Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesfinal

Todesfinal

Titel: Todesfinal
Autoren: G Schuberth
Vom Netzwerk:
Himmel, sie waren rot, als hätte sich die Sonne darin eingebrannt. Das hieß, dass am nächsten Morgen schönes Wetter sein würde. Er wollte diesen Morgen noch erleben, einen Moment lang stellte er sich vor, wie er am nächsten Morgen erwachen würde, wie er in die Küche gehen und zuerst einen Kaffee machen würde, so wie er es jeden Morgen tat. Er würde wie jeden Morgen im Küchenschrank nach seiner blauen Tasse suchen, die einzige Tasse, auf der nicht irgendeine Comicfigur aufgemalt war. Er versuchte, sich die Bilder so deutlich wie möglich vor Augen zu rufen. Wenn er nur die Kraft hätte, sich den Morgen vorzustellen, dann würde er ihn auch erleben.
    »Ein U, hier ist ein U.« Arabella hatte es geschrien, und ihre Botschaft war wie ein Adrenalinstoß, der Skamper wieder vorwärtstrieb. Es war nicht mehr weit, es fehlten nur noch ein E und ein N und dann würden sie das Versteck finden, das Gegenmittel, und Skamper würde den nächsten Tag erleben, würde sich einen Kaffee in der Küche machen und nach draußen sehen und sehen, dass die Sonne schien, so wie es die roten Wolken vorausgesagt hatten.
    Weiter, immer weiter. Zwei Polizisten hatten Skamper untergehakt, er spürte, wie ihn die Kräfte verließen, weiter, immer weiter.
    »Da ist ein E«, rief jemand und wieder trieb etwas Skamper voran, er würde es schaffen, er würde leben.
    Dann blieben sie plötzlich stehen. Skamper wollte seine Beine weiterbewegen, aber die beiden Männer, die ihn hielten, hatten gestoppt.
    Es ging nicht mehr weiter. Ungefähr fünfzig Meter vor ihnen war ein mit Büschen bewachsener Hügel, der steil nach oben führte. Rechts und links war Wald und vor ihnen ein Waldstück, in dem der Sturm vom letzten Frühjahr nur noch ein paar kümmerliche Bäume übriggelassen hatte.
    Skamper riss sich los von den beiden Männern, er stolperte weiter zu einem abgesägten Baumstamm, auf den er sich setzte. Sein Herz pochte, das Pochen schien jede Faser seines Körpers zu erfassen, er atmete schwer, er kam nicht mehr nach mit dem Atmen, aber er musste durchhalten.
    »Es gibt kein N.« Arabella hatte das gesagt, ihre Stimme klang panisch und ihre Worte hallten in seinem Bewusstsein nach. Es gibt kein N. Aber es musste ein N geben.
    Skamper versuchte sich zu orientieren, alles verschwamm vor seinen Augen, wurde undeutlich, aber er durfte jetzt nicht aufgeben, er hatte nicht mehr viel Zeit, vielleicht eine halbe Stunde, die Abenddämmerung hatte eingesetzt.
    Skamper nahm noch einmal alle Kraft zusammen, er blinzelte, konzentrierte sich und dann wurden die Bilder klar, er sah, dass die Beamten, Arabella und Jasmin überall den Boden absuchten. Dora erkannte er rechts im Wald, alle suchten sie, ob irgendwo dieser verdammte Buchstabe war.
    Skamper blickte zum Himmel, die Sonnenstrahlen durchbrachen an einigen Stellen die rote Wolkenwand über der Anhöhe, irgendwo dahinter war die Sonne. Ich möchte noch einmal die Sonne sehen, dachte Skamper. Und dann riss die Wolkendecke auf und der große, gelbe Ball erschien über dem Hügel und Skamper kniff die Lider zusammen, spürte die Wärme in seinem Gesicht und dann sah er das N. Zwei Bäume, ungefähr dreißig Meter vor ihm. Zwei Bäume, die der Sturm im Herbst übrig gelassen hatte. Sie warfen einen Schatten und der Schatten bildete ein großes N vor ihnen.
    Skamper war so aufgeregt, dass er kaum atmen konnte, er sah sich um, aber niemand beachtete ihn, alle waren sie auf der Suche nach diesem N, das so einfach zu sehen war, man musste nur auf den Schatten der zwei Bäume achten. Ein Baum hatte einen starken Ast, der gleich am Stamm begann und nach oben führte zum kahlen Wipfel des zweiten Baumes, und der Baum, sein Ast und der Stamm daneben bildeten das N. Man musste nur genau hinsehen. Skamper schrie, aber die Stimme versagte ihm, er fing an zu winken, mit letzter Kraft, und dann erblickte er Dora, die irgendetwas gemerkt haben musste, denn sie rannte zu ihm. Skamper deutete auf das große Schatten-N und sein Mund formte immer wieder, »da ist es, bei den Bäumen, sucht bei den Bäumen«, und dann sah es auch Dora.
    Skamper fiel in eine tiefe Dunkelheit. Immer tiefer und weiter und er ließ sich fallen, weil die Müdigkeit zu stark war, weil er nicht mehr kämpfen konnte, weil er alles getan hatte.
    •
    Skamper wachte erst am nächsten Morgen wieder auf. Wie nach einer ewigen Reise durch die Nacht erschien ihm ein Licht in der Ferne, das ihm den Weg aus der Dunkelheit wies. Aber noch war er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher