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Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich
Autoren: Hannes Nygaard
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Herr gewesen sein, der Althoff alle möglichen Flüche an den Hals
gewünscht hat. In seinem Zorn hat er auch damit gedroht, seinem Ex-Mieter das
Fell zu versohlen, wenn er ihm unter die Augen käme.«
    Christoph konnte den
Ärger der Vermieter verstehen. Das Mietnomadentum war eine leidige Unsitte
geworden. Die Leute zogen ein, zahlten keine Miete, ließen die Eigentümer auf
den hohen Nebenkosten sitzen und verschwanden im schlimmsten Fall bei Nacht und
Nebel aus einer verwüsteten Wohnung. Leidtragende solcher Taten waren nicht nur
die gutgläubigen Vermieter. Es handelte sich gerade hier in Nordfriesland
häufig um Menschen, die sich durch die Miete eine Aufbesserung ihrer
Altersversorgung versprachen. Auch nachfolgende Wohnungssuchende, die gutwillig
waren, litten darunter und stießen auf skeptisch gewordene Hausbesitzer.
Mietnomaden trugen zu einer Vergiftung des Klimas zwischen den Parteien bei.
    »Darüber hinaus
haben sich weitere Leute gemeldet, die meinten, etwas über Althoffs Aufenthalt
sagen zu können«, ergänzte Mommsen. »Aber Konkretes war nicht darunter. Wir
haben es gestern noch überprüft. Und wie ist es bei dir gelaufen?«
    Christoph
berichtete, wie er den Dienstag als Zeuge beim Landgericht in Flensburg
zugebracht hatte. Es ging um die Verhandlung gegen die beiden Drahtzieher und
den Auftragsmörder, die im vergangenen Jahr bei sozial benachteiligten
Menschen, die einem Kredithai zum Opfer gefallen waren, für Angst und Schrecken
gesorgt und auch vor brutalen Morden nicht zurückgeschreckt waren.
    »Der Prozess wird
noch fortgesetzt«, schloss Christoph seinen Bericht. »Ich hatte Gelegenheit, in
einer Pause mit dem Staatsanwalt zu sprechen. Der Weißrusse dürfte für lange
Zeit hinter Gittern verschwinden, aber die anderen beiden kommen wohl besser
weg.«
    Große Jäger
schüttelte den Kopf. »Das ist stets die gleiche Geschichte. Die Gangster mit
dem weißen Kragen schaffen es immer wieder, sich herauszuwinden. Da kann einen
manchmal schon der heilige Zorn packen.« Dann nahm er einen tiefen Zug und
fluchte leise, als ihm die Asche auf die Jeans fiel. Er stand kurz auf und
klopfte sie sich von der Hose. »Wie kommen wir an diesen Althoff heran? Was
ist, wenn der Bursche gar nicht mehr in unserer Gegend ist?«
    »Das wäre durchaus
denkbar«, stimmte Christoph zu.
    »Ich glaube nicht,
dass er fortgezogen ist«, sagte Mommsen.
    Die beiden anderen
sahen ihn fragend an.
    »Ich habe die Zeit
genutzt und mich umgehört. Althoff stammt aus der Gegend. Er ist in Tönning
geboren und aufgewachsen. Dann hat er eine der typischen Loser-Karrieren
absolviert. Hauptschule, aber nur gerade eben. Bundeswehr. Hier in Husum, in
der Flensburger. Eine abgebrochene Lehre als Maler. Danach, soweit die Spur
verfolgbar ist, hatte er nur sporadisch Gelegenheitsjobs. Jetzt lebt er von
Hartz IV .«
    Christoph fuhr sich
mit der Hand über die Mundwinkel. »Das ist schon eine ganze Menge, Harm, was du
da ermittelt hast. Ich stimme dir zu, dass es unwahrscheinlich klingt, wenn
Althoff bei diesem Lebensweg plötzlich das Fernweh packen würde. Aber wenn er
Hartz- IV -Empfänger ist, müsste
doch die Bundesagentur für Arbeit etwas über seinen Aufenthaltsort wissen?«
    »Richtig«,
pflichtete Große Jäger ihm bei. »Und wieso zahlt er seine Miete nicht? Die wird
ihm doch vom Staat finanziert.«
    »Das ist das
Problem«, sagte Christoph. »Die Kosten für die Miete werden nicht an den
Vermieter überwiesen, sondern an den Bedürftigen ausgezahlt. Und wenn der das
Geld nicht weiterleitet, sondern für sich behält, tritt eine Situation wie
diese ein.«
    »Toll. Da haben sich
unsere Schlaufüchse in Bonn ja wieder einmal etwas Tolles ausgedacht«, brummte
Große Jäger.
    »In Berlin, mein
lieber Wilderich«, korrigierte Christoph.
    Der Oberkommissar
winkte ab. »Von mir aus. Was von den Südeuropäern jenseits der Elbe verzapft
wird, ist selten durchdacht.«
    Christoph lachte.
»Da können wir ja froh sein, dass du die von dir definierte Vernunftgrenze
nicht schon am Nord-Ostsee-Kanal gezogen hast. Was wären wir sonst ohne unsere
Holsteiner.«
    »Schleswig-Holstein
– up ewig ungedeelt.« Wie zur Mahnung drohte Große Jäger mit dem ausgestreckten
Zeigefinger. Dann wechselte er ansatzlos das Thema. »So! Wie finden wir nun
diesen Althoff?«
    »Der ist Anfang
zwanzig«, sagte Mommsen. »In dem Alter versteckt man sich nicht hinter dem
Ofen. Der muss doch Bekannte haben. In Discos gehen, Kneipen besuchen. Das wäre
doch
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