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Todesläufer: Thriller (German Edition)

Todesläufer: Thriller (German Edition)

Titel: Todesläufer: Thriller (German Edition)
Autoren: Frédéric Mars
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gefunden … jedenfalls nicht vollständig. Nicht einmal ein Schmuckstück oder einen persönlichen Gegenstand, der es ermöglicht hätte, sie mit Gewissheit zu identifizieren. Sie hatte den Südturm als eine der Letzten betreten, unmittelbar bevor er in sich zusammensank. Neunzigtausend Tonnen Stahlbeton hatten sie unter sich begraben. Offiziell hatte sie über Monate hinweg nicht als tot, sondern lediglich als »vermisst« gegolten, ein fehlendes Stück in einem niederträchtigen Puzzle.
    Auf die Alarmmeldung des New Yorker Polizeifunks hin hatte sie keine Sekunde gezögert. Es war in etwa um die gleiche Zeit gewesen wie jetzt: 8 Uhr 35. Sam, der am Vortag und einen Großteil der Nacht im Dienst gewesen war, fast sechsunddreißig Stunden ohne Unterbrechung, hatte sich gerade hingelegt. Wie so oft hatten sie einander die ganze Woche hindurch kaum gesehen; eigentlich waren sie immer erst ab Samstagmittag beisammen. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass sie das Haus verlassen hatte.
    »He, Sie da!«, rief Sam einem hochgewachsenen, hageren Mann zu, der gerade hereingekommen war und sich an das Kontrollpult gesetzt hatte. Die Explosion hatte die von der New Yorker Transportbehörde und der Polizei gemeinsam betriebene Sicherheitszentrale, das Polizeibüro des 4. Transit Districts, mehr oder weniger verschont. Lediglich zwei der acht Fenster zur Straße waren geborsten. Die drei vor dem Eingang abgestellten dreirädrigen Motorfahrzeuge, die dazu dienten, in den endlosen Gängen des U-Bahnhofs rasch voranzukommen, lagen auf der Seite. Die Räume hinter der Empfangstheke und der Schranke, an der ein Schild »Halt« gebot, wirkten wie ein friedlicher Hafen. Doch nur noch drei der zwölf Überwachungsbildschirme zeigten ein Bild, zwei davon die Lage außerhalb des U-Bahnhofs.
    Der Mann knurrte, drehte sich aber nicht um.
    »Zeichnen eure Kameras ohne Unterbrechung auf?«
    »Man wird sich um Sie kümmern, wenn es so weit ist. Bleiben Sie bis dahin ruhig da sitzen.«
    Mit der Hand auf der Mullkompresse an seinem Kopf machte Sam ein paar Schritte auf den Mann zu. Nach der Art zu urteilen, wie der dürre Beamte, ein Mann um die vierzig, kühl und distanziert Anweisungen über die Schulter rief, handelte es sich um den Leiter des Sicherheitspostens. Einfühlsam auf Kranke und Opfer einzugehen war seine Sache nicht. Zu seinen Aufgaben gehörte es, Vorfälle wie den gerade eben zu verhindern. Wenn man sich umschaute, hatte er ganz offensichtlich irgendwo versagt …
    Inzwischen kamen pausenlos weitere Verletzte herein, die von weniger stark mitgenommenen Reisenden oder Angestellten des Bahnhofs gestützt wurden. In manchen Fällen war nicht gleich zu erkennen, wer da eigentlich wem Hilfe leistete.
    »Hören Sie, ich bin …«
    »Jetzt gehen Sie mal schön wieder zurück und setzen sich auf Ihren Hintern!«, donnerte der Mann. »Haben Sie verstanden?«
    Auch nach all den Dienstjahren bereiteten solche Situationen Sam immer noch eine kindliche Freude. Jetzt war der richtige Augenblick, seine Dienstmarke zu zücken und sie dem versteinerten Gegenüber unter die Nase zu halten. Die meisten Menschen meinten, sie könnten Polizeibeamte auf den ersten Blick erkennen, und zwar an ihrem komischen Gang, ihrer Art, sich zu bewegen oder zu sprechen. Offenbar sah er weder wie ein Polizeibeamter aus noch benahm er sich so.
    »Genügt das, oder soll ich auch noch mein Spielzeug rausholen?«, fragte er mit einem Blick auf sein Holster.
    Ohne ein Wort der Entschuldigung bedeutete ihm der Mann mit einer kaum merklichen Kopfbewegung, dass er gemeinsam mit ihm vor die Monitorwand treten sollte. Er gab auf der Tastatur mehrere Befehle ein, und schon bald wurde es auf den beiden Bildschirmen in der Mitte lebendig.
    »Bis jetzt ist mir auf den sieben Hauptbahnsteigen kein verdächtiges Päckchen unter die Augen gekommen. Allerdings hatte ich noch keine Zeit, mir alles genau anzusehen.«
    »Bis zu welcher Uhrzeit sind Sie zurückgegangen?«
    »6 Uhr.«
    »Warum nicht noch weiter?«
    »Nun ja … eine Frage der Logik: Wenn sich zwischen 6 und 8 Uhr 30 auf den Bahnsteigen nichts getan hat, sehe ich keinen Grund, noch weiter zurückzugehen. Sind Sie sicher, dass Sie in Ordnung sind?«
    Er bedachte Sam mit einem halb beunruhigten, halb abschätzigen Blick.
    »Das meine ich nicht. Jemand könnte den Sprengsatz während der Nacht in einem Abfallbehälter abgelegt haben.«
    »In dem Fall hätte ihn das Reinigungspersonal gefunden und mich informiert: Alle
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