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Todesfalle Triton

Todesfalle Triton

Titel: Todesfalle Triton
Autoren: Jo Zybell
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keine Heizung, kein Bordfunk, kein Kühlschrank, kein Schottsensor. Die Sauerstoffversorgung aber funktioniert. Ist das nicht komisch?« Sie hob den Kelch mit dem Champagner. »Was für ein Glück!«
    Sie und der Höchstgeehrte stießen an und tranken. Obwohl es, wie gesagt, auch der Kühlschrank in Dr. Gender DuBonheurs Suite nicht mehr tat, war der Champagner leidlich kühl. Die ganze Suite war kühl und wurde immer kälter.
    »Wie positiv du bist!« DuBonheurs Stimme klang weinerlich, seine Miene war weinerlich, und trotzdem versuchte er zu lächeln. »Selbst in solch einer aussichtslosen Lage kannst du noch positiv sein! Das liebe ich so an dir!«
    Er zog die Bordärztin an sich, und es sah aus, als wollte er sich an ihr festhalten. Dabei war er mit seinen 212 Zentimetern einen Kopf größer und wog mit 207 Kilogramm fast vierzig Kilo mehr als sie.
    »Aussichtslos? Ich bitte dich, Big Gender!« Sie tat entrüstet. »Wir werden es schaffen! Wenn wir zusammenhalten, werden wir es schaffen …!« Mit spitzen Lippen küßte sie ihn auf den Mund. Er lächelte selig.
    Im Kerzenlicht bauten Alban und Urban die Mechanik der manuellen Schottbedienung aus: Zahnräder, Teleskopröhrchen, Schwungriemen, Kurbelwellen. Der Sensor reagierte weder auf Daumenprofile noch auf Stimmprofile oder auf die ID-Codes der I-Ziffern in den Ohrläppchen von Gender DuBonheur und der Bordärztin. Und das Kurbelrad für die manuelle Bedienung war nicht mehr zu gebrauchen – vollkommen eingerostet, wie sich nach Abnahme der Wandverblendung herausgestellt hatte. Also bauten sie die mechanischen Innereien des Schotts aus. Vielleicht ließ es sich ja mit schierer Körperkraft bewegen.
    »Was aber machen wir, wenn es nun jenseits des Schotts keinen Sauerstoff gibt?« DuBonheur schluckte und riß die Augen auf.
    »Nicht mehr viel«, sagte Alban.
    »Und auch das nicht mehr lange«, ergänzte Urban.
    »Diese Erschütterung, die durch das Schiff ging, dieses Stöhnen und Ächzen – ich fürchte, das war eine Kollision.« Der Höchstgeehrte machte eine finstere Miene. »Ich bin Wissenschaftler und kein … ähm … Flottenangehöriger, aber dennoch ist mir bekannt, daß Kollisionen Lecks zu reißen pflegen …«
    »Unsinn, Biggy!« rief Donna Kyrilla. »Wenn die WYOMING ein Leck hätte, gäbe es auch in deiner Suite längst keinen Sauerstoff mehr!« Sie hob erneut ihren Kelch, um anzustoßen. »Wir sind auf Terra Prima gelandet, wo denn sonst? Zum Wohl!«
    »Ihren Optimismus möchte ich haben«, sagte Alban.
    »Und Ihre Phantasie«, sagte Urban. Vor allem die letzte Bemerkung des jüngeren – Urban hatte sich erst dreiunddreißig Minuten nach seinem Bruder ans Licht der Welt gewagt – brachte die Bordärztin in Rage. Eine Zeitlang stritten sie herum, ob die WYOMING schon auf Terra Prima gelandet sein konnte oder ob sie auf einem Planet oder Mond in der Peripherie des Sol-Systems niedergegangen war.
    »Bitte hört auf!« flehte Gender DuBonheur. Er deutete auf die letzte Kerze. »Wir sollten keine Zeit mit nutzlosen Debatten vertun! Wenn wir nicht bald hier herauskommen, dann …!« Er hob ratlos beide Arme. »Dann … ich weiß auch nicht …«
    »Dann verhungern wir«, sagte Alban.
    »Und vorher verdursten wir«, sagte Urban. Tatsächlich gab es nur noch einen halben Fünfzigliterkanister Wasser und drei Flaschen Champagner in DuBonheurs Suite.
    »Bevor ich verdurste, gebe ich mir eine Überdosis Morphium«, sagte Donna Kyrilla. Beleidigt rauschte sie ab.
    »Vorher aber besorgen Sie uns noch Gummi oder Kunstleder!« rief Alban ihr hinterher. »Irgendein gut haftendes Material, mit dem wir das Schott aufschieben können!«
    »Einen Bohrer und reißfeste Schnüre bitte auch gleich!« rief Urban ihr hinterher. Er stutzte plötzlich. »Hast du das gehört? Es war, als hätte jemand gerufen …« Er lauschte. »… oder gelacht …«
    »Ich habe nichts gehört«, sagte Alban. Urban zuckte mit den Schultern. Die Zwillinge von Fat Wyoming konzentrierten sich wieder auf ihre Arbeit.
    DuBonheur ging zu seinem Schreibpult, setzte den Champagnerkelch ab und schlug ein in rotes Leder gebundenes Buch auf: sein Reisetagebuch. Natürlich war es viel zu dunkel zum Schreiben. Er schleppte einen Fußschemel zum Schott und zur letzten Kerze. Ächzend ließ er sich nieder und begann zu schreiben.
    Seit sieben Tagen war Gender DuBonheur mit Donna Kyrilla und den Zwillingen in seiner Suite eingeschlossen. Seit sieben Tagen hatten sie kein anderes Besatzungsmitglied der
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