, die ihn nach Zürich brachte. Julius Amberg, der Präsident der Zürcher Kreditbank, war ihm verpflichtet. Seine Gedanken schweiften etliche Jahre zurück.
    Bob Newman, der bekannte Auslandskorrespondent, hatte ihm einen größeren Gefallen getan, als ihm damals klar gewesen war. Dyson hatte in Genf ein paar kompromittierende Aufnahmen von Amberg und seiner Geliebten gemacht. Er hatte vorgehabt, sie an den
Spiegel
zu verkaufen.
    Amberg war zu jener Zeit in den Schlagzeilen gewesen, weil er bei einer großen finanziellen Transaktion als Mittelsmann fungiert hatte.
    »Geben Sie Amberg diese Fotos«, hatte Newman gesagt.
    »Er ist ein mächtiger Mann, und vielleicht brauchen Sie eines Tages seine Hilfe. Denken Sie ausnahmsweise einmal nicht ans Geld, Joel – gute Verbündete sind ihr Gewicht in Gold wert…«
    Widerstrebend hatte Dyson nachgegeben. Jetzt konnte Amberg seine Schuld begleichen, indem er den Videofilm und das Tonband in seinem Tresor aufbewahrte. Gab es einen sichereren Platz, um ein Vermögen zu verstecken?
    Als er sich seinem Chevvy näherte, prüfte Dyson in Gedanken seinen Plan auf etwaige Lücken. Er flüsterte leise vor sich hin.
    »Den Chevvy habe ich in Saunas gemietet. Es wird einige Zeit dauern, bis sie ihm nachgespürt und seine Beschreibung und seine Zulassungsnummer herausbekommen haben. Ich gebe ihn in LA zurück. Wenn sie ihn finden, bis ich längst über alle Berge …«
    Er näherte sich vorsichtig dem versteckten Chevvy. Vielleicht hatten sie ihn schon gefunden. Es gab weiß Gott genug von ihnen, und alle waren Profis bis in die Fingerspitzen …
    Eine Stunde später fuhr er auf der Küstenstraße nach Süden und überquerte die Brücke bei Big Sur. Der Verkehr war dünn. Der vom Meer kommende Wind peitschte gegen die Scheiben seines Wagens. Riesige Wellen warfen einen zehn Meter hohen Vorhang aus weißer Gischt auf. Er hatte Santa Barbara erreicht, als der Schock ihn traf.
    Der Recorder!
Er hatte es so eilig gehabt, dem Mann zu entkommen, daß er das Gerät auf dem Boden liegengelassen hatte. Sie würden nicht lange brauchen, die Nummer des Geräts mit der auf seiner
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