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Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Titel: Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
Autoren: Birgit Wilhelmy
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Drogenlagers, und dann war alles ganz anders gekommen. Annabells Mutter war immer noch in der Hand des Verbrechers Mario Rossi, wer weiß, ob sie überhaupt noch lebte. Und er, Julian Bryan-Hachenberg, er wäre mitschuldig an ihrem Tod. Und da konnte sein Vater ihm tausendmal erklären, dass dieser Lorenzo, wie er ihn nannte, es sowieso auf Viktoria Stein abgesehen hatte. Er fühlte sich dadurch nicht besser. Wieder kehrten seine Gedanken zurück zu Annabell. Wie es ihr wohl ging? Er nahm sein Mobiltelefon, überlegte kurz und legte es wieder fort. Dies hatte er in den letzten beiden Tagen des Öfteren gemacht. Jedes Mal verließ ihn der Mut.
    Das Knarren des Wohnungsschlüssels im Schloss der Vordertür riss ihn aus seinen trüben Gedanken. Verärgert über sich selbst schmiss er sein Telefon zu all den anderen Sachen, die auf seinem, wie er zugeben musste, unordentlichen Bett verteilt waren, und machte sich auf den Weg zur Diele. Er wollte Simon aus dem Weg gehen, wollte sich nicht mit ihm auseinandersetzen und außerdem brauchte er dringend frische Luft. Eine Runde durch den Wald zu joggen, würde ihm guttun.
    „Hallo Julian“, begrüßte ihn sein Vater. „Gehst du weg?“ Seine Stimme klang merkwürdig enttäuscht und unsicher. „Ich hätte gerne kurz mit dir gesprochen.“
    „Kann das nicht warten?“ Er wusste, dass er sich wie ein bockiges kleines Kind anhörte, doch er hatte keine Lust auf Standpauken, Vorwürfe und, was noch viel wichtiger war, er wollte nicht die Enttäuschung in dessen Augen lesen. Er setzte sich auf den Boden, um seine Laufschuhe anzuziehen.
    „Ich wollte gerade joggen gehen.“
    „Wenn du einen Moment wartest, komm ich mit dir.“ Überrascht schaute er seinen Vater an. „Ich zieh mir nur schnell etwas anderes an.“
    Bevor er überhaupt irgendetwas erwidern konnte, war Simon in seinem Schlafzimmer verschwunden und Julian blieb überrumpelt auf dem Fußboden sitzen.
    Was soll das jetzt werden ?, überlegte er. Macht er die Vater-Sohn-Kiste auf und erzählt mir anschließend, wie unzufrieden er mit mir ist? Das kann er sich echt sparen.
    Die Versuchung war groß, einfach die Tür zu öffnen und zu verschwinden, bevor Simon zurückkam. Doch in seinem tiefsten Inneren fühlte er, dass dies der falsche Weg sein würde. Also blieb er sitzen und wartete.
    „Ich nehme ein wenig Kleingeld mit, vielleicht können wir anschließend im Dorf etwas trinken!“, rief sein Vater ihm aus dem Schlafzimmer zu. „Und sei gnädig mit mir“, fuhr er fort, als er den Flur betrat, „ich bin etwas aus der Übung.“
    Julian konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sein Vater in voller Montur vor ihm stand. Die Sachen waren hauteng und nagelneu. Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte nach einem Preisschildchen gesucht. Kalkweiße lange Beine rundeten das Bild ab.
    „Was ist?“, fragte Simon und schaute an sich herunter. „Stimmt etwas nicht?“
    Julian verzog keine Miene.
    „Nein, nein. Passt schon. Lass uns gehen.“
    Sie verließen die Wohnung Richtung Burgmühle zum See. Der Weg dorthin führte sie durch den Gierather Wald. Erstaunlicherweise hielt sich Simon recht wacker, denn Julian versuchte sich seinem langsameren Tempo anzupassen. Die Hitze hatte sich in den letzten beiden Tagen verabschiedet, die Luft war kühl und angenehm. Das richtige Wetter zum Joggen , dachte er. Wortlos liefen sie nebeneinander her. Ein seltsames Gefühl der Verbundenheit überkam Julian und er wusste nicht damit umzugehen. Leichter Brandgeruch durchzog den Wald und erinnerte sie an die Ereignisse der letzten Tage. Er merkte, dass sein Vater etwas sagen wollte, doch schien es, als ob er nach Worten suchen würde, vielleicht war er aber auch nur außer Atem. Simon räusperte sich und seine Worte klangen wie Musik in Julians Ohren.
    „Ich wollte dir nur sagen, dass ich stolz auf dich bin, mein Sohn.“ Julian blickte ihn verblüfft an. „Du hast dich auf dem Friedhof sehr geschickt angestellt.“ Sein Atem ging stoßweise. „Du bist ruhig und überlegen geblieben, instinktiv hast du das Richtige getan, Julian.“ Bei diesen Worten blieb er stehen, senkte seinen Kopf und seine Arme und fuhr keuchend fort: „Ich weiß, dass dich Zweifel plagen, aber du wirst es schaffen, da bin ich mir ganz sicher. Und glaube mir, was meinst du, wie viele Dinge ich in meiner Laufbahn schon verbockt habe. Unzählige.“ Er hob den Kopf und sah ihm direkt in die Augen. Sein Lächeln wirkte gequält. „Und wir werden den
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