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Todeskette

Todeskette

Titel: Todeskette
Autoren: Colin Forbes
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jetzt wieder etwas fester klang.
    »Es gibt gar keine andere Möglichkeit. Ganz offensichtlich will jemand verhindern, dass wir nach Hengistbury Manor gelangen.«
    Paula, die diesen Gedanken momentan nicht vertiefen wollte, wechselte das Thema.
    »Hengistbury ist ein seltsamer Name.«
    »Stimmt. Und einer, der viele Jahrhunderte alt ist. Er geht auf einen Juten namens Hengest zurück, der zusammen mit seinem Bruder Horsa im fünften Jahrhundert maßgeblich an der angelsächsischen Eroberung Englands beteiligt war. Wenn jemand seinem Anwesen den Namen Hengistbury gibt, zeugt das von Geschichtsbewusstsein.«
    Als sie den Kamm des nächsten Hügels erreicht hatten, blickten Tweed und Paula auf ein Meer aus dunkelgrünen Bäumen, das sich bis zum Horizont zu erstrecken schien. Es waren mächtige, hochgewachsene Fichten, die so nahe beieinanderstanden, dass ihre Kronen sich zu einer grünen Fläche verwoben.
    »Das also ist Hengistbury Forest«, sagte Tweed, und Paula holte tief Luft.
    »Sieht so aus, als würde er überhaupt nicht mehr aufhören«, meinte sie.
    »Und mitten in diesem grünen Ozean liegt unser Ziel«, sagte Tweed. »Ich muss Ihnen ein Kompliment machen, Paula, Sie haben uns gut hergelotst.«
    Als sie den Fuß des Hügels erreichten und in den Wald hineinfuhren, wurde es auf einmal so dunkel, dass Tweed die Scheinwerfer des Wagens einschalten musste. Das dichte Geäst der Bäume sperrte das Licht der Frühlingssonne, die immer noch aus einem wolkenlosen Himmel herabschien, fast vollständig aus.
    Nachdem sie eine Weile durch den dunklen Tunnel des Waldes gefahren waren, deutete Paula auf einen alten hölzernen Wegweiser, auf dem in halb verblichenen Lettern
Hengistbury
stand. Danach dauerte es nicht mehr lange, bis links von der Straße eine drei Meter hohe, von Stacheldraht gekrönte Steinmauer auftauchte, deren Ende außer Sicht war.
    »Ob das wohl die Parkmauer von Hengistbury Manor ist?«, fragte Paula.
    »Das nehme ich an. Bella Mains Besitz muss ja riesengroß sein… Da, sehen Sie nur!«
    Er deutete auf ein hohes schmiedeeisernes Tor, das hundert Meter vor ihnen in die düstere Mauer eingelassen war. Tweed hielt an und sah in den Rückspiegel. Hinter ihnen kam ein Auto die Straße entlang und hielt ebenfalls an.
    »Das ist Harry Butler«, erklärte Tweed. »Gerade ist er ausgestiegen.«
    Es war nichts Ungewöhnliches, dass Tweed und Paula, wenn sie allein unterwegs waren, heimlich von einem Mitglied des Teams verfolgt wurden.
    Schließlich hatte es in der Vergangenheit immer wieder Versuche gegeben, Tweed oder Paula zu töten. Während Butler von hinten auf den Wagen zukam, ließ Tweed das Fenster herunter.
    »Ich hatte noch eine Kleinigkeit in London zu erledigen«, erklärte Butler, »ehe ich mich auf den Weg machen konnte. Ich…«
    »Harry«, unterbrach ihn Tweed. »Gehen Sie hinüber zu dem Tor, und sehen Sie nach, ob es dahinter eine Auffahrt zu einem Herrenhaus gibt. Aber sehen Sie zu, dass Sie niemand bemerkt.«
    Butler nickte und pirschte sich an der Mauer entlang zum Tor. Am Torpfosten angelangt, ging er auf die Knie und lugte vorsichtig durch die Gitterstäbe.
    Dann erhob er sich und kam grinsend zurück zum Wagen.
    »Da ist ein Haus«, sagte er. »Oder sagen wir besser: Ein Schloss. An dem Pfosten ist eine Gegensprechanlage. Hoffen wir, dass man Sie reinlässt.«
    »Ich möchte, dass Sie sich gegenüber von der Einfahrt im Wald verstecken und das Haus im Auge behalten, Harry«, sagte Tweed. »Wenn jemand mit einem Auto das Anwesen verlässt, folgen Sie ihm. Wenn ich kann, gebe ich Ihnen aus einem der oberen Fenster ein Zeichen mit meinem Feuerzeug, damit Sie darauf vorbereitet sind. Und sehen Sie zu, dass derjenige, den Sie verfolgen, das nicht bemerkt.«
    »Sowieso«, erwiderte Butler, der noch immer grinste. »Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen.«
    Während Butler zurück zu seinem Wagen ging, fuhr Tweed auf das Tor zu.
    »Jetzt verstehe ich, was er mit Schloss gemeint hat«, sagte Paula. In dem düsteren Wald war es so kalt, dass sie fröstelte, obwohl sie ihr Fenster längst wieder hochgefahren hatte.
    Das lang gestreckte Herrenhaus, das am Ende einer mehrere hundert Meter langen, mit feinem Kies bestreuten Auffahrt stand, sah so aus, als stamme es noch aus der Zeit von Königin Elisabeth I. Es hatte spitze, verwinkelte Dächer und unzählige Kamine, aus denen dünne Rauchsäulen hinauf in den Himmel stiegen. Tweed beugte sich aus seinem Fenster und wollte gerade etwas in die
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