Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todespakt

Todespakt

Titel: Todespakt
Autoren: Michael Hübner
Vom Netzwerk:
alle legalen Mittel in diesem Land ausgeschöpft, um sie aus diesem unwürdigen Zustand zu befreien. Nun tue ich es auf meine Weise. Und vielleicht hätte ich es bereits damals, an diesem Abend, tun sollen. Dann wäre dieser Hass in mir möglicherweise erloschen, und ich hätte von vorne beginnen können. Aber so wurde mir jeden Tag vor Augen gehalten, wie ungerecht die Welt ist. Ich habe das Leben anderer ausgelöscht, um Genugtuung dafür zu empfinden. Da wäre es doch ziemlich heuchlerisch, wenn ich bei meiner Tochter und mir eine Ausnahme machen würde.«
    »Wir werden eine Lösung finden«, sagte Chris.
    »Wie ich am Beginn unserer Unterhaltung bereits betonte, lege ich keinen Wert darauf, mich meiner Verantwortung zu entziehen. Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß. Alles Weitere können Sie Herrmanns Daten entnehmen. Sorgen Sie dafür, dass dieses Netzwerk zerstört wird und das nicht noch mehr Unheil geschieht.«
    »Hören Sie«, redete Chris auf ihn ein, »Sie müssen das nicht tun. Legen Sie die Waffe weg und lassen Sie mich einen Krankenwagen rufen. Ich verspreche Ihnen, ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um mich für Sie einzusetzen. Jeder Staatsanwalt und jeder Richter wird Verständnis für Ihre Situation aufbringen.«
    »Zu spät«, sagte Bernardi mit brüchiger Stimme und deutete auf seine Tochter. Ihr Brustkorb bewegte sich nicht mehr, und ihr Gesicht war bläulich angelaufen. »Sie ist frei!« Die Tränen bahnten sich ihren Weg über seine Wangen. »Und ich werde ihr jetzt folgen.« Entschlossen drückte Bernardi sich den Lauf der Pistole unter das Kinn.
    »Nicht!«
    »Tut mir leid, Herr Kommissar, aber ich habe die Angewohnheit, zu beenden, was ich begonnen habe. Leben Sie wohl.«
    Chris sprang auf.
    Bernardi betätigte den Abzug.
     
    Wenige Augenblicke nach dem Schuss stürmten Rokko und die anderen mit vorgehaltenen Pistolen in das Haus. Was sie dort vorfanden, ließ sie augenblicklich verharren.
    Bernardi saß zurückgelehnt auf dem Sofa, die Waffe noch in der Hand. Seine Augen starrten an die Decke, die voller Blutspritzer war. Unter seinem Kinn klaffte ein schwarzes Einschussloch, und aus der aufgeplatzten Schädeldecke floss Blut in die Polster. Neben dem Sofa entdeckten sie eine leblose Frau in einem Rollstuhl. Ihr Gesicht war bläulich verfärbt und aus ihrem Mundwinkel quoll schaumiger Speichel.
    Ihr Kollege Chris Bertram saß zusammengesunken auf dem Sessel gegenüber und hielt sich die Hand vor Augen, damit niemand sah, dass er weinte.
     

50
     
     
    In den darauffolgenden Tagen kam es deutschlandweit zu etlichen Verhaftungen. Speziell in den Grenzgebieten zu Polen und Tschechien hatte sich das rechtsradikale Netzwerk verdichtet. In einigen – der Polizei bereits bekannten – autonomen Gruppen fanden sich Beweise für einen geplanten Anschlag auf ein Asylbewerberheim in Berlin. Die Angaben zu getarnten Förderern und Kontaktpersonen einiger Gruppen, die auf Herrmanns Datenstick gesichert waren, reichten bis in die Führungsetagen einiger Firmen und Konzerne, die aufgrund wiederkehrender Diebstähle von Firmeneigentum jährlich steigende Abschreibungskosten in zum Teil Millionenhöhe hatten. Allerdings reichte die Beweislage in diesen Fällen nicht für eine rechtliche Verfolgung dieser Personen aus. Auch Spuren, die ins Ausland führten, verliefen zunächst im Sande. Es konnten zwar Kontakte zu anderen radikalen Gruppen und rechten politischen Parteien im In- und Ausland nachgewiesen, eine direkte Verbindung zu den Morden oder dem geplanten Anschlag jedoch nicht hergestellt werden. Zwar gelang es dem Gesundheitsamt, den Pesterreger bis zu einem illegalen Labor in der Provinz Guangdong, in der Nähe von Hongkong, zurückzuverfolgen, die dortige Polizei fand das Labor nach eigenen Angaben aber nur noch verlassen vor.
    Gegen drei Ausrichter mittelalterlicher Veranstaltungen, über die sich die rechten Gruppierungen bundesweit getroffen und organisiert hatten, wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. In zwei Fällen konnte der Nachweis erbracht werden, dass sie selbst in der rechten Szene aktiv waren und diese legalen Veranstaltungen in erster Linie zum Zweck der Verschleierung und der Verbreitung rechtsradikalen Gedankenguts ausgerichtet hatten. Gegen beide wurde Haftbefehl erlassen.
    Bondek hatte mehrere Artikel zu den Ereignissen verfasst, die über Nachrichtenagenturen überregional verbreitet wurden. Die Berichterstattung zog mehrere Großdemonstrationen gegen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher