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Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)
Autoren: Ragnar Jónasson
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beschäftigt.«
    Aus der Wohnung hörte man es rufen: »Ist alles in Ordnung?«
    Ari ging in Richtung des Rufens und stand, bevor er sich versah, in der Küche.
    Er schaute dem Mann direkt in die Augen. Er saß an einem alten, abgewetzten Küchentisch, eine Gabel in der einen und ein Messer in der anderen Hand, ein Stück Fleisch, Kartoffeln und Gemüse auf dem Teller, Rotwein im Glas.
    Mist.
    Ari hatte diesen Mann noch nie gesehen.
    Mist!
    Er schloss die Augen und versuchte krampfhaft, sich zusammenzureißen. Doch es überwältigte ihn, und plötzlich war er wieder bei der Klassenparty in Hafnarfjörður vor vielen Jahren.
    Die Eifersucht überkam ihn wie ein schnell wirkendes Gift. Ari hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Was zum Teufel machte dieser fremde Mann in Kristíns Wohnung? Wie konnte er es wagen?
    Ari machte einen Schritt vor und wusste sofort, tief im Inneren zumindest, dass das ein Fehler war. Er stellte sich vor den Fremden, der völlig irritiert war und kein Wort herausbrachte.
    Ari packte ihn am Kragen seines geschmacklosen, rotkarierten Hemdes und zerrte ihn vom Hocker hoch. Aus dem Augenwinkel sah er, dass der Mann das Steakmesser noch in der Hand hielt, die Gabel jedoch losgelassen hatte. Mit einer Gabel ging man nicht in den Kampf.
    Ari war wieder bei der Klassenparty, im Begriff, das Spiel zu wiederholen. Er holte zum Schlag aus.
    Traf nicht. Der Fremde wich aus, hechtete zum Kühlschrank, kam aber nicht weit.
    Ari stürzte sich auf ihn.
    Das Letzte, was er hörte, bevor er den stechenden Schmerz spürte, waren Kristíns sich ständig wiederholende Rufe: »Nein! Nein! Nein!«

26 . Kapitel
    Tómas fuhr über den Zufahrtsweg zu dem alten Hof. Er war in der Autokolonne ein Stück zurückgefallen, aber die Polizei aus Sauðárkrókur war bestimmt schon vor den anderen eingetroffen.
    Er hastete aus dem Wagen. Die meisten Polizisten standen bei einem Krankenwagen auf dem Hofplatz. Die Sanitäter machten keine Anstalten, loszufahren.
    War die Frau etwa schon tot?
    Tómas schlängelte sich durch die Menge und schaute durch die offenen Hintertüren in den Krankenwagen. Das Mädchen, dessen Gesicht er nicht richtig sehen konnte, lag auf einer Trage und war an alle möglichen Schläuche angeschlossen. Das wies immerhin darauf hin, dass sie noch lebte. Er konnte nur sehen, dass sie klein war und tiefschwarze, lange Locken hatte.
    Er wandte sich an einen Sanitäter, der neben ihm stand.
    »Lebt sie?«
    »Ja, es war knapp, aber sie lebt. Sie war bewusstlos, völlig entkräftet wegen des Wassermangels. Der Hubschrauber ist unterwegs, sie muss so schnell wie möglich ins Krankenhaus.« Seine Stimme war völlig emotionslos, eine reine Aufzählung der Tatsachen.
    »Wo war sie?«
    »In einer Vorratskammer, die da hinten in den Hügel gegraben ist, ein alter Kartoffelkeller soweit ich weiß«, sagte er und fügte dann etwas gefühlvoller hinzu: »Entsetzlich. Wirklich entsetzlich. Ich bin ja kein Psychologe, aber so was hinterlässt bestimmt tiefe Narben auf der Seele.« Er schüttelte verständnislos den Kopf und stieg dann in den Krankenwagen.
    Da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen, dachte Tómas, betrachtete das arme Mädchen und überlegte, wie sich die Verantwortung für diese schreckliche Tat am besten zwischen Elías und Jónatans Mutter aufteilen ließe. Er war froh, dass nicht er darüber entscheiden musste, sondern diese Aufgabe höheren Mächten zuteil würde.

27 . Kapitel
    Ísrún vergaß eine Zeitlang alle Probleme, mit denen sie in den letzten Jahren hatte kämpfen müssen. Mit der Vergewaltigung und der schrecklichen Neuigkeit, die sie letztes Jahr nach ihrem Besuch in Landeyjar erfahren hatte. Jetzt war nur eins wichtig: die Meldung des Jahres. Sie war am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, und sah den Journalistenpreis wie eine Fata Morgana vor sich.
    Der Hubschrauber war gelandet und wieder abgeflogen. Das Mädchen lebte noch. Kein anderer Journalist war vor Ort gewesen. Der Korrespondent aus Akureyri hatte tolle Fotos gemacht. Ein Reporter aus Reykjavík hatte Ísrún für die nächsten Radionachrichten interviewt, außerdem hatte sie sich vor der Kamera aufgestellt, mit dem Hubschrauber im Hintergrund, und beschrieben, was passiert war. Das würde bestimmt eine der besten Aufnahmen des Jahres. María hatte vorgeschlagen, dass sie im Norden übernachten sollte, um den Beitrag für die Abendnachrichten vorzubereiten. Ísrún war froh darüber. Sie spürte und wusste, dass sie sich
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