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Todeshaus am Deich

Todeshaus am Deich

Titel: Todeshaus am Deich
Autoren: Hannes Nygaard
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rascheln.
    »Darüber können wir
keine Aussage machen. Dazu war der Apfelrest schon zu zersetzt durch den
Speichel, der sich noch im Mund und Rachenraum des Toten befand.«
    »Also könnte
durchaus auch ein natürlicher Tod vorliegen. Der alte Mann hat sich einfach
verschluckt und ist daran erstickt?«
    »Denkbar. Merkwürdig
ist aber, dass wir auf der gut erhaltenen Oberseite des Apfels, also auf der
Schale, einen Eindruck gefunden haben, eine frische Druckstelle. Die könnte von
einem Finger stammen.«
    »Es ist also nicht
ausgeschlossen, dass jemand nachgeholfen hat? Dass Paul Schüttemann das
Apfelstück gar nicht freiwillig geschluckt hat?«
    »Schwer zu sagen.
Angenommen, Sie hätten ein Gebiss. Würden Sie dann einen Apfel ohne Ihre Zähne
essen?«
    Christoph erinnerte
sich an Große Jägers Tatortschilderung. Das Gebiss des alten Mannes hatten sie
in einem Glas auf seinem Nachttisch gefunden.
    »Zu guter Letzt. Was
meinten Sie damit, dass der toxikologische Befund bedingt positiv war? Haben
Sie Gift gefunden?«
    »Der Mann ist vor
seinem Tod reichlich mit Morphium behandelt worden. Das ist aber nicht
verwunderlich. Außerdem lag dafür eine Verordnung der behandelnden Ärztin vor.
Er hätte ohnehin nicht mehr lange zu leben gehabt und muss unter großen
Schmerzen gelitten haben. Prostatakrebs. Die Metastasen hatten inzwischen
seinen ganzen Körper befallen. In seinem Alter ist das inoperabel.«
    »War er bei
Bewusstsein, wenn wir der Theorie folgen, dass er den Apfel nicht selbst
gegessen hat?«
    »Vermutlich ja,
sonst wäre der Gesamtbefund anders ausgefallen, weil …«
    Christoph
befürchtete eine weitere langatmige Erklärung. »Vielen Dank, Frau Dr. Braun.
Ihre – wie immer – fundierte Analyse hat uns sehr geholfen.«
    Als Christoph
aufgelegt hatte, grinste ihn Große Jäger an.
    »Na? Hast du in
einem Telefonat wieder Erklärungen erhalten, wofür Medizinstudenten ein ganzes
Semester benötigen?«
    Christoph ließ den
Kommentar seines Kollegen unbeantwortet. Stattdessen versuchte er, Jürgensen in
Flensburg zu erreichen.
    Der Leiter der
Spurensicherung meldete sich sofort. Auch ohne dass er seinen Namen nannte, war
er an seinem nasalen Tonfall zu erkennen.
    »Die Spurensuche im
Seniorenheim hat keine brauchbaren Ergebnisse erbracht. Insbesondere haben wir
keine Anzeichen für Gift oder andere Mittel gefunden, die man dem alten Mann
möglicherweise eingeflößt hat. Fingerabdrücke gibt es massenweise. Um die
abzugleichen, wären wir eine Weile beschäftigt. Ebenso finden sich diverse
Mikrospuren im Bett, an der Wäsche und auch am Körper des Toten. Faserreste,
Spuren von Medikamenten, Krümel und so weiter. Die Liste ließe sich beliebig
fortsetzen.«
    »Habt ihr im Zimmer,
zum Beispiel auf dem Nachttisch oder im Abfallbehälter, einen angebissenen
Apfel oder Reste davon gefunden?«
    »Einen Apfel?«,
fragte Jürgensen ungläubig. »Wart mal.«
    Christoph hörte, wie
der kleine Hauptkommissar mit jemandem im Hintergrund sprach. Das Ganze wurde
durch ein Husten Jürgensens unterbrochen. Nach einer Weile meldete er sich
wieder.
    »Christoph?«
    »Ja, ich höre.«
    »Tut mir leid. Einen
Apfel oder etwas Ähnliches haben wir nicht gefunden. Warum fragst du danach?«
    Christoph erklärte
es ihm.
    »Das ist in der Tat
merkwürdig«, stimmte Jürgensen zu. »Ich kenne das Ergebnis aus Kiel nicht. Aber
wenn Schüttemann einen Apfel gegessen haben sollte und daran erstickt ist, dann
hätten wir Reste davon finden müssen.«
    »Das ist unser
Problem«, sagte Christoph. »Das Obduktionsergebnis lässt offen, ob es nicht
vielleicht doch ein Unglück war. Das Opfer wäre nicht das erste, das an
verschluckter Nahrung stirbt.«
    »Da wünsche ich euch
viel Erfolg. Und … übrigens. Danke.«
    »Danke? Wofür?«
    »Dafür, dass ihr uns
das erste Mal eine Leiche präsentiert habt, die nicht in einem winterlichen
Wassergraben lag oder deren Kopf an einer Betonmauer zerschlagen wurde. Ich
hätte es ja nicht für möglich gehalten, dass ihr Nachkommen einer Kreuzung aus
Wikingern und Deichschafen noch lernt, wie wir die Kunden gern hätten.«
    Christoph lachte.
    »Kein Problem,
Klaus. Und ab kommendem Jahr sind wir so weit mit unserer Organisation, dass
wir euch die Leichen per Express direkt nach Flensburg schicken.«
    Jürgensen knurrte
etwas Unverständliches. »Lass man«, antwortete er dann. »Eigentlich komme ich
ja ganz gern zu euch Schlickrutschern. Ist denn die Krokusblüte schon im
Gange?«
    Christoph
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