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Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)
Autoren: Ragnar Jónasson
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unheimlicher Schauer durchfuhr mich. Ich wollte den Gedanken sofort wegdrängen und fragte genauer nach der Krankheit, um mich zu vergewissern, dass ich diesbezüglich nichts mit meiner verstorbenen Großmutter gemein hätte.
    »Wie hat sich die Krankheit bei ihr denn geäußert?«
    »Tja … ich bin ja kein Arzt, meine Liebe, ganz bestimmt nicht. Ich weiß noch, dass sie appetitlos war und Knochenschmerzen hatte. Sie schlief schlecht, war ständig müde.«
    Da wäre ich fast wieder ohnmächtig geworden. Knochenschmerzen, Müdigkeit … das passte alles.
    »Übelkeit?«, fragte ich bange.
    »Ja … die arme Frau.« Katrín schien zu merken, in welche Richtung die Fragen zielten, und fügte hinzu, wahrscheinlich um mich zu beruhigen: »Aber das kann auf alle möglichen Leiden zutreffen. Du bist bestimmt nicht krank. Ich weiß noch, dass sie einen Knoten am Hals bekam, hast du bei dir so was bemerkt?«
    Ich sank wieder aufs Sofa, zu Tode erschreckt. Ich hatte tatsächlich eine Schwellung am Hals, wie eine Art Entzündung – oder ein Knoten. Ich hatte nicht groß darüber nachgedacht, nur geglaubt, ich sei ungewöhnlich schlapp, hätte vielleicht eine Halsentzündung.
    Da brach ich in Tränen aus.
    Ich konnte nicht glauben, dass ich krank war.
    Ich weigerte mich, es zu glauben, doch mein Herz schlug wie wild, und ich konnte an nichts anderes mehr denken.
    Das Rauchen hatte Großmutter getötet. So einfach war das – oder?
    Die alte Frau legte die Hand auf meine Stirn.
    »Das wird schon wieder, meine Liebe.«
    Ich schloss die Augen und lauschte ihrer sanften Stimme.
    »Das wird schon wieder.«

30 . Kapitel
    Ísrún war froh, in der Nacht nicht nach Reykjavík fahren zu müssen. Sie hatte keine Lust auf die aschehaltige Luft und das hektische Stadtleben. Noch nicht sofort.
    Eine Zeitlang hatte sie wach in der Pension im Bett gelegen. An Schlaf war nicht zu denken. Sie war viel zu angespannt nach den abendlichen Ereignissen.
    In solchen Fällen tat es ihr meistens gut, einen Spaziergang zu machen.
    Es war kurz vor eins, als sie die Pension verließ, sich ins Auto setzte und am Fjord entlang Richtung Héðinsfjörður-Tunnel fuhr. Sie parkte den Wagen in der Nähe des neuen Friedhofs am Ortsrand, wollte ein kleines Stück laufen, Richtung Siglunes auf der gegenüberliegenden Seite des Fjords.
    Hier war die Landschaft ursprünglicher als auf der Landzunge, wo sich der Ort befand, denn auf dieser Seite waren die Voraussetzungen für eine Ansiedlung schlecht. Nur ein paar Häuser standen unweit der Stelle, an der Ísrún den Wagen abgestellt hatte.
    Sie ging los, wollte etwa eine Stunde laufen.
    Der Weg war stellenweise schwer begehbar, das Gras hoch und immer wieder Bäche. An manchen Stellen dienten morsche Holzstücke als Brücken, und teils musste Ísrún über Rinnsale springen.
    Einmal blieb sie an einem kleinen Fluss stehen, formte ihre Hände zu einer Schale und trank von dem eiskalten Wasser. Das Ufer war mit wunderschönen grünen Moosen bewachsen, doch das blasse Gras zeugte davon, dass der Sommer noch nicht richtig in diesen nördlichen Gefilden angekommen war, auch wenn der Kalender etwas anderes sagte.
    Sie ging langsam und gemächlich, hatte keine Eile, achtete darauf, nicht auf Vogelnester zu treten, von denen sie unterwegs eins gesehen hatte. Am Ende musste sie sich eingestehen, dass ihr Körper sie darum bat, es ruhig anzugehen. Sie war immer so müde. Als sie zu den Überresten von Häusern kam, blieb sie stehen. Den Informationen auf dem Gedenkschild zufolge war dort vor gut neunzig Jahren eine Lawine auf eine Heringsfabrik und einen Bauernhof niedergegangen.
    Ísrún wanderte runter zum Meer, stand dort geraume Zeit und blickte über den Fjord. Da lag der Ort, aus der Ferne so friedlich und unschuldig. Es war ganz still, bis auf das Zwitschern der Vögel. Das Wetter war gut und das Meer glatt.
    Nach dem Besuch bei Katrín in Landeyjar letzten Sommer war Ísrún sofort zum Arzt gegangen, überzeugt, todkrank zu sein. Nach mehreren Konsultationen durch einen Spezialisten lag endlich eine Diagnose vor, dass sie an einer erblichen, seltenen Krankheit litt, die zur Bildung von Tumoren führte.
    Meistens waren die Tumore gutartig, konnten jedoch Störungen im Organismus hervorrufen. Es war nicht unwahrscheinlich, dass sich ihr Zustand verschlechtern würde. Ísrún weigerte sich hartnäckig, ihren Job aufzugeben, nutzte stattdessen alle Krankentage und versuchte, je nach Bedarf mit ihren Kollegen die
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