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Todesspiele

Todesspiele

Titel: Todesspiele
Autoren: Karen Rose
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Charles schon lange zuvor gelernt hatte. Glänzende Verpackungen zogen Aufmerksamkeit an. Das Kennzeichen wahren Erfolgs ist die Unsichtbarkeit. Sich in aller Öffentlichkeit zu verstecken machte es möglich, die schillernden Wichtigtuer zu manipulieren. Sie sind meine Marionetten. Sie tanzen nach meiner Pfeife.
    Die meisten Menschen reagierten mit Wut oder Hilflosigkeit, aber sie hatten keine Ahnung, was wahre Hilflosigkeit bedeutete. Sie fürchteten den Verlust der Reichtümer, die sie angehäuft hatten, und sie fürchteten ihn so sehr, dass sie ohne zu zögern ihren Stolz und ihren Anstand opferten, sogar die Moral, die in Wahrheit nichts als eine Farce war. Manche fielen schon beim kleinsten Schubser, und das waren die Leute, die Charles wirklich verachtete. Sie wussten wahrhaftig nicht, wie es war, alles - alles! - zu verlieren. Wie es war, wenn es kein Wohlgefühl mehr gab, keine Hoffnung auf Erlösung oder Erleichterung, wenn einem sogar viele der grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse versagt blieben.
    Die Schwachen hatten Angst, ihren Besitz zu verlieren. Charles jedoch nicht. Wer einmal so tief unten gewesen war, dass er fast seine Menschlichkeit verloren hätte, der fürchtete sich nicht mehr. Charles hatte keine Angst. Aber er hatte Pläne, und zu diesen Plänen gehörten auch Bobby und Susannah.
    Bobby hatte eine höhere Ebene erreicht als die anderen. Charles hatte diesen raschen Verstand geformt, als Bobby noch jung und voller Wut gewesen war. So voller Hass und offener Fragen. Charles hatte seinen Schützling überzeugt, dass irgendwann die Chance auf Rache kommen würde, die Chance darauf, das Geburtsrecht einzufordern, das die Umstände - und gewisse Leute - Bobby vorenthalten hatten. Aber noch immer tanzte Bobby nach Charles' Pfeife. Nur war Charles Meister darin, andere im Glauben zu lassen, die Melodie sei die eigene. Er klappte das Elfenbeinkästchen auf, nahm die Dame aus der Mulde und betätigte die verborgene Feder, woraufhin sich eine kleine Schublade öffnete. Das Tagebuch lag oben auf den Dingen, ohne die er nie das Haus verließ. Nachdenklich blätterte er zur ersten freien Seite und begann zu schreiben.
     
    Nun kommt die Zeit der Rache für meinen Schützling, denn ich will es so. Was ich vor vielen Jahren gesät habe, musste heute nur noch bewässert werden. Wenn Bobby sich an den Computer setzt und an die Arbeit macht, wird das Bild von Susannah Vartanian dabei zusehen.
    Bobby hasst Susannah, weil ich es so will. Aber Bobby hat zumindest eine Person sehr richtig eingeschätzt: Toby Granville wird jedes Jahr unzuverlässiger. Manchmal korrumpiert die absolute Macht - oder besser: die Illusion einer solchen. Sollte Toby eine zu große Gefahr für uns werden, werde ich ihn töten lassen, so wie er für mich getötet hat. Ein Leben zu beenden ist reine Macht. Jemandem ein Messer in den Bauch zu rammen und zuzusehen, wie er sein Leben aushaucht... ja, das ist Macht.
    Doch jemand anderen dazu zu bringen, eine Person zu töten, das ist Macht in Reinform. Tötet für mich. Ich spiele Gott.
     
    Charles lächelte. Und ich amüsiere mich bestens dabei.
     
    Ja, Toby würde bald sterben müssen. Aber es würde andere Toby Granvilles geben. Und irgendwann würde auch Bobby ersetzt werden. Nur ich werde weitermachen. Er schlug das Büchlein zu, schob es zurück und legte die Spielfigur wieder in ihre Mulde, wie er es schon unzählige Male zuvor getan hatte.
     
Dutton, Georgia
Freitag, 2. Februar, 14.00 Uhr
     
    Alles tat ihr weh. Sie hatte Schmerzen am ganzen Körper. Diesmal hatten sie sie gezielt auf den Kopf geschlagen und ihr in die Rippen getreten. Aber sie hatte durchgehalten. Monica presste die Lippen in grimmiger Zufriedenheit aufeinander. Sie würde weiter durchhalten oder vorher sterben. Sie würde sie dazu zwingen, sie zu töten, bevor sie sich noch ein weiteres Mal benutzen ließ. Und dann würden sie sie als »Stückgut mit Mehrfachnutzen« abschreiben müssen.
    Sie hatte an der Wand gelauscht und dabei gehört, wie sie sie so genannt hatten. Und ob ihr mich abschreiben könnt, ihr Schweine. Alles, sogar der Tod war besser als das Leben, das sie nun seit... wie lange schon führte? Sie hatte keine Ahnung, wie viele Monate vergangen waren. Fünf, vielleicht sogar sechs. Monica hatte nie an eine Hölle geglaubt. Das hatte sich geändert.
    Bald nach ihrer Ankunft in der Hölle hatte sie ihren Lebenswillen verloren, aber dank Becky hatte sie ihn zurückerlangt. Becky hatte immer
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